Gedenken an die Widerstandsgruppe um Georg Lechleiter
H. N.
Am frühen Abend des 15. September 2025 fand auf dem Georg-Lechleiter-Platz in der Schwetzinger Vorstadt das jährliche Gedenken an den Mannheimer Widerstand gegen den Faschismus statt.

Lechleiter-Gedenken in Mannheim, 15. September 2025. (Foto: Privat.)
Etwa 120 ältere und jüngere Menschen nahmen an der bewegenden Veranstaltung teil, zu der die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschist:innen Mannheim (VVN-BdA), das Offene Antifaschistische Treffen (OAT) und der DGB Nordbaden aufgerufen hatten. Für den musikalischen Rahmen sorgte der „Chor für Menschen, die nicht singen können“.
1933 war die Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland nicht zuletzt durch das Versagen der damals stärksten Arbeiterbewegung der kapitalistischen Welt möglich geworden. Die Führungen von ADGB, SPD und KPD verhinderten auf ihre jeweils eigene Weise das Zustandekommen einer Einheitsfront gegen den Faschismus. Nur diese wäre in der Lage gewesen, den Sieg der braunen Mörderbanden zu verhindern.
Brauner Terror gegen Arbeiterwiderstand
Mannheim war noch nach 1933 reichsweit eine der bedeutendsten Hochburgen des Arbeiterwiderstands. Insbesondere der organisierte kommunistische Untergrund ist hier zu nennen, der bis 1935 aktiv sein konnte.*
Nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 erzielte die 1939 gegründete Lechleiter-Gruppe aus Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschaftern mit ihrer illegalen Zeitschrift Der Vorbote eine öffentliche Wirkung. Der Gestapo gelang Ende Februar 1942 die Zerschlagung der Gruppe. Drei Widerstandskämpfer töteten Nazi-Schergen bereits in der Untersuchungshaft.
Am 15. September 1942 ermordeten die faschistischen Henker in Stuttgart Philipp Brunnemer, Jakob Faulhaber, Rudolf Langendorf, Georg Lechleiter, Johann Kupka, Rudolf Maus, Anton Kurz, Ludwig Moldrzyk, Robert Schmoll, Alfred Seitz, Käthe Seitz, Daniel Seizinger, Eugen Sigrist und Max Winterhalter. Weitere Mitglieder der Gruppe fielen am 24. Februar 1943 der braunen Terror-Justiz zum Opfer: Albert Fritz, Richard Jatzek, Ludwig Neischwander, Bruno Rüffer und Henriette Wagner.
Nach dem berührenden Redebeitrag der Urenkelin eines Widerstandskämpfers folgten kurze Ansprachen der DGB-Jugend, des OAT und der DIDF-Jugend.
Aufruf für eine solidarische Gesellschaft
Die Hauptrede beim diesjährigen Lechleiter-Gedenken hielt Industriepfarrer Maximilian Heßlein vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt.
Er mahnte in starken Worten: „Seit den Frauen und Männern um Georg Lechleiter und all den Menschen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus wissen wir: Die braune Pest geht nicht einfach vorbei. Sie weicht nur dort zurück, wo wir ihr mutig, klar und entschlossen entgegentreten. Der Ungleichheit und der Verachtung, der Ausgrenzung und der Armut des Todes setzen wir die Gleichheit, die Freundlichkeit, die Freiheit und damit den Reichtum des Lebens entgegen.“
Heßlein betonte: „Es reicht nicht aus, Schilder hochzuhalten oder Plakate aufzuhängen oder Reden zu schwingen. ‚Erinnern heißt kämpfen‘ bedeutet vielmehr: Aus dem Erinnern und Gedenken müssen die Taten folgen für ein besseres Leben und eine sichere Zukunft für alle Menschen.“
Mit Bezug auf die aktuelle Situation stellte er fest: „Der Reichtum explodiert. Die Armut wird verschärft. Die Angst nimmt zu. Auf dieser Basis wird die Demokratie zu einer leeren Formel; denn es gibt kein Miteinander, weil die Macht und ebenso die ökonomischen und daraus folgend die kulturellen Grenzen so fest zementiert werden.“
Mit Blick auf die Zukunft forderte Heßlein unter dem lebhaften Beifall der Anwesenden: „Es ist […] an der Zeit, Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit nicht nur zu benennen, sondern wirklich in die Tat umzusetzen und unsere Demokratie nicht mehr nur zu verteidigen. Es ist an der Zeit, dass wir uns […] daran machen, unsere Demokratie auszubauen, Menschen in allen Belangen zu beteiligen und ihnen zuzutrauen, dass sie mit Macht mindestens so gut umgehen können, wie diejenigen, denen heute diese Macht übertragen ist. […] Das ist, wenn ich das richtig verstehe, das Vermächtnis der Frauen und Männer im Widerstand, dass wir uns aufmachen auf die Suche nach einer besseren und gerechteren, einer durch und durch solidarischen und demokratischen Gesellschaft.“
* Vgl. Erich Matthias und Hermann Weber (Hg.), Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Mannheim 1984.
