Infla­ti­on – Wie den Preis­trei­bern das Hand­werk legen?“

ISO-Info­abend Juni 2022

K. S.

Die Infla­ti­on greift uns allen ins Porte­mon­naie. Doch wie lässt sich die Teue­rung erklä­ren? Vor allem aber, was kön­nen wir dage­gen unternehmen?

Unser ISO-Info­abend am 24. Juni 2022 stell­te die Infla­ti­ons­be­kämp­fung von unten in den Mit­tel­punkt. Aus­gangs­punkt des ein­lei­ten­den Refe­rats war die Tat­sa­che, dass die offi­zi­el­le Stei­ge­rung der Prei­se um 7,9 Pro­zent im Mai 2022 zu einem Ver­tei­lungs­kon­flikt gera­ten ist.

Transparent der IGM-VL von Alstom Mannheim, 18. April 2012. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Trans­pa­rent der IGM-VL von Als­tom Mann­heim, 18. April 2012. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Durch den Krieg kommt es zu einer wei­te­ren Infla­ti­ons­dy­na­mik, doch war die Preis­stei­ge­rung schon vor­her bemerkbar.

Vier Ursa­chen
Unser Refe­rent nann­te vier Ursa­chen der Preistreiberei:

1. Die Unter­bre­chung der Lie­fer­ket­ten. Es kam bereits durch die Pan­de­mie zu Sto­ckun­gen und Unter­bre­chun­gen der Trans­port­we­ge und der Schlie­ßung von Zulie­fe­rer­be­trie­ben in den Fertigungsketten.

2. Die Abwäl­zung der Ener­gie­wen­de auf die arbei­ten­de Klas­se. Die Abkehr von fos­si­len Brenn­stof­fen geht mit Teue­run­gen von Gas, Koh­le und Öl ein­her. Die erneu­er­ba­ren Ener­gien sind nicht aus­rei­chend aus­ge­baut, um dies aufzufangen.

3. Die Geld­po­li­tik der Noten­ban­ken dehn­te die Geld­men­ge aus. Das bil­li­ge Geld und die Null­zins­po­li­tik bläh­ten die Men­ge des ver­füg­ba­ren Gel­des auf.

4. Die „Sank­tio­nen des Wes­tens“ gegen Russ­land auf­grund des Ukrai­ne-Krie­ges wer­den vor allem als Embar­go der fos­si­len Ener­gie­trä­ger geführt. Zudem gibt es Schwie­rig­kei­ten beim Ersatz der rus­si­schen Lie­fe­run­gen vor allem von Gas. Doch gera­de dies beschleu­nigt die Teue­rung der Ener­gie auf­grund der spe­ku­la­ti­ven Ver­knap­pung des Angebots.

Die explo­die­ren­den Kos­ten wer­den durch die Preis­stei­ge­run­gen bei Ener­gie, Lebens­mit­tel und ande­ren Waren und Dienst­leis­tun­gen vor allem von den Armen und den Arbei­ten­den bezahlt.

Die „Lohn-Preis-Spi­ra­le“, wie sie von Kapi­tal­sei­te als Begrün­dung ins Feld geführt wird, ist Pro­pa­gan­da. Im Vor­feld der Infla­ti­on gab es kei­ne „Hoch­lohn­po­li­tik“. Die Prei­se fol­gen nicht den Löh­nen, son­dern umge­kehrt. Seit Jah­ren lie­gen die Tarif­ab­schlüs­se unter der Inflationsentwicklung.

Was tun?
Unser Refe­rent führ­te die glei­ten­de Lohn­ska­la ins Feld, um einen Aus­gleich zwi­schen Löh­nen und Infla­ti­on durch­set­zen zu kön­nen. Eine Anpas­sung sämt­li­cher Löh­ne und Sozi­al­leis­tun­gen (Hartz IV, Ren­te, Wohn­geld etc.) an die Preis­ent­wick­lung sei eine his­to­risch wirk­sa­me Gegen­maß­nah­me zum Schutz der Real­löh­ne vor der Inflation.

Die glei­ten­de Lohn­ska­la wur­de in Euro­pa mehr­fach erprobt. Etwa in Frank­reich von 1952 - 82 und in Ita­li­en von 1975 - 92. Sie ist noch immer in Kraft in Bel­gi­en seit 1919/20 und in Luxem­burg seit 1921.

Der Refe­rent beschrieb detail­liert wie der Bestim­mungs­me­cha­nis­mus über den Waren­korb und den Schwel­len­in­dex in bei­den Län­dern funk­tio­niert. Das sind erfolg­rei­che Bei­spie­le einer Infla­ti­ons­be­kämp­fung im Inter­es­se der Mehr­heit und ein Kampf­mit­tel von unten gegen die Preis­trei­be­rei. Aller­dings kann der Mecha­nis­mus der glei­ten­den Lohn­ska­la nicht Aus­ein­an­der­set­zun­gen um Tarif­ver­trä­ge ersetzen.

Ergänzt wer­den soll­te die glei­ten­de Lohn­ska­la durch eine glei­ten­de Ska­la der Arbeits­zeit, wie sie im Über­gangs­pro­gramm der IV. Inter­na­tio­na­le gefor­dert wird. Die ver­füg­ba­re Arbeit wird dann solan­ge ver­kürzt, bis alle bei vol­lem Lohn- und Per­so­nal­aus­gleich Arbeit fin­den können.

Doch um die­se Gegen­maß­nah­men durch­zu­set­zen, braucht es mas­sen­haf­te Bewe­gung von unten.

Frucht­ba­re Diskussion
In der anschlie­ßen­den Dis­kus­si­on wur­den die Fra­gen gestellt: Wie seid Ihr von der Infla­ti­on betrof­fen? Wie fällt sie auf? Was seid Ihr bereit dage­gen zu tun? Wel­che Mög­lich­kei­ten seht Ihr? Wel­che Ideen habt Ihr?

Ergeb­nis des Aus­tauschs war, dass alle in irgend­ei­ner Form die Teue­run­gen zu spü­ren bekom­men. Aber auch dass eine gewis­se Läh­mung spür­bar ist, etwas dage­gen zu tun. Die Preis­stei­ge­run­gen sind eine Rea­li­tät, auf die wir noch kei­ne Ant­wort durch die Akti­on gefun­den haben.

Pro­tes­te, Ener­gie­preis­streik, Tarif­po­li­tik – das gemein­sa­me Han­deln ist als Idee vor­han­den. Doch fehlt es bis­her weit­ge­hend an kol­lek­ti­ver Akti­on durch Demos und Streiks. Ein ers­ter Schritt könn­te es sein, die lau­fen­den und bevor­ste­hen­den gewerk­schaft­li­chen Ent­gelt­ta­rif­run­den zu unter­stüt­zen. Ein zwei­ter, die glei­ten­de Lohn­ska­la zu popu­la­ri­sie­ren. Ein drit­ter, eine kol­lek­ti­ve Gegen­be­we­gung zu initi­ie­ren, die zu einer brei­ten sozia­len Front gegen die Preis­trei­be­rei und ihre Pro­fi­teu­re führt.

Es müs­sen und kön­nen Wege gegen die „Pro­fit-Preis-Spi­ra­le“ gefun­den wer­den, um die ver­brei­te­te Läh­mung zu über­win­den. So das Fazit unse­res sehr gewinn­brin­gen­den Diskussionsabends.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Juli/August 2022
Tagged , , , , . Bookmark the permalink.