Erfolgreiche Ökosozialistische Konferenz der ISO
J. H. W. / H. S.
Knapp 100 Teilnehmende zwei Dutzend Referierende und auf Podien Diskutierende (darunter Gäste aus Frankreich, Luxemburg, Österreich, Brasilien und Kolumbien) haben vom 9. bis 11. Juni 2023 im Naturfreundehaus Köln-Kalk in insgesamt drei Plenumsveranstaltungen und in 23 Arbeitsgruppen intensive Diskussionen geführt.
Verkehrs-, Wärme- und Energiepolitik, Strategie der Klimagerechtigkeitsbewegung, Berührungspunkte mit den realen Kämpfen in der Arbeitswelt, reale und mögliche Bündnisse, die Organisationsfrage und unsere Vorschläge für die Bewegung – das waren einige der behandelten Themen.
Neues Manifest der IV. Internationale
Ein Höhepunkt war sicherlich die Diskussion mit Christine Poupin von der französischen Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) über das Projekt eines ökosozialistischen Manifests der IV. Internationale. Geplant ist, dass ein abgerundeter Entwurf ab Herbst 2023 nicht nur innerhalb der IV. Internationale diskutiert wird. Es soll auch einen Austausch mit befreundeten und anderen interessierten politischen Organisationen sowie Aktiven aus Umwelt-Bewegungen geben. Die Ergebnisse der internen und externen Diskussionsprozesse sollen dann im Frühjahr 2025 zur Verabschiedung einer überarbeiteten Fassung durch den nächsten Weltkongress der IV. Internationale führen.
„Rückbau“, „Abbau“, „Degrowth“?
In diesem Zusammenhang konzentrierte sich die Diskussion auf folgende Hauptfragen:
• Wenn wir für die Reduzierung von klimaschädlichen Emissionen eintreten, was zwangsläufig den Rückbau bestimmter Industrien und Energieformen bedeutet, wie nehmen wir den Beschäftigten dieser Bereiche die Angst vor Arbeitsplatzverlust und gewinnen sie für einen gemeinsamen Kampf?
Hierzu wurden verschiedene Ansatzpunkte vorgestellt: die Initiative „Straßenbahnen statt Autos“ aus Wolfsburg, den Widerstand gegen Abbau von Arbeitsplätzen und für ökologische Kraftwerke bei Alstom Power in Mannheim sowie den Kampf gegen Preistreiberei.
• Wie können praktische Kooperationen von Bewegungen gegen Megaprojekte mit der Klimagerechtigkeitsbewegung entwickelt werden? Sehr motivierend war die Vorführung des Films DAS TROJANISCHE PFERD – Stuttgart 21 über die immer noch anhaltenden Proteste gegen dieses kriminelle Bauvorhaben, das den Bahnverkehr in und um Stuttgart massiv schädigt, aber die Profite der Bereiche Immobilienspekulation und Tunnelbau noch weiter erhöht.
• Wenn die Verbrennung fossiler Energieträger global radikal reduziert werden muss, um den Klimawandel zu verlangsamen, wie überzeugen wir die Menschen in den Ländern des globalen Südens davon, dass der „globale Norden“ sie nicht schon wieder zu etwas zwingen will? Wie verbessert sich ihre Lebenssituation dauerhaft auch ohne den Bau von Kohle- und Atomkraftwerken? Wie lösen wir den Widerspruch, dass die Menschen im „Norden“ wie im „Süden“ einen Angriff auf ihre heutigen Konsumgewohnheiten (und die Hoffnung auf genau deren Ausweitung in der Zukunft) in Namen des Klimaschutzes nicht akzep- tieren werden? Zumindest solange nicht die Idee des „guten“ und „besseren“ Lebens (jenseits der kapitalistischen Konsumgesellschaft mit ihren künstlich erzeugten „Bedürfnissen“) vorstellbar und fassbar gemacht wird? Und wie kann diese Idee durch- gesetzt oder können wenigstens glaubhafte Wege dahin aufgezeigt werden!
Abschlussplenum
Emi von der Kampagne „RWE & Co enteignen“, SoZ-Kolumnist Ingo Schmidt und der Agrarökologe Antonio Andrioli sprachen am Ende der Konferenz über mögliche Perspektiven, über offene Fragen und über Hindernisse, die sich uns entgegenstellen.
Wie kann aus einer Enteignung eine wirkliche Vergesellschaf- tung werden? Wenn „der Markt“ nicht alles regeln soll und vor allem nicht darf, brauchen wir dann einen Plan? Und wer stellt ihn auf? Wenn schädliche und überflüssige Waren nicht mehr hergestellt werden dürfen, wie kommen wir zu einer Gesellschaft, in deren Mittelpunkt die Menschen Dinge und Leistungen zur Bedürfnisbefriedigung erzeugen?
Angesichts der Dringlichkeit, der Klimakatastrophe entgegenzutreten, scheinen die Aufgaben riesig, die Kräfte bescheiden und der Weg noch nebulös zu sein. Aber wer nicht anfängt loszugehen, wird nirgendwo hinkommen. Sind wir ein paar Schritte vorangekommen, werden sich die Antworten auf einige Fragen deutlicher abzeichnen. Es wird weitere Erfahrungen aus sozialen und Klimakämpfen lokal und global geben. Darüber soll 2024, bei der nächsten Ökosozialistischen Konferenz der ISO, der Austausch fortgesetzt werden.