Nein zum dro­hen­den Kahl­schlag beim Benz

K. S.

Die ISO Rhein-Neckar lud am 22. Juli 2022 zu einem Info­abend ein mit dem The­ma Kahl­schlag beim Benz – „Trans­for­ma­ti­on” zur wei­te­ren Profitsteigerung?

Benz-Gelenkbus aus dem Mannheimer Werk. (Foto: Gemeinfrei.)

Benz-Gelenk­bus aus dem Mann­hei­mer Werk. (Foto: Gemeinfrei.)

Im Zen­trum unse­rer Ver­an­stal­tung stan­den die Abbau- und Ver­la­ge­rungs­plä­ne der Daim­ler Truck AG. Die Geschäfts­füh­rung war erst kürz­lich mit einem „Ein­spar­pro­gramm“ an die Öffent­lich­keit gegan­gen. Es bedroht vie­le Arbeitsplätze.

Unser Refe­rent erläu­ter­te die Plä­ne der Geschäfts­füh­rung und beleuch­te­te kri­tisch die Zusam­men­hän­ge. Die Unter­neh­mens­stra­te­gie der Daim­ler Truck AG fol­ge der Logik der „Dik­ta­tur der Zah­len“. Die­se sei ori­en­tiert an stän­di­ger, geplan­ter „Kos­ten­sen­kung“ – sprich Pro­fit­ma­xi­mie­rung. Sie füh­re dazu, dass auch rela­tiv sta­bi­le Kon­zer­ne stän­dig umge­baut oder sogar zer­schla­gen würden.

Die Daim­ler Truck AG habe im Jahr 2021 mit einem EBIT (Ergeb­nis vor Zin­sen und Steu­ern) von 2.552 Mio. € enor­me Gewin­ne ein­fah­ren kön­nen. Trotz­dem rei­che das dem Manage­ment nicht aus.

Als größ­ter und welt­weit füh­ren­der Omni­bus­her­stel­ler sei die Daim­ler Truck AG in Mann­heim mit 8.500 Beschäf­tig­ten tätig. Unser Refe­rent erklär­te die Auf­spal­tung der Struk­tur des Tra­di­ti­ons­werks auf dem Wald­hof. Es gebe dort einer­seits den Moto­ren­bau von Daim­ler Truck mit aktu­ell rund 5.000 Beschäf­tig­ten. Betrof­fen von den aktu­el­len Plä­nen zum Stel­len­ab­bau sei aber die Evo­Bus GmbH – eine hun­dert­pro­zen­ti­ge Toch­ter der Daim­ler Truck AG. Etwa 3.500 Men­schen arbei­te­ten dort für die Her­stel­lung von Bus­sen des ÖPNV.

Radi­ka­ler Umbau
Nun soll­ten 100 Mio. € pro Jahr „ein­ge­spart“ wer­den. Ein Kahl­schlag­pro­gramm sehe den radi­ka­len Umbau der Evo­Bus-Pro­duk­ti­on in Euro­pa vor. Ins­be­son­de­re sei davon der Stadt­bus-Roh­bau in Mann­heim betrof­fen. Bis 2030 sol­le die Pro­duk­ti­on nach Holy­sov (Tsche­chi­en) ver­la­gert wer­den. Ver­bun­den sei die­ses Vor­ha­ben mit der Ver­rin­ge­rung der „Lohn­kos­ten“ und der Decke­lung der Mon­ta­ge­ka­pa­zi­tät der Fabrik in Mannheim.

Der Betriebs­rat und die zustän­di­ge Gewerk­schaft IG Metall (IGM) haben, so unser Refe­rent, Wider­stand angekündigt.

Er zitier­te die Aus­sa­ge des BR-Vor­sit­zen­de Bru­no Busch­ba­cher: „Die Aus­ein­an­der­set­zung hat begon­nen. Wir wer­den mit allen zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­teln für unse­ren Stand­ort kämp­fen. Evo­Bus ist der ein­zi­ge Bus­her­stel­ler, der noch in Deutsch­land fertigt.“

Der 1. Bevoll­mäch­tig­te der IGM Mann­heim, Tho­mas Hahl, habe von einer „Über­le­bens­fra­ge für den Indus­trie­stand­ort Mann­heim“ gesprochen.

Wich­ti­ge Protestaktionen
Die ers­ten Reak­tio­nen der Beleg­schaft waren unse­rem Refe­ren­ten zufol­ge viel­ver­spre­chend. Bei der „Mit­ar­bei­ter­in­for­ma­ti­on“ am 29. Juni 2022 habe es ein ohren­be­täu­ben­des Pfeif­kon­zert gegen die Geschäfts­lei­tung gege­ben. Im Anschluss hät­ten alle anwe­sen­den Beschäf­tig­ten das Werk ver­las­sen. Die Spät­schicht sei nicht zur Arbeit erschienen.

Am 14. Juli 2022 habe es im Werk eine Demo zur Betriebs­ver­samm­lung gege­ben. Dort sei in der auf­ge­heiz­ten Stim­mung eine kla­re Kampf­be­reit­schaft der Kol­le­gin­nen und Kol­le­gin­nen zu erken­nen gewesen.

Abschlie­ßend wid­me­te sich der Vor­trag unse­res Info­abends der Fra­ge „Was tun?“. Für eine wirk­sa­me Ant­wort sei die Ent­wick­lung eines koor­di­nier­ten Kamp­fes über alle Betriebs­gren­zen hin­weg erforderlich.

Alle Bran­chen des Gesamt­kon­zerns müss­ten in den Wider­stand ein­be­zo­gen wer­den. Nur durch eine gemein­sa­me Gegen­be­we­gung kön­ne genü­gend Druck auf den Vor­stand aus­ge­übt werden.

Ent­las­sun­gen verbieten
Arbeit und Aus­bil­dung müss­ten vor Pro­fit­in­ter­es­sen ste­hen. Es sei kon­se­quent die Ein­hal­tung des Grund­ge­set­zes ein­zu­for­dern. Dort hei­ße es in Arti­kel 14: „Eigen­tum ver­pflich­tet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Woh­le der All­ge­mein­heit die­nen. Eine Ent­eig­nung ist … zuläs­sig.” Dar­aus las­se sich auch das Ver­bot von Ent­las­sun­gen und ein sozia­ler Schutz­schirm für die Beschäf-tig­ten ableiten.

Durch den Kon­flikt bei Daim­ler Truck wür­den ele­men­ta­re gesell­schaft­li­che Fra­gen auf­ge­wor­fen. Eine wir­kungs­vol­le Ant­wort kön­ne nur im über­be­trieb­li­chen Abwehr­kampf und ergän­zend dazu im Auf­bau einer Soli­da­ri­täts­be­we­gung gefun­den werden.

Der Mann­hei­mer Bus­roh­bau sei unver­zicht­ba­rer Bestand­teil einer Ver­kehrs­wen­de. Die öko­lo­gi­sche Fra­ge müs­se des­halb mit der sozia­len (Erhalt tarif­ge­bun­de­ner Arbeit und Aus­bil­dung als Kri­te­ri­um der Auf­trags­ver­ga­be), der gewerk­schafts­po­li­ti­schen (Wider­stand gegen Ver­la­ge­rung), der tech­ni­schen (Bau umwelt­ver­träg- licher Bus­se) und der gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Per­spek­ti­ve (Null­ta­rif im ÖPNV als Teil der Daseins­vor­sor­ge) ver­knüpft werden.

Für die Mann­hei­mer IGM sei zudem das Benz-Werk mit einem hohen Orga­ni­sa­ti­ons­grad ihr ent­schei­den­des Rück­grat. Die Gewerk­schaft müs­se auch des­halb die Abwehr des Angriffs auf den Bus­roh­bau kon­se­quen­ter denn je unterstützen.

Die rege Dis­kus­si­on bei unse­rem gelun­ge­nen Info­abend dreh­te sich vor allem um die Fra­ge, wie Soli­da­ri­tät zu orga­ni­sie­ren sei und prak­tisch wirk­sam wer­den könne.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Sep­tem­ber 2022
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