ISO-Infoabend Juni 2022
K. S.
Die Inflation greift uns allen ins Portemonnaie. Doch wie lässt sich die Teuerung erklären? Vor allem aber, was können wir dagegen unternehmen?
Unser ISO-Infoabend am 24. Juni 2022 stellte die Inflationsbekämpfung von unten in den Mittelpunkt. Ausgangspunkt des einleitenden Referats war die Tatsache, dass die offizielle Steigerung der Preise um 7,9 Prozent im Mai 2022 zu einem Verteilungskonflikt geraten ist.
Durch den Krieg kommt es zu einer weiteren Inflationsdynamik, doch war die Preissteigerung schon vorher bemerkbar.
Vier Ursachen
Unser Referent nannte vier Ursachen der Preistreiberei:
1. Die Unterbrechung der Lieferketten. Es kam bereits durch die Pandemie zu Stockungen und Unterbrechungen der Transportwege und der Schließung von Zuliefererbetrieben in den Fertigungsketten.
2. Die Abwälzung der Energiewende auf die arbeitende Klasse. Die Abkehr von fossilen Brennstoffen geht mit Teuerungen von Gas, Kohle und Öl einher. Die erneuerbaren Energien sind nicht ausreichend ausgebaut, um dies aufzufangen.
3. Die Geldpolitik der Notenbanken dehnte die Geldmenge aus. Das billige Geld und die Nullzinspolitik blähten die Menge des verfügbaren Geldes auf.
4. Die „Sanktionen des Westens“ gegen Russland aufgrund des Ukraine-Krieges werden vor allem als Embargo der fossilen Energieträger geführt. Zudem gibt es Schwierigkeiten beim Ersatz der russischen Lieferungen vor allem von Gas. Doch gerade dies beschleunigt die Teuerung der Energie aufgrund der spekulativen Verknappung des Angebots.
Die explodierenden Kosten werden durch die Preissteigerungen bei Energie, Lebensmittel und anderen Waren und Dienstleistungen vor allem von den Armen und den Arbeitenden bezahlt.
Die „Lohn-Preis-Spirale“, wie sie von Kapitalseite als Begründung ins Feld geführt wird, ist Propaganda. Im Vorfeld der Inflation gab es keine „Hochlohnpolitik“. Die Preise folgen nicht den Löhnen, sondern umgekehrt. Seit Jahren liegen die Tarifabschlüsse unter der Inflationsentwicklung.
Was tun?
Unser Referent führte die gleitende Lohnskala ins Feld, um einen Ausgleich zwischen Löhnen und Inflation durchsetzen zu können. Eine Anpassung sämtlicher Löhne und Sozialleistungen (Hartz IV, Rente, Wohngeld etc.) an die Preisentwicklung sei eine historisch wirksame Gegenmaßnahme zum Schutz der Reallöhne vor der Inflation.
Die gleitende Lohnskala wurde in Europa mehrfach erprobt. Etwa in Frankreich von 1952 - 82 und in Italien von 1975 - 92. Sie ist noch immer in Kraft in Belgien seit 1919/20 und in Luxemburg seit 1921.
Der Referent beschrieb detailliert wie der Bestimmungsmechanismus über den Warenkorb und den Schwellenindex in beiden Ländern funktioniert. Das sind erfolgreiche Beispiele einer Inflationsbekämpfung im Interesse der Mehrheit und ein Kampfmittel von unten gegen die Preistreiberei. Allerdings kann der Mechanismus der gleitenden Lohnskala nicht Auseinandersetzungen um Tarifverträge ersetzen.
Ergänzt werden sollte die gleitende Lohnskala durch eine gleitende Skala der Arbeitszeit, wie sie im Übergangsprogramm der IV. Internationale gefordert wird. Die verfügbare Arbeit wird dann solange verkürzt, bis alle bei vollem Lohn- und Personalausgleich Arbeit finden können.
Doch um diese Gegenmaßnahmen durchzusetzen, braucht es massenhafte Bewegung von unten.
Fruchtbare Diskussion
In der anschließenden Diskussion wurden die Fragen gestellt: Wie seid Ihr von der Inflation betroffen? Wie fällt sie auf? Was seid Ihr bereit dagegen zu tun? Welche Möglichkeiten seht Ihr? Welche Ideen habt Ihr?
Ergebnis des Austauschs war, dass alle in irgendeiner Form die Teuerungen zu spüren bekommen. Aber auch dass eine gewisse Lähmung spürbar ist, etwas dagegen zu tun. Die Preissteigerungen sind eine Realität, auf die wir noch keine Antwort durch die Aktion gefunden haben.
Proteste, Energiepreisstreik, Tarifpolitik – das gemeinsame Handeln ist als Idee vorhanden. Doch fehlt es bisher weitgehend an kollektiver Aktion durch Demos und Streiks. Ein erster Schritt könnte es sein, die laufenden und bevorstehenden gewerkschaftlichen Entgelttarifrunden zu unterstützen. Ein zweiter, die gleitende Lohnskala zu popularisieren. Ein dritter, eine kollektive Gegenbewegung zu initiieren, die zu einer breiten sozialen Front gegen die Preistreiberei und ihre Profiteure führt.
Es müssen und können Wege gegen die „Profit-Preis-Spirale“ gefunden werden, um die verbreitete Lähmung zu überwinden. So das Fazit unseres sehr gewinnbringenden Diskussionsabends.