Wilde Streiks in Deutschland
M. G.
Im Herbst 1969 wurde die etablierte Sozialpartnerschaft in der Bundesrepublik Deutschland schwer erschüttert. Den entscheidenden Anstoß zur Entfachung eines Flächenbrands hatte die Belegschaft bei Hoesch in Dortmund gegeben.
Mit ihrer spontanen Arbeitsniederlegung am 2. September forderte sie eine Erhöhung der Stundenlöhne um 30 Pfennige. Die Unternehmensleitung knickte angesichts der massiven Protestaktion kurze Zeit später ein.
In den folgenden Wochen sprang der Funke auf zahlreiche Betriebe im Bergbau, in der Stahlindustrie und in anderen Branchen über. Hundertausende streikten ohne auf die Regulierungsvorgaben für Tarifauseinandersetzungen Rücksicht zu nehmen. Kapitalverbände und Gewerkschaftsapparate waren von der Entwicklung völlig überrascht.
Ein großer Erfolg der spontanen Arbeitsniederlegungen war, dass durch sie für über 8 Millionen Beschäftigte zusätzliche Lohnerhöhungen durchgesetzt werden konnten. Noch bedeutender war aber, dass sich große Teile der gewerkschaftlich organisierten Klasse ihrer Stärke bewusst wurden. Dies wirkte sich positiv auf viele andere betriebliche und gewerkschaftliche Kämpfe bis in die erste Hälfte der 1980er Jahre aus.