Kapitalismus oder Sozialismus?
R. G.
Der Titel unseres diesjährigen Sommerseminars der ISO Rhein-Neckar lautete „Kapitalismus: Paradies der allerletzten Generation? Sozialismus: Eine Utopie?“. Ziel war zum einen die Vertiefung des gemeinsamen Verständnisses vom aktuellen Kapitalismus. Zum anderen ging es um die Durchsetzung einer demokratischen, solidarischen und ökologischen Gesellschaft.
Die Veranstaltung war in zwei Teile gegliedert: Erstens die Darstellung des heutigen Kapitalismus und seiner Krisen und zweitens die notwendigen revolutionär-sozialistischer Alternativen zum Chaos des Profitsystems. Dokumentarische Filmausschnitte von Ernest Mandels hellsichtiger Kritik das Kapitalismus und Lieder von John Lennon und Bernd Köhler lockerten das Seminar auf.
Die apokalyptischen Reiter
Im ersten Referat ging es unter anderem um die Spaltung der Gesellschaft in unterschiedliche Klassen, um die Verteilung des Reichtums dieser Welt zu Gunsten einiger weniger und die zunehmende Konzentration von Kapital und Macht.
Sehr eindrücklich zeigte der Referent die Folgen und das Elend der aktuellen Krisen des Kapitalismus. Dazu übernahm er das biblische Bild der vier apokalyptischen Reiter. Diese stünden für Krieg, Tod, Hunger und Seuchen und seien ein passendes Symbol für die Schrecken des globalen Kapitalismus.
Mit statistischen Weltkarten gelang es, die enorme Ungerechtigkeit des herrschenden Systems einprägsam zu vermitteln. So seien die Menschen in den armen und weniger entwickelten Länder von Hunger, fehlender Schulbildung, mangelnder Gesundheitsversorgung und Krieg besonders betroffen.
Kapitalismus abschaffen
Der zweite Vortrag bot einen anspruchsvollen Einstieg in die Theorie des revolutionären Marxismus. Unter anderem behandelte er das Wesen des bürgerlich-kapitalistischen Staats, das Verhältnis von Reform und Revolution sowie unsere strategischen Vorschläge zur Überwindung des Kapitalismus.
Ausgehend von dem Beispiel und den Erfahrungen der Pariser Kommune sowie den folgenden Revolutionen habe sich die Rätedemokratie als Gegenmodell zur bürgerlichen Klassengesellschaft erwiesen. Sie sei das direkte Ergebnis der Selbstorganisation und Eigenaktivität der arbeitenden Klasse und für diese die einzige Möglichkeit, ihre Interessen durchzusetzen. Im bürgerlichen Staat sei dies nicht möglich, da dieser untrennbar mit dem Kapitalismus und den Profitinteressen der herrschenden Klasse verknüpft sei.
Zum Schluss behandelte unser Referent die Frage, wie der Kapitalismus überwunden werden kann. Angesichts der Krisenhaftigkeit dieses Systems und des unterent- wickelten politischen Klassenbewusstseins der Arbeitenden sei ein Programm von Übergangsforderungen notwendig. Forderungen, die Massenmobilisierungen ermöglichen und sich im Kapitalismus nicht vollständig umsetzen lassen.
Beispiele für solche Forderungen seien zum einen die systematische Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Personal- und Lohnausgleich zur Bekämpfung von Erwerbslosigkeit und Armut, zum anderen die gleitende Lohnskala, die die Löhne kontinuierlich an die Preissteigerungen anpasse.
Breitgefächerte Diskussionen
Die Diskussionen berührten zahlreiche Themen des alltäglichen kapitalistischen Wahnsinns in Deutschland und der Welt. Nicht weniger intensiv wurde die Rätedemokratie sowie ihr historischer Hintergrund und ihre Funktionsweise diskutiert.
Unser Seminar bot den Teilnehmenden einen interessanten Gedankenaustausch, intensive Anregungen durch neue oder bereits bekannte Ideen und letztendlich eine Bereicherung für das eigene Denken und Handeln.