Wer war Jakob Moneta?*

W.A.

Um die­se Fra­ge ansatz­wei­se beant­wor­ten zu kön­nen, ist eine Spu­ren­su­che erfor­der­lich. Ein fast 100 Jah­re wäh­ren­des Leben und ein rund 70 Jah­re andau­ern­des Enga­ge­ment für die revo­lu­tio­nä­re Arbei­te­rIn­nen­be­we­gung sind zu würdigen.

Jakob Moneta. (Foto: Privatarchiv.)

Jakob Mone­ta. (Foto: Privatarchiv.)

Vie­le alte und eini­ge neue Pro­ble­me tau­chen in die­ser Zeit­span­ne auf und spie­geln sich in Jakobs Per­son – etwa das Ver­hält­nis von Anpas­sung und Wider­stand. Sei­ne eige­nen poli­ti­schen Erfah­run­gen sind geprägt durch den Bogen von Reform, Revo­lu­ti­on und Kon­ter­re­vo- luti­on. In die­sem Zusam­men­hang sah er sich dem unse­li­gen Drei­ge­stirn von Faschis­mus, Sozi­al­de­mo­kra­tie und Sta­li­nis- mus genau­so kon­fron­tiert wie dem kri­ti­schen Ver­hält­nis von Büro­kra­tie, Orga­ni­sa­ti­on und ArbeiterInnenklasse.

Annä­he­rung
Wer war also Jakob Mone­ta? Und was hat­te er mit Anna Armand und Son­ja zu tun?

Eine ers­te Annä­he­rung an eine Ant­wort kann sich auf fol­gen­de Merk­wür­dig­kei­ten stüt­zen. Ein Mensch hofft nach all den Kata­stro­phen des 20. Jahr­hun­derts, an sei­nem 100. Geburts­tag end­lich die Über­win­dung des Kapi­ta­lis­mus in nicht all­zu wei­ter Fer­ne erken­nen zu kön­nen. Die­sel­be Per­son erfreut sich noch kurz vor dem nahen­den Tod an dem Lied des All­ge­mei­nen Jüdi­schen Arbeiterbundes.

In die­ser alten, in jid­di­scher Spra­che ver­fass­ten Hym­ne heißt es in Jakobs eige­ner Übersetzung: 
„Viel­leicht bau ich in der Luft nur mei­ne Schlösser.
Viel­leicht ist mein Gott über­haupt nicht da.
Im Traum wirds leich­ter mir, im Traum wird es mir besser.
Im Traum ist der Him­mel blau und völ­lig klar.“

Das sind Bele­ge für ein star­kes „Trotz alle­dem“, das sich durch nichts und durch nie­man­den hat bre­chen lassen.

Anfän­ge
Die frü­he Kind­heit gilt als prä­gen­de Pha­se eines Men­schen. Jakob Mone­ta erin­ner­te sich sein Leben lang sehr klar an die anti­se­mi­ti­schen Pogro­me in der gali­zi­schen Klein­stadt Bla­sow (heu­te Polen). Dort war er am 11. Novem­ber 1914 zur Welt gekommen.

Die Fami­lie Mone­ta flüch­te­te 1919 vor den Gewalt­tä­tig­kei­ten der Juden­has­ser nach Köln, in die Hei­mat­stadt sei­nes Vaters – eines Tex­til­fa­bri­kan­ten. Für den klei­nen Jakob bedeu­te­te das die Bekannt­schaft mit einer neu­en Welt. Er besuch­te dort nicht nur die Volks­schu­le, son­dern auch das Reform­re­al­gym­na­si­um, das er 1933 mit dem Abitur abschloss.

Schon als 17-Jäh­ri­ger war Jakob Mone­ta mit sei­nen link­szio­nis­ti­schen Genos­sen dem Sozia­lis­ti­schen Jugend­ver­band (SJV) bei­getre­ten. Der SJV war eine Orga­ni­sa­ti­on der Sozia­lis­ti­schen Arbei­ter­par­tei (SAP). Hans May­er, der damals in der SAP Posi­tio­nen der Lin­ken Oppo­si­ti­on unter­stütz­te und spä­ter als Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­ler bekannt wur­de, ver­schaff­te ihm Zugang zu Trotz­kis unüber­trof­fe­ner Faschismusanalyse.

Jakob Moneta. (Foto: Gemeinfrei.)

Jakob Mone­ta. (Foto: Gemeinfrei.)

Exil
Nach der Macht­über­ga­be an die Nazis ver­ließ Jakob Mone­ta im Novem­ber 1933 Deutsch­land und ging nach Paläs­ti­na, das unter bri­ti­scher Man­dats­ver­wal­tung stand. Dort leb­te er fünf Jah­re in einem Kib­buz. Jakob war in der Land­wirt­schaft und auf dem Bau tätig. Zudem erlern­te er den Beruf des Orangenkistennaglers.
Seit 1933 war Jakob Mone­ta im Gewerk­schafts­bund Hist­ad­rut orga­ni­siert. Er grün­de­te die Civil Ser­vice Asso­cia­ti­on (CSA – Ver­ei­ni­gung des Öffent­li­chen Diens­tes) mit und wur­de einer ihrer Füh­rer. Die CSA war nicht nur eine Unter­glie­de­rung des bri­ti­schen Gewerk­schafts­dach­ver­ban­des TUC, son­dern damals die ein­zi­ge Gewerk­schaft in Paläs­ti­na, die sowohl jüdi­sche als auch ara­bi­sche und christ­li­che Mit­glie­der zuließ.

In einem 1975 für die Indus­trie­ge­werk­schaft Metall (IGM) maschi­nen­schrift­lich ver­fass­ten Lebens­lauf erin­ner­te sich Jakob an die­se Zeit: „Nach­dem ich als Meis­ter einen Streik für den 8-Stun­den-Tag mit­or­ga­ni­siert hat­te, der erfolg­reich war, kam ich auf die schwar­ze Lis­te der Oran­gen-Syn­di­ka­te und muss­te mei­nen Beruf wech­seln. 1939 wur­de ich zusam­men mit ande­ren Genos­sen, die den Kib­buz ver­lie­ßen, weil sie mit der zio­nis­ti­schen Poli­tik [gegen die paläs­ti­nen­si­sche Bevöl­ke­rung, wa] gebro­chen hat­ten, vom bri­ti­schen CID (Cri­mi­nal Inves­ti­ga­ti­on Depart­ment) fest­ge­nom­men und ohne Gerichts­ur­teil bis 1941 (27 Mona­te) inter­niert. Nach mei­ner Frei­las­sung unter­lag ich noch jah­re­lang einer stän­di­gen Mel­de­pflicht bei den Polizeibehörden.“

Nicht erwähnt ist in dem Bericht die Tat­sa­che, dass sich Jakob Mone­ta in die­ser Zeit der trotz­kis­ti­schen Bewe­gung ange­nä­hert hatte.

Er bestritt damals mit unter­schied­li­chen Tätig­kei­ten - unter ande­rem für die fran­zö­si­sche Nach­rich­ten­agen­tur AFP und für das Eco­no­mic Insti­tu­te of the Midd­le East - sei­nen Lebensunterhalt.

Rück­kehr
1948 kehr­te Jakob mit sei­ner 1933 eben­falls vor den Nazis geflo­he­nen Ehe­frau Mat­hil­de, gebo­re­ne Lan­ger­mann, über Frank­reich und Bel­gi­en nach Köln zurück – in der Hoff­nung auf den Beginn der deut­schen Revo­lu­ti­on. In Köln schloss er sich der dor­ti­gen Grup­pe der Inter­na­tio­na­len Kom­mu­nis­ten Deutsch­lands (IKD) an.

Von 1949 bis 1951 war Jakob Mone­ta als Jour­na­list bei der Rhei­ni­schen Zei­tung tätig, deren Chef­re­dak­teu­re die Sozi­al­de­mo­kra­ten Wil­li Eich­ler und Heinz Kühn waren. 1951 muss­te er sei­ne Tätig­keit bei der „Rhei­ni­schen“ wegen poli­ti­scher Kon­flik­te mit dem SPD-Estab­lish­ment been­den und ent­ging nur knapp dem Par­tei­aus­schluss. Jakobs Posi­tio­nie­rung war ein­deu­tig. Zum einen hat­te er gegen die ers­te Pha­se der „Wie­der­be­waff­nung“ West-Deutsch­lands pro­tes­tiert. Zum ande­ren hat­te er einen jun­gen Jour­na­lis­ten namens Ernest Man­del über die Arbei­ter­selbst­ver­wal­tung in Jugo­sla­wi­en berich­ten lassen.

1951-52 muss­te sich Jakob wegen einer Tuber­ku­lo­se­er­kran­kung in einem Schwei­zer Sana­to­ri­um auf­hal­ten. Dort konn­te er unter ande­rem wis­sen­schaft­li­che Lite­ra­tur aus dem Eng­li­schen über­set­zen und den „Kom­men­tar zum Kur­zen Lehr­gang der Geschich­te der Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei der Sowjet­uni­on (Bol­sche­wi­ki), Auf­stieg und Nie­der­gang des Sta­li­nis­mus“ verfassen.

1953 arbei­te­te Jakob Mone­ta zunächst eini­ge Mona­te im Aus­lands­re­fe­rat der SPD und trat im Novem­ber des­sel­ben Jah­res die Stel­le eines Sozi­al­re­fe­ren­ten bei der Deut­schen Bot­schaft in Paris an. In die­ser Zeit lern­te er nicht nur die fran­zö­si­sche Arbei­te­rIn­nen­be­we­gung ken­nen, son­dern nutz­te sei­nen diplo­ma­ti­schen Sta­tus für die Unter­stüt­zung der alge­ri­schen Befrei­ungs­be­we­gung FLN.

Metal­ler
1962, nach dem Tod von Mat­hil­de Mone­ta, kehr­te Jakob mit sei­ner damals 12 Jah­re alten Toch­ter Dalia nach Deutsch­land zurück. Er ver­zich­te­te ger­ne auf eine wei­te­re Lauf­bahn im diplo­ma­ti­schen Dienst, weil ihn Otto Bren­ner, frü­he­res SAP-Mit­glied und dama­li­ger Ers­ter Vor­sit­zen­der der IGM, nach Frank­furt am Main gebe­ten hat­te. In der Vor­stands­ver­wal­tung der Indus­trie­ge­werk­schaft Metall wur­de Jakob Mone­ta bis zu sei­ner Pen­sio­nie­rung 1978 mit der Auf­ga­be des Chef­re­dak­teurs der Mit­glie­der­zei­tung metall und des Funk­tio­närs­or­gans Der Gewerk­schaf­ter betraut.

Es ist eines sei­ner unbe­streit­ba­ren Ver­diens­te, dass er bei­de Publi­ka­tio­nen im Sin­ne gewerk­schaft­li­cher Gegen­macht moder­ni­sier­te und poli­ti­sier­te. Nicht nur, dass er fremd­spra­chi­ge Über­set­zun­gen der metall für aus­län­di­sche Kol­le­gIn­nen her­stel­len ließ, er rück­te neue The­men in den Blick­punkt und för­der­te den inves­ti­ga­ti­ven Jour­na­lis­mus. So erhielt der jun­ge Gün­ter Wall­raff eine Platt­form für sei­ne Industriereportagen.

Ein beson­de­res Augen­merk leg­te Jakob Mone­ta auf die publi­zis­ti­sche Beglei­tung wich­ti­ger tarif­li­cher oder betrieb­li­cher Aus­ein­an­der­set­zun­gen der IG Metall. In enger Ver­bin­dung nicht nur mit der Stutt­gar­ter IGM-Bezirks­lei­tung um den legen­dä­ren Wil­li Blei­cher, son­dern auch mit akti­ven betrieb­li­chen Funk­tio­nä­ren etwa beim „Benz“ in Mann­heim erstell­te er Streik­nach­rich­ten. Nicht zuletzt der tra­di­tio­nell auf­müp­fi­gen Beleg­schaft von VFW Fok­ker in Spey­er (heu­te PFW) stand Jakob mit Metall­nach­rich­ten im vor­bild­li­chen Kampf um den Erhalt des Betrie­bes zur Seite.

Jakob Moneta. (Foto: Privatarchiv.)

Jakob Mone­ta. (Foto: Privatarchiv.)

Revo­lu­tio­när
Nach sei­ner Rück­kehr aus Paläs­ti­na war Jakob Mone­ta der deut­schen Sek­ti­on der IV. Inter­na­tio­na­le (IKD, spä­ter Grup­pe Inter­na­tio­na­le Mar­xis­ten – GIM) bei­getre­ten und in deren Lei­tungs­or­ga­nen aktiv. Meist ver­tei­dig­te er in Wort und Schrift (als „Son­ja“) die Posi­tio­nen der inter­na­tio­na­len Mehr­heit und deren Hof­fen auf eine Links­ent­wick­lung in den tra­di­tio­nel­len Par­tei­en und Appa­ra­ten der Arbei­te­rIn­nen­be­we­gung. 1986, nach dem Zusam­men­schluss von GIM und KPD zur Ver­ei­nig­ten Sozia­lis­ti­schen Par­tei (VSP), enga­gier­te er sich zunächst auch in die­ser For­ma­ti­on, die aber mit dem demo­kra­ti­schen Auf­stand gegen den Sta­li­nis­mus in der DDR schnell in eine exis­ten­zi­el­le Kri­se geriet.

Nach außen hin war sein lang­jäh­ri­ges revo­lu­tio­nä­res Enga­ge­ment nur Ein­ge­weih­ten und den Spit­ze­lagen­tu­ren in West und Ost bekannt. Sei­ne rege Publi­ka­ti­ons- und Über­set­zungs­tä­tig­keit (lan­ge Zeit unter Pseud­ony­men wie Anna Armand) schlug sich in zahl­lo­sen Arti­keln, Kom­men­ta­ren oder Ana­ly­sen für Zeit­schrif­ten wie Sozia­lis­ti­sche Poli­tik, die inter­na­tio­na­le, Was Tun, Sozia­lis­ti­sche Gewerk­schafts­po­li­tik, Sozia­lis­ti­sche Zei­tung und ande­ren nie­der. Bro­schü­ren und Bücher etwa zur Kri­tik des Sozi­al­de­mo­kra­tis­mus, der Auf­rüs­tung oder der Atom­ener­gie unter­stri­chen sei­ne außer­ge­wöhn­li­che Tätig­keit auch auf die­sem Feld.

Als revo­lu­tio­nä­rer Inter­na­tio­na­list enga­gier­te er sich aktiv für die Auf­stän­de in Alge­ri­en, Kuba und Nica­ra­gua. Gemein­sam mit sei­ner zwei­ten Ehe­frau Sigi unter­stütz­te Jakob ins­be­son­de­re Alex­an­der Neville im Kampf gegen die Apart­heid in Süd­afri­ka. Er soli­da­ri­sier­te sich mit Jakob Taut und Micha­el War­shaw­ski in der Kri­tik des Zio­nis­mus in Isra­el. Er ergriff Par­tei für die Arbei­te­rIn­nen­er­he­bun­gen gegen den Sta­li­nis­mus in der DDR 1953, der CSSR 1968 oder in Polen 1980/81.

Es ist unver­ges­sen, wie er im Win­ter 1981 tele­fo­nisch den Text für Pro­test­flug­blät­ter gegen die Unter­drü­ckung der pol­ni­schen Bewe­gung für Arbei­te­rIn­nen­selbst­ver­wal­tung auf Anfra­ge ört­li­cher Soli­da­ri­täts-Komi­tees durch­gab. Flin­ke Hän­de tipp­ten dann die Ton­band­auf­nah­me sei­nes Anrufs mit der Schreib­ma­schi­ne ab. Die auf Papier gekleb­ten Vor­la­gen wur­den in gro­ßer Eile zur Dru­cke­rei gebracht, und Akti­vis­tIn­nen ver­teil­ten dann die Flug­blät­ter am nächs­ten Mor­gen bei klir­ren­der Käl­te vor Großbetrieben.

Päd­ago­ge
Jakob Mone­ta trat als Red­ner und Refe­rent auf zahl­lo­sen poli­ti­schen, gewerk­schaft­li­chen oder uni­ver­si­tä­ren Ver­an­stal­tun­gen, Kon­fe­ren­zen und Semi­na­ren auf. Er beein­druck­te und beein­fluss­te Tau­sen­de – Lin­ke auch außer­halb der IV. Inter­na­tio­na­le, akti­ve Gewerk­schaf­te­rIn­nen nicht nur in der IG Metall oder Stu­die­ren­de (zum Bei­spiel am Lehr­stuhl des bekann­ten Kom­mu­nis­mus­for­schers Her­mann Weber). Jakobs The­men­pa­let­te reich­te von aktu­el­len Fra­gen der Gewerk­schafts­be­we- gung bis zur heu­ti­gen Bedeu­tung des „Kom­mu­nis­ti­schen Mani­fes­tes“ von Marx und Engels.

Unver­ges­sen ist sein Auf­tre­ten, bei dem er im Gegen­satz zu lin­ken Klei­dungs­mo­den einen „kor­rek­ten“ Habi­tus (Jackett ger­ne in Kom­bi­na­ti­on mit Roll­kra­gen­pull­over) bevor­zug­te. Meist ste­hend leg­te Jakob mit lei­ser, aber ein­dring­li­cher Stim­me sei­ne Gedan­ken dar. Hand- oder maschi­nen­schrift­lich hat­te er sei­ne Refe­ra­te auf DIN A5-Sei­ten notiert. Mit sei­ner beschei­de­nen, aber auf­merk­sa­men und offe­nen Art gelang es ihm, schnell die Sym­pa­thie des jewei­li­gen Publi­kums zu gewinnen.

Jakob war nicht nur ein geschick­ter Päd­ago­ge der Arbei­te­rIn­nen­be­we­gung, er kann­te auch deren Geschich­te und Kämp­fe auf natio­na­ler und inter­na­tio­na­ler Ebe­ne wie kaum ein Zwei­ter. Als beken­nen­der Anhän­ger des revo­lu­tio­nä­ren Inter­na­tio­na­lis­mus hat­te Jakob Mone­ta kei­ne Berüh­rungs­ängs­te vor Autoren aus ande­ren poli­ti­schen Lagern.

Jakob Moneta. (Foto: Privatarchiv)

Jakob Mone­ta. (Foto: Privatarchiv)

So mach­te er die Jün­ge­ren mit dem eher kon­ser­va­ti­ven Publi­zis­ten Sebas­ti­an Haff­ner bekannt. In des­sen immer noch weit­ge­hend tot­ge­schwie­ge­nem Werk Die ver­ra­te­ne Revo­lu­ti­on, Deutsch­land 1918/19 wird ein­drucks­voll die kon­ter­re­vo­lu­tio­nä­re Alli­anz der Mehr­heits­so­zi­al­de­mo­kra­tie um Ebert und Noske mit Reichs­wehr und rechts­extre­men Frei­korps beschrie­ben. Nicht nur Rosa Luxem­burg, Karl Lieb­knecht, Leo Jogi­ches und tau­sen­de revo­lu­tio­nä­rer Arbei­te­rIn­nen, Sol­da­ten und Matro­sen fie­len derem mör­de­ri­schen Trei­ben zum Opfer, son­dern auch die Ansät­ze einer deut­schen Räte­de­mo­kra­tie. Letzt­lich öff­ne­ten die­se Ereig­nis­se den Weg, der zum Faschis­mus, zum Zwei­ten Welt­krieg und zum Holo­caust führ­te. Die­se Zusam­men­hän­ge waren Jakob sehr bewusst.

Nach dem Ende der DDR schloss er sich 1990, ohne sei­ne Mit­glied­schaft in der IV. Inter­na­tio­na­le auf­zu­ge­ben, der Par­tei des Demo­kra­ti­schen Sozia­lis­mus (PDS) an – der heu­ti­gen Links­par­tei. Die­ser Schritt führ­te zu sei­nem Aus­schluss aus der SPD, deren Mit­glied er for­mal geblie­ben war. In der PDS war Jakob Mone­ta Mit­glied des Par­tei­vor­stan­des und Ver­ant­wort­li­cher für Gewerkschaftsarbeit.

Bereits als Schü­ler hat­te er Eng­lisch und Fran­zö­sisch gelernt, als Auto­di­dakt zudem spä­ter Hebrä­isch, Ara­bisch und Rus­sisch. Grund­kennt­nis­se in Ita­lie­nisch, Nie­der­län­disch und Spa­nisch erwei­ter­ten sei­nen gro­ßen Sprachhorizont.

Die­ses Wis­sen half ihm auch im hohen Alter, als eine akti­ve Teil­ha­be an poli­ti­schen und sozia­len Bewe­gun­gen wie dem Kampf gegen Krieg, Nazis und Atom­wirt­schaft nicht mehr mög­lich war. Denn er ver­folg­te noch in den letz­ten Mona­ten sei­nes Lebens mit wachem Inter­es­se die inter­na­tio­na­le und natio­na­le Pres­se und wid­me­te sich mit Lei­den­schaft der Lek­tü­re von Büchern. Jakob Mone­ta starb am 3. März 2012 in Frank­furt am Main.

Abschied
Über­las­sen wir Jakob zum Abschied das Schluss­wort: „Wer nicht im KZ [und wir fügen hin­zu: oder im GULAG, wa] ermor­det, nicht in den Gas­kam­mern umge­bracht wur­de, wer nicht in den impe­ria­lis­ti­schen Krie­gen gefal­len ist, hat kein Recht dazu, den Kampf für den Sozia­lis­mus aufzugeben.“

Oder etwas weni­ger pathe­tisch: „Wir müs­sen den Kampf um die Köp­fe der Men­schen begin­nen, die sich von der Wett­be­werbs­ideo­lo­gie bene­beln las­sen. Unse­re Losung muss sein: ‚Die Men­schen sind nicht für die Wirt­schaft da. Die Wirt­schaft ist für die Men­schen da.’“


Aus­ge­wähl­te Literaturtipps
• Anna Armand [i. e. Jakob Mone­ta], Kein Kre­dit für Hel­mut Schmidt, Frank­furt a. M. 1974.
• Jakob Mone­ta, Auf­stieg und Nie­der­gang des Sta­li­nis­mus, Frank­furt a. M. o. J. [1976].
• Ders., Streiks und Aus­sper­run­gen in der BRD, Frank­furt a. M. 1984.
• Ders., Mehr Macht für die Ohn­mäch­ti­gen, Frank­furt a. M. 1991.
• Ders., Soli­da­ri­tät im Zeit­al­ter des Skep­ti­zis­mus, Sozia­lis­ti­sche Texte_1, Köln 2004.

Film­tipp
• Jakob Mone­ta, Jude-Gewerk­schaf­ter-Sozia­list, Sta­tio­nen eines Le bens im 20 Jahr­hun­dert, Ein Film von Juri Häl­ker, Sup­ple­ment der Zeit­schrift Sozia­lis­mus 11/2006.


* [Die­ser Text wur­de ursprüng­lich als Nach­ruf auf Jakob Mone­ta in Avan­ti, Zei­tung des RSB, Nr. 197 von April 2012 ver­öf­fent­licht. Wir geben ihn unver­än­dert wieder.]

Aus Theo­rie­bei­la­ge Avan­ti² Rhein-Neckar Novem­ber 2022
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