1. Mai in Mannheim

Die Not­wen­dig­keit der Solidarität

 

H. N.

Mehr Lohn, Frei­zeit, Sicher­heit“ − dem offi­zi­el­len DGB-Mot­to zum 1. Mai 2024 war anzu­mer­ken, dass es vor dem Auf­schwung der anti­fa­schis­ti­schen Mas­sen­be­we­gung im Janu­ar fest­ge­legt wor­den war. Im DGB-Kreis­ver­band Mann­heim / Rhein-Neckar West wur­de des­halb die Ergän­zung „Mehr Anti­fa!“ beschlossen.

DGB-Demo in Mannheim, 1. Mai 2024. (Foto: Avanti².)

DGB-Demo in Mann­heim, 1. Mai 2024. (Foto: Avanti².)

Laut DGB betei­lig­ten sich an Demo und Kund­ge­bung rund 2.500 Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen. Auf jeden Fall war die Betei­li­gung stär­ker als 2023 und die Demo kämpferischer.

Betrieb­li­che Trans­pa­ren­te wie das von Als­tom Mann­heim „Mobi­li­täts­wen­de? Ja, aber mit uns!“ waren lei­der sehr rar. Posi­tiv fie­len eini­ge gewerk­schaft­li­che Ban­ner auf, zum Bei­spiel das der IGBCE-Orts­grup­pe Wein­heim „Soli­da­ri­tät ist unse­re Stär­ke!“ oder jenes der DGB-Jugend Nord­ba­den „Mehr Soli­da­ri­tät, Klas­sen­kampf, Antifa!“.

Laut­stark skan­dier­ten die in der IG BAU orga­ni­sier­ten und mit Putz­ei­mern aus­ge­rüs­te­ten Gebäu­de­rei­ni­ge­rin­nen „1 Euro mehr!“. Auch der „anti­ka­pi­ta­lis­ti­sche Block“ war nicht zu überhören.

Zu einem ganz beson­de­ren Moment kam es, als die Demo­spit­ze den von Schlie­ßung bedroh­ten Kauf­hof am Para­de­platz erreich­te. Dort schlos­sen sich 50 Beschäf­tig­te des Waren­haus- Kon­zerns dem Zug zum Markt­platz an. Sprech­chö­re ertön­ten: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns den Kauf­hof klaut!“ und „Kämp­fen Kauf­hof, kämpfen!“.

Die Kund­ge­bung auf dem Markt­platz fand bei Son­nen­schein und bes­ter Stim­mung statt. Wie üblich umrahm­ten zahl­rei­che Stän­de von Ein­zel­ge­werk­schaf­ten aber auch von sozia­len und poli­ti­schen Initia­ti­ven den Platz. Für die musi­ka­li­sche Beglei­tung der Mai-Fei­er sorg­ten rou­ti­niert Chris Cos­mo und Band.

Die Haupt­re­de hielt Ste­fa­nie Holtz, Bun­des­ju­gend­se­kre­tä­rin der IG Metall. Sie bezeich­ne­te es als „die größ­te Auf­ga­be unse­rer Zeit“, „die Trans­for­ma­ti­on zu gestal­ten“. Holtz for­der­te die Abschaf­fung oder wenigs­tens die Aus­set­zung der „Schul­den­brem­se“, weil ansons­ten die „enor­men Inves­ti­tio­nen in unse­re Zukunft“ nicht gestemmt wer­den könnten.

Wir kämp­fen für unse­re Zukunft!“
Die Metall­ge­werk­schaf­te­rin zeig­te sich beun­ru­higt, dass „die jun­ge Gene­ra­ti­on so pes­si­mis­tisch wie noch nie in die Zukunft blickt“. Das sei ver­ur­sacht durch die gro­ßen Sor­gen, die Infla­ti­on, Angst vor Alters­ar­mut und Woh­nungs­knapp­heit berei­te­ten, aber auch durch die gro­ßen Kri­sen wie den Krie­gen in der Ukrai­ne und im Nahen Osten oder dem „Kli­ma­wan­del“.

Holtz kri­ti­sier­te die zuneh­men­de Tarif­flucht. Nur noch jeder zwei­te Beschäf­tig­te in der BRD arbei­te zu tarif­ver­trag­lich fest­ge­leg­ten Bedin­gun­gen. Es sei des­halb erfor­der­lich, für eine Stär­kung der Gewerk­schaf­ten und gegen eine Ein­schrän­kung des Streik­rechts zu kämpfen.

Wie bei den Mai-Kund­ge­bun­gen in den Jah­ren zuvor war der Gewerk­schafts­ju­gend auch die­ses Mal ein beson­de­rer Platz im Pro­gramm vor­be­hal­ten. Mit ihrer zu mehr Enga­ge­ment und zu mehr Kon­se­quenz ermu­ti­gen­den kapi­ta­lis­mus­kri­ti­schen Akti­on auf der Büh­ne erhielt sie viel zustim­men­den Beifall.

Alex­an­dra Gödi­cke vom Betriebs­rat Kauf­hof bekräf­tig­te mit ihrem Rede­bei­trag den Wil­len, die dro­hen­de Schlie­ßung der Mann­hei­mer Filia­le zu ver­hin­dern. „Wir kämp­fen für unse­re Zukunft!“ war auf dem Trans­pa­rent ihrer Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen zu lesen, deren Exis­tenz­ängs­te auf­grund der befürch­te­ten Kün­di­gun­gen sehr real sind.

Jut­ta Knapp, Betriebs­rats­vor­sit­zen­de der vom Ver­kauf bedroh­ten Mann­hei­mer Mer­ce­des Benz-Nie­der­las­sung, kün­dig­te vehe­ment wei­te­re Gegen­wehr mit den Beleg­schaf­ten der ande­ren Nie­der­las­sun­gen gegen die unver­schäm­ten Kon­zern­plä­ne an. Die Metal­le­rin schlug den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen vom Kauf­hof gemein­sa­me Pro­test­ak­tio­nen vor.

Wolf­gang Alles vom Über­be­trieb­li­chen Soli­da­ri­täts­ko­mi­tee Rhein-Neckar kri­ti­sier­te scharf das spür­ba­re Nach­wir­ken des faschis­ti­schen Arbeits­un­rechts bei der zuneh­men­den Bekämp­fung von Betriebs­rä­ten. „Nie wie­der ist jetzt!“ hei­ße in der Ar- beits­welt für die Gewerk­schaf­ten, den Auf­bau einer soli­da­ri­schen Front gegen die Angrif­fe des Kapi­tals anzugehen.

Vor dem abschlie­ßen­den, nicht ganz text­si­che­ren Sin­gen des tra­di­tio­nel­len Gewerk­schafts­lieds „Brü­der zur Son­ne, zur Frei­heit …“ rief der DGB-Kreis­vor­sit­zen­de Ralf Hel­ler zu ver­stärk­ter Ver­net­zung und zu akti­ver Soli­da­ri­tät mit den aktu­el­len Kämp­fen von Beschäf­tig­ten auf.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Juni 2024
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