Die Herausforderungen annehmen
M. G.
Am 17. und 18. September 2022 hat die 4. Bundeskonferenz der ISO stattgefunden.
Um verantwortungsvoll tagen zu können, wurden Corona-Schutzmaßnahmen eingehalten. Die Tagesordnung unserer wichtigsten Entscheidungs-Instanz war sehr anspruchsvoll.
Im Vorfeld der Tagung fanden erstmals in der Geschichte unserer Organisation zahlreiche virtuelle Treffen statt. So konnten unsere Mitglieder bundesweit an der Vorbereitung der unterschiedlichen Arbeits- und Themenfelder direkt teilnehmen.
Das war umso wichtiger als sich die politische Gemengelage immer weiter zuspitzt. Pandemie, Klimazerstörung, Russ- lands Angriffskrieg gegen die Ukraine, Aufrüstung, Klassenkampf von oben und die Notwendigkeit des Widerstands gegen die Teuerung gut vorbereitet unter einen Hut zu bringen, war auch für uns eine große, vielleicht noch zu große Aufgabe.
IV. Internationale
Léon aus Paris berichtete für das Sekretariat der IV. Internationale über die Entwicklung unserer weltweiten Organisation. Zudem informierte er über die Vorbereitung des nächsten Weltkongresses, dem unter anderem ein Ökosozialistisches Manifest vorgelegt werden soll. Es soll den Charakter eines Übergangsprogramms für das 21. Jahrhundert haben und unter breiter internationaler Beteiligung entwickelt werden.
Lebhaft debattiert wurde auf unserer Konferenz, wie die IV. Internationale gera-de auch in Europa wieder sichtbarer und wirksamer werden könne. Nicht zuletzt ging es dabei auch um die Frage, wie die ISO als deren deutsche Sektion besser dazu beitragen kann.
Politische Lage
In der Einschätzung der allgemeinen Lage, der Auswirkungen der Pandemie, der Preissteigerungen, der Krise der linken gesellschaftlichen Kräfte, der Ausrichtung der prokapitalistischen Regierungspolitik und der Unzulänglichkeiten offizieller Gewerkschaftspolitik gab es bei Differenzen in Einzelfragen eine grundsätzliche Übereinstim- mung. Ein Text mit der Überschrift „Wir zahlen nicht für eure Krisen und Kriege!“ wurde mehrheitlich angenommen.
Die Vorlage „Gesundheitskämpfe, Pandemie und Staatsversagen“ befasste sich mit der Corona-Politik der Herrschenden und unseren fundierten Alternativen. Auch diese Resolution erhielt die Mehrheit der auf Konferenz abgegebenen Stimmen.
Krieg in der Ukraine
In der Frage der Verurteilung des Überfalls des Putin-Regimes auf die Ukraine-Krieges sind wir ebenso einer Meinung wie in der Ablehnung der Politik „des Westens“ und der Bunderegierung. Unterschiedliche Meinungen gab es vor allem in der Frage, ob die Ukraine mit Waffenlieferungen unterstützt werden soll, oder ob wir stattdessen das Konzept der sozialen Verteidigung propagieren sollten. Letzteres war die Mehrheitsmeinung. Sie fand ihren Ausdruck in dem von der Konferenz angenommenen Text „Solidarität mit dem Widerstand in der Ukraine und der russischen Antikriegsbewegung! Stoppt den Krieg!“
Partei DIE LINKE
Es bestand Einigkeit darüber, dass die Lage der LINKEN extrem kritisch und ihre weitere Entwicklung unsicher ist. Wir waren uns auch einig, dass unsere Mitglieder in der LINKEN mehr und besser zusammenarbeiten müssen. Ihre Arbeit in der Antikapitalistischen Linken (AKL) und der Bewegungslinken (BL), die Verbesserung ihrer Vernetzung sowie die Beteiligung an praktischen Aktivitäten der LINKEN sollen fortgeführt werden.
Organisationsaufbau
Zwar ist die ISO bisher stabil durch die Corona-Pandemie gekommen, allerdings ist das notwendige Wachstum der Organisation nicht so eingetreten, wie wir es uns erhofft hatten.
Die Bundeskonferenz führte eine niveauvolle, wenn auch zeitlich zu eng begrenzte Debatte darüber, wie der Aufbau und Ausbau unserer Ortsgruppen konkret umgesetzt werden kann. Die kollektive Arbeit vor Ort ist die entscheidende Basis, um in diesen rauer werdenden Zeiten bestmöglich handeln zu können.
Ausgehend von den Beschlüssen zum Organisationsaufbau werden wir uns mit folgenden Herausforderungen auseinander- setzen müssen:
• Entwicklung und Konkretisierung unserer Außenarbeit (im Betrieb, im Stadtteil usw.)
• Gewinnung der bewusstesten Menschen aus der arbeitenden Klasse
• Konstruktive Mitarbeit in örtlichen, re gionalen und bundesweiten Bündnis sen, ohne unseren eigenen Aufbau zu ver- nachlässigen.
Eine Rolle auf unserer Konferenz spielte dabei die inhaltlich wertvolle Debatte um das Verhältnis von „Massenarbeit“ zur „Arbeit mit den Fortgeschrittensten“. Die Gewinnung und Ausbildung von stabilen Aktiven muss sowohl praktisch als auch in der theoretischen Bildungsarbeit erfolgen.
Die neu gewählte Koordination hat die Aufgabe, mit jeder Ortsgruppe und den Einzelmitgliedern, einen Plan zum lokalen Aufbau zu entwickeln.
Weitere Konferenz-Beschlüsse
Eine unserer vorrangigen Aufgaben sehen wir darin, die Interessen der arbeitenden Klasse mit dem Kampf um Klimagerechtigkeit zu verknüpfen. Wir werden auch deshalb weiterhin die Ökosozialistische Konferenz als zentrales Ereignis jährlich durchführen.
Große Einigkeit herrschte in der Vorbereitung auf einen möglicherweise notwendig werdenden Umgang mit sexualisierter Gewalt und patriarchalem Machtmissbrauch. Obwohl in unseren Reihen kein konkreter „Fall“ existiert, war sich die Konferenz sehr einig, dass sich die Organisation präventiv auf solche schwerwiegenden Probleme einstellt. Dementsprechend wurde der Text „Es geht nicht um Strafe, sondern um Verhaltensänderung ‒ Über den Umgang mit geschlechtsspezifischer Gewalt“ ohne Gegen- stimmen angenommen.
Vorläufiges Fazit
Als vorläufiges Fazit können wir festhalten: Wir wissen, dass wir – und die gesamte Linke und die Gewerkschaften – vor sehr großen Herausforderungen stehen. Auf der Bundeskonferenz haben wir weitere Schritte diskutiert und beschlossen, wie wir diesen Anforderungen noch besser gerecht werden können.*
* [Wesentliche Konferenztexte werden in einem Sonderheft von die internationale veröffentlicht.]