Die Angriffe erkennen und konsequent Widerstand leisten!
S. K.
Immer wieder werden Angriffe auf Betriebsräte (BR) in der Region und darüber hinaus bekannt. Medien nennen in diesem Zusammenhang die Namen BITO, GE, H&M, IKEA, HYUNDAI, NORA, RHENUS, TESLA, WISAG und anderer mehr oder weniger prominenter Unternehmen.
Firmenleitungen, „Unrechtsanwälte“ und „Beratungsfirmen“ zerstören mit ihren strategisch koordinierten Attacken vor allem sowohl die Gesundheit von sie „störenden“ Betriebsräten als auch deren berufliche und finanzielle Existenz. In der Regel schädigen die Mobber durch ihren Psychoterror massiv auch die Familien der betroffenen KollegInnen.
Es geht hierbei um kriminelle Angriffe auf engagierte Menschen und um Menschenrechtsverletzungen.
Spitze des Eisbergs
Alle bisher öffentlich wahrnehmbaren Fälle sind nur die sichtbare Spitze eines großen Eisberges.
In den letzten Jahren sind offenbar hunderte von engagierten Betriebsratsmitgliedern gemobbt worden. Zehntausende der von ihnen in den Betrieben vertretenen KollegInnen haben also beängstigende Angriffe auf ihre demokratisch gewählten Interessenvertretungen erlebt.
Es gibt im wesentlichen drei Situationen, in denen Firmen aktive Betriebsräte und GewerkschafterInnen mobben.
Erstens, wenn ein Betriebs- oder Personalrat noch gar nicht existiert und erstmals gewählt werden soll. Zweitens, wenn in einem bereits existierenden Gremium sich Kräfteverhältnisse zugunsten aktiver KollegInnen verschieben. Drittens, wenn Kapitalvertreter Personalabbau in großem Ausmaß, Verlagerungen, Firmenverkäufe oder gar Standortschließungen planen und umsetzen wollen.
Stufenmodell der Eskalation
Nach einem geheim gehaltenen „Drehbuch“ inszenieren Manager und deren Berater den Krieg gegen Betriebsräte, die ihr Profitstreben „hemmen“. Mit taktisch genutzten Varianten eines Stufenmodells der Eskalation streben sie die Ausschaltung ihres Gegners an. Die betroffenen Betriebsräte und ihre Belegschaften merken oft gar nicht oder zu spät, was da geschieht.
Die erste Stufe ist die Verzögerung oder gar Verweigerung der gesetzlich vorgeschriebenen Information des BR zu Unternehmensplanungen. Laut Betriebsverfassungsgesetz haben diese „rechtzeitig und umfassend“ zu erfolgen. Ohne sie kann ein Betriebsrat nicht die Interessen der Belegschaft vertreten.
Die zweite Stufe besteht in der Aufnahme von Schein-Verhandlungen mit dem BR, in denen konstruktive Lösungen be- und verhindert werden. Gleichzeitig können so Zeit und Kraft des BR gebunden und die Interessen einer Belegschaft in den Hintergrund geschoben werden.
Die dritte Stufe beinhaltet die Infragestellung der Arbeit aktiver BR oder des gesamten Betriebsrats-Gremiums dar. Dabei gehen die Mobber mit mehr oder weniger subtilen Methoden systematisch vor.
Auf der vierten Stufe werden Betriebsräte auch mit der Drohung und gegebenenfalls dem Beginn juristischer Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht konfrontiert. Dabei wird die Verantwortung des Managements vertuscht und der BR als Schädiger des Firmenerfolgs dargestellt.
Mit der fünften Stufe wird das Betriebsrats-Gremium gespalten. In Einzelgesprächen (mit Drohungen, Versprechungen oder Vergünstigungen) zieht das Management einzelne schwache BR-Mitglieder auf seine Seite oder bewegt sie zum Rücktritt.
Die sechste Stufe verstetigt die Attacken auf die „Rädelsführer“ des Betriebsrats. Ziel ist es, sie zur Aufgabe ihres Amtes zu bewegen.
Auf der siebten Stufe wird versucht, den Betriebsrat oder einzelne BR-Mitglieder in der Firma politisch und sozial zu isolieren. Zum Beispiel indem das Management und seien Helfershelfer „Mitarbeiter-Versammlungen“ in Konkurrenz zu Abteilungs- und Betriebsversammlungen des Betriebsrats organisieren.
Mit der achten Stufe wird auf BR auch finanziell Druck ausgeübt. Etwa indem sich die Firma weigert, Kosten der BR-Arbeit zu übernehmen oder indem sie Lohn- und Gehaltsbestandteile kürzt.
Die neunte Stufe beinhaltet die Androhung und eventuell die Umsetzung von zivil- oder strafrechtlichen Schritten gegen Betriebsräte. Dafür werden Gründe gesucht oder konstruiert (z.B. „Sachbeschädigung“ oder „Angriffe“ auf Manager).
Die zehnte Stufe ist erreicht, wenn „Verdachts-Kündigungen“ gegen BR-Mitglieder ausgesprochen werden. Diese sind dann zunächst aus dem Betrieb entfernt. In völligem Widerspruch zum geltenden Rechtsverständnis muss der oder die Beschuldigte die eigene Unschuld nachweisen. Mit Arbeitsgerichts-Verfahren, die sich über Monate oder gar Jahre hinziehen können, werden dann die meisten BetriebsrätInnen endgültig eliminiert.
Was tun?
Gegen BR-Mobbing hilft im konkreten Fall nur wirksamer Widerstand auf betrieblicher, rechtlicher und politischer Ebene.
Die 3. Konferenz „Betriebsräte im Visier“ hat zurecht die Gewerkschaften aufgefordert, „sich dafür einzusetzen:
- dass die Regierungen der Landes- und Bundesebene alle Fälle von BR-Mobbing dauerhaft erfassen, spezielle Schwerpunktstaatsanwaltschaften bilden und endlich ein wirksames Anti-Mobbing-Gesetz beschließen lassen
- dass der Kampf gegen BR-Mobbing im Bundestagswahlkampf 2017 Gehör findet
- dass die Unternehmerverbände den Einsatz von Anwälten und Beratern, die BR-Mobbing anleiten und unterstützen, in ihren Mitgliedsfirmen unterbinden
- dass die Anwaltskammern, diesen „Unrechtsanwälten“, die das Recht nicht pflegen, sondern missachten, die Zulassung zumindest für das Gebiet des Arbeitsrechts entziehen
- dass schnelle gewerkschaftliche Einsatzgruppen gebildet werden, die gewerkschaftsübergreifend die umfassende Abwehr von BR-Mobbing unterstützen und gemeinsam mit den KollegInnen vor Ort Widerstand organisieren.“