„Wir müssen uns gemeinsam gegen den Kapitalismus wehren.“
E. B.
Die Hauptrede bei der Aktion am 10. Januar 2023 hielt eine Genossin der interventionistischen Linken Rhein-Neckar. Wir veröffentlichen im Folgenden einen redaktionell bearbeiteten Auszug ihres interessanten Beitrags.
“Das Problem der Inflation hat nicht erst im Herbst begonnen, und wird auch nicht in den nächsten Monaten vorbei sein. Schon seit 2021 sind die Teuerungsraten zu hoch gewesen, und sind seitdem auf immer höhere Rekordwerte geklet- tert. Inzwischen liegen diese regelmäßig bei 10 % – und das ist nur der Durchschnittswert, mit dem das tatsächliche Ausmaß der Preistreiberei verschleiert wird. Die großen Kostenpunkte im Haushalt sind viel stärker betroffen. Lebensmittel wurden etwa 20 % teurer, und die Heizkosten stiegen um 40 % − und das pro Monat!
Die sogenannten Wirtschaftsweisen sagen jetzt voraus, dass die Inflationsrate etwas absinken soll. Ob das wirklich stimmt, weiß niemand. […]
Die Politik hat schon gezeigt, dass sie nicht bereit ist, effektive Maßnahmen gegen die Inflation zu ergreifen. Immer wieder wurden Versprechungen gemacht, aber was ist wirklich bei uns angekommen? Nicht viel mehr als lächerliche Einmalzahlungen, die gegenüber der ständigen Preistreiberei nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sind. Und selbst die Gas- und Strompreisbremsen, für die sich die Regierenden ja so ausgiebig selbst gefeiert haben, lassen deutlich zu wünschen übrig. Diejenigen, die sowieso schon viel haben, profitieren von solchen Maßnahmen mit der Gießkanne näm- lich am meisten. Und sowieso kann es ja wohl kaum reichen, die Verarmung weiter Teile der arbeitenden Bevölkerung nur abzubremsen – sie muss gestoppt werden!
Preistreiberei für Profitsteigerung
Die Lösung für das Problem kann auch gar nicht im bestehenden System, dem Kapitalismus, liegen. Denjenigen, denen die Betriebe gehören, kommt die Inflation gar nicht ungelegen: Sie bietet nur eine weitere Möglichkeit, die Preise über die Steigerung der Produktionskosten hinaus zu erhöhen und so noch mehr Profit herauszuholen. Beispielsweise der Sprit: Ein Großteil der Preissteigerungen dort war hausgemacht, und zwar durch den Wettbewerb der Benzinunternehmen untereinander! Diese müssen sich ja untereinander anpassen, und wenn einer mit den Preisen hochgeht, dann auch die anderen … Und das sollen wir ausbaden? Wie soll ein System, in dem es nur um immer größere Gewinne geht, dafür sorgen, dass alle genug haben? Wie soll ein System, dass auf Ausbeutung von Mensch und Natur setzt, plötzlich fürsorglich sein?
Wir müssen uns gemeinsam gegen den Kapitalismus wehren. Wir müssen gemeinsam das System verstehen, in dem wir leben. Und wir müssen gemeinsam lernen, wie wir gerecht zusammenleben können. Und wir können jetzt schon damit anfangen!
Das ist natürlich eine große Aufgabe. Aber wir können sie angehen! Warum zum Beispiel soll aus den Grundbedürfnissen der Menschen Gewinn geschlagen werde? Warum sollen Konzerne am Verkauf von Strom, Wohnraum oder Gesundheitsversorgung profitieren? Gerade in Zeiten der Krise ist das nicht nur unmenschlich, sondern schlicht und einfach nicht logisch! Viel mehr Sinn würde es doch ergeben, wenn die Arbeitenden demokratisch entscheiden, was und wie sie produzieren wollen, und die Gesellschaft als Ganzes plant, welche Bedürfnisse wie gedeckt werden sollen. Ein Schritt in diese Richtung ist der der Vergesellschaftung: Überführen wir den Wohnraum, die Energiekonzerne, die privatisierten Krankenhäuser und so weiter in die Hände aller! In Berlin wurde in diesem Sinne 2021 erfolgreich ein Volksentscheid durchgeführt, dem zu Folge alle großen Wohnungskonzerne vergesellschaftet werden sollen, um dem Mietwahnsinn zu stoppen. Aktuell sträubt sich die Berliner Regierung gegen die Umsetzung des Entscheids, – wir wünschen den Aktiven dort viel Erfolg beim Kampf für die Durchsetzung ihrer demokratischen Entscheidung!
Wir wollen selbst handlungsfähig sein, und können uns dabei, wie wir auch in Berlin sehen nicht einfach auf Regierungen verlassen, die am Ende des Tages doch nur die Interessen der Wirtschaft umsetzen. Wir wollen nicht abhängig sein von Strukturen, die unseren Tages- und Lebenslauf bestimmen. Wir wollen nicht vor dem Vermieter buckeln, uns von Behörden und Polizei unterdrücken lassen oder unter miserablen Be- dingungen für viel zu wenig Lohn am Ar- beitsplatz schuften.
Wir können das alles doch selbst viel besser! Wir können unser Leben und unser Umfeld selbst verwalten. Wenn wir Betriebe vergesellschaften und sie so der Kontrolle der Wirtschaft entziehen, können wir selbst bestimmen was passiert. Wir brauchen viel mehr Initiativen für gemeinsame Kämpfe, gegenseitige Hilfe und praktische Vergesellschaftung. Dann sind wir in unseren täglichen Bedürfnissen nicht mehr nur auf bloße Einmal-Almosen von Politik und Wirtschaft angewiesen, sondern dann dreht sich alles darum, dass es allen gut geht. Dass alle einen Platz in dieser Welt haben und es genug für alle gibt!”