Kapi­ta­lis­mus – ohne Alternative?

U. D.

So lau­te­te die zen­tra­le Fra­ge­stel­lung des Som­mer­se­mi­nars der ISO Rhein-Neckar, das am 20. Juli 2019 in Mann­heim statt­ge­fun­den hat.

Refe­ra­te und Dis­kus­sio­nen befass­ten sich mit fol­gen­den drei Haupt­the­men: Was ist der heu­ti­ge Kapi­ta­lis­mus? Wel­che Alter­na­ti­ven schla­gen wir vor? Wie müs­sen wir uns organisieren?

Das Pro­blem heißt Kapitalismus
Im Ein­gangs­re­fe­rat wur­de ein­dring­lich auf­ge­zeigt, dass der Kapi­ta­lis­mus kei­ne Lösun­gen für die tief­grei­fen­den Kri­sen der Mensch­heit (Umwelt/Klima, Krieg, Hun­ger, Flucht, Arbeit, Gesund­heit, sozia­ler Zusam­men­halt, Kul­tur) anbie­ten kann. Viel­mehr ist er selbst das Pro­blem, ver­ur­sacht die­se Kri­sen und ver­schärft sie unaufhaltsam.

Ange­trie­ben von der Not­wen­dig­keit immer mehr Waren zu pro­du­zie­ren, immer neue Anla­ge­fel­der zu fin­den und den größt­mög­li­chen Pro­fit zu erzie­len, wer­den dabei Mensch und Natur rück­sichts­los aus­ge­beu­tet und zer­stört. Umso wich­ti­ger sei es, den Kapi­ta­lis­mus schnellst­mög­lich abzuschaffen.

Infostand beim Fest der Solidarität in der Neckarstadt, 07. Juli 2019 (Foto: Avanti²)

Info­stand beim Fest der Soli­da­ri­tät in der Neckar­stadt, 07. Juli 2019 (Foto: Avanti²)

Ohne Uto­pie kei­ne Alternative
Die sich anschlie­ßen­de Fra­ge nach der Alter­na­ti­ve zum Kapi­ta­lis­mus führ­te auch in die­sem Semi­nar zu einer inten­si­ven Dis­kus­si­on. Kein Wun­der: Bis­lang schei­ter­ten nahe­zu alle Ver­su­che der arbei­ten­den Klas­sen, eine Gesell­schaft der Frei­heit und sozia­len Gleich­heit auf­zu­bau­en durch Ver­rat oder blu­ti­gen kon­ter­re­vo­lu­tio­nä­ren Terror.

Bei­spiel­haft dafür sind in den letz­ten ein­hun­dert Jah­ren die Nie­der­schla­gung der deut­schen Revo­lu­ti­on 1918/1919 unter poli­ti­scher Füh­rung der Sozi­al­de­mo­kra­tie um Ebert, der sta­li­nis­ti­sche Ter­ror gegen das Erbe des Roten Okto­bers von 1917, der Faschis­mus, zahl­rei­che Mili­tär­dik­ta­tu­ren und nicht zuletzt der „Sieg“ des Neo­li­be­ra­lis­mus. Dies alles trug und trägt zum Nie­der­gang posi­ti­ver gesell­schaft­li­cher Uto­pien und zur ver­brei­te­ten Hoff­nungs­lo­sig­keit bei.

In der Dis­kus­si­on kam auch zur Spra­che, dass sich die Idee einer ande­ren Gesell­schaft nicht „abs­trakt“ ver­brei­ten wird, son­dern nur über gesell­schaft­li­che Aus­ein­an­der­set­zun­gen und Kämp­fe. Dort sind in der Ver­gan­gen­heit immer wie­der Räte oder räte­ähn­li­che Basis­struk­tu­ren ent­stan­den, die die wesent­li­che poli­ti­sche Orga­ni­sa­ti­ons­form einer künf­ti­gen Gesell­schaft dar­stel­len würden.

Dabei wären fol­gen­de Punk­te von grund­sätz­li­cher Bedeu­tung: Eine bedürf­nis­ori­en­tier­te und öko­lo­gi­sche Ver­ge­sell­schaf­tung der Wirt­schaft, radi­ka­le Arbeits­zeit­ver­kür­zung, direk­te (Räte-)Demokratie, sozia­le Gleich­heit, Inter­na­tio­na­lis­mus, poli­ti­scher und orga­ni­sa­to­ri­scher Schutz von Min­der­hei­ten, Äch­tung jeder Form von Unter­drü­ckung und Aus­gren­zung, Rechts­staat- lich­keit statt Will­kür und Kampf gegen jede Form von Bürokratie.

Orga­ni­sie­ren – ler­nen – bewegen
Die letz­te und viel­leicht am meis­ten her­aus­for­dern­de Fra­ge unse­res Semi­nars war, wie es ange­sichts des bestehen­den Kapi­ta­lis­mus und eines feh­len­den Klas­sen­be­wusst­seins gelin­gen kön­ne, sich erfolg­reich zu orga­ni­sie­ren. Der zu die­sem The­ma spre­chen­de Refe­rent warb dafür, sta­bi­le, ver­läss­li­che und akti­ve Ker­ne des poli­ti­schen Wider­stands auf­zu­bau­en, ob in Betrie­ben, Schu­len, Uni­ver­si­tä­ten oder Wohn­vier­teln. Die­se müss­ten sich aus Men­schen zusam­men­set­zen, die sich nicht nur ste­tig wei­ter­bil­de­ten, son­dern sich auch soli­da­risch und orga­ni­siert gegen die Fol­gen des Pro­fit­sys­tems engagierten.

Im Zen­trum die­ser Arbeit müs­se die Ent­wick­lung und Stär­kung poli­ti­scher, anti­ka­pi­ta­lis­ti­scher Bewe­gun­gen in allen gesell­schaft­li­chen Berei­chen ste­hen. Dabei sei die poli­ti­sche Orga­ni­sie­rung der arbei­ten­den Klas­se jedoch wei­ter­hin die zen­tra­le Auf­ga­be. Die­se Per­spek­ti­ve dür­fe aber nicht zu sich rein lokal ver­ste­hen­den Grup­pen füh­ren. Viel­mehr sei es auf­grund des welt­wei­ten Kapi­ta­lis­mus not­wen­dig, sich gleich­zei­tig natio­nal und inter­na­tio­nal zu orga­ni­sie­ren. Nur so sei es lang­fris­tig mög­lich, die Kräf­te­ver­hält­nis­se zu Guns­ten der Arbeit und zu Unguns­ten des Kapi­tals und sei­ner rech­ten Hen­kers­knech­te zu ändern.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Sep­tem­ber 2019
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