Keine „Weihnachtsruhe“ beim Streik
B.S
Die mittlerweile längste Streik- und Protestbewegung in Frankreich seit 1968 hält nach wie vor an. Die erste Raffinerie wurde durch die Streikenden bis zum vollständigen Stillstand heruntergefahren. Dies hatte eine Versammlung der Belegschaft im südfranzösischen Lavéra – in der Nähe von Marseille – am 22. Dezember 2019 beschlossen.
Einmal heruntergefahren, benötigt eine Raffinerie rund eine Woche, um wieder produktionsfähig zu werden. Frankreich verfügt allerdings für rund zwei Monate über „strategische Reserven“ an Treibstoffen. Sie werden üblicherweise für den Ausnahme-, Ernst- oder Kriegsfall aufbewahrt.
Im Augenblick droht jedoch noch kein landesweiter Versorgungsengpass bei Treibstoffen. Aufgrund der ungleichmäßigen regionalen Verteilung der insgesamt acht Raffinerien und der Hauptabnahmegebiete könnte es jedoch Anfang Januar 2020 im Großraum Paris allmählich kritisch werden.
Streikkassen und Bahnstreik
Rund 1,5 Millionen Euro befinden sich derzeit in den Streik-Unterstützungskassen. Vieles an Geldern wird derzeit über das Internet und per Scheck gespendet.
Diese Streikgelder, die von einer Gewerkschaftsmitgliedschaft unabhängig ausgeschüttet werden, dürften derzeit vor allem den Beschäftigten in den Transportbetrieben, die seit über vier Wochen unbefristet streiken, zugutekommen. Dies ist der einzige Sektor, von den Raffinerien einmal abgesehen, in dem derzeit ein dauerhafter Streik gegen die „Rentenreform“ stattfindet.
Ansonsten ist die angestrebte Ausweitung der Arbeitskämpfe auf andere Berufsgruppen bisher immer nur befristet gelungen. Dies war an einzelnen zentralen Aktionstagen wie dem 05. und vor allem dem 17. Dezember 2019 der Fall. Am 17.12.19 waren auch Beschäftigte der Auto- und Metallindustrie (Alstom, PSA, Renault, Safran …) und erneut „Gelbwesten“ auf der Pariser Streikdemonstration vertreten.
Die aktiven Gewerkschaften orientieren nun auf den nächsten zentralen Aktionstag am 09. Januar 2020. Es wird sich zeigen, ob bis dahin die Proteste aufrechterhalten werden können.
Jedenfalls fand der Aufruf der UNSA (ein sich als „unpolitisch“ verstehender Zusammenschluss „unabhängiger Gewerkschaften“) zur Einhaltung einer „Weihnachtspause“ im Streik keinen großen Anklang. Mehrere UNSA-Mitgliedsverbände, vor allem die der organisierten Beschäftigten der Eisenbahn SNCF und der Pariser Verkehrsbetriebs RATP, lehnten diese Aufforderung nun ausdrücklich ab.
Streikunterstützung ungebrochen
Unterdessen liegt die Unterstützung für die Streiks in bürgerlichen Meinungsumfragen immer noch bei 51 Prozent der Befragten. Klar rückläufig ist unterdessen die Unterstützung für die „Reform-Pläne“ der Regierung.
Entscheiden werden jedoch nicht Umfragen, sondern die Kampfkräfte der Streikenden.