Kampf um die 35-Stundenwoche
E. B.
Es gab eine Vorgeschichte. Bereits ab dem 28. November 1978 streikte die IG Metall (IGM) in der nordrhein-westfälischen Eisen- und Stahlindustrie für die 35-Stundenwoche. Nach sechs Wochen endete der Streik ohne Verkürzung der Wochenarbeitszeit.
Ab dem 12. April 1984 begann die kleine IG Druck und Papier einen mit harten Bandagen geführten dreizehnwöchigen Arbeitskampf zur Einführung der 35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich in der Druckindustrie. Sie konnte dadurch zwar eine individuelle Arbeits- zeitverkürzung durchsetzen, aber nur auf 38,5 Wochenstunden und mit einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten.
Die zentrale Auseinandersetzung um die Einführung der 35-Stundenwoche fand vom 14. Mai 1984 bis zum 4. Juli 1984 in der baden-württembergischen und hessischen Metallindustrie statt. Auf dem Höhepunkt des Arbeitskampfs streikten 57.500 IGM-Mitglieder, aber 147.000 Metallerinnen und Metaller waren laut Gesamtmetall von „heißer“ und 396.000 weitere von „kalter Aussperrung“ betroffen.
Durch eine „besondere Schlichtung“ einigten sich die Tarifparteien in dem Moment, als der Arbeitskampf die Kapitalseite immer mehr unter Druck setzte, auf eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit im betrieblichen Durchschnitt auf 38,5 Stunden. Bis zu 18 % der Belegschaft konnten bis zu 40, andere nur 37 Stunden arbeiten. Die konkrete Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung war nun Aufgabe der Betriebs- parteien.
Letztlich schwächten die Flexibilisierung der Arbeitszeit, die Verbetrieblichung der Arbeitszeitpolitik und die erst am 1. Oktober 1995 erfolgte Durchsetzung der 35-Stundenwoche (ohne vollen Lohn- und Personalausgleich!) mittelfristig die gewerkschaftliche Gegenmacht.
Dennoch hatte die politische Härte des bisher letzten großen Erzwingungsstreiks in der Fläche die Aktiven in der IGM gestärkt.