Bewe­gung gegen Faschis­mus − Wie weiter?

 

U. D.

Wir erle­ben zur­zeit die größ­te anti­fa­schis­ti­sche Mas­sen­be­we­gung in Deutsch­land seit der Nie­der­la­ge des brau­nen Ter­ror­re­gimes 1945. Aber den gesell­schaft­li­chen Rechts­ruck kön­nen die Pro­tes­te nur dann wirk­lich umkeh­ren, wenn sie auch des­sen Wur­zeln bekämpfen.

Demo gegen Rechts in Mannheim, 27. Januar 2024. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Demo gegen Rechts in Mann­heim, 27. Janu­ar 2024. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Seit Jah­ren befin­den sich die Faschis­ten von AfD & Co. im Auf­wind. Ras­sis­ti­sche und faschis­ti­sche Posi­tio­nen fin­den immer brei­te­re Zustim­mung und sind längst in der „bür­ger­li­che Mit­te“ ange­kom­men. Ob Kri­se, Coro­na, Flucht, Frau­en­rech­te, Rech­te für sexu­el­le Min­der­hei- ten, Gen­der­spra­che, Streik­recht oder Kli­ma­zer­stö­rung, immer wie­der gelingt es den Faschis­ten, mit ihren völ­kisch-ras­sis­ti­schen Kam­pa­gnen die poli­ti­schen Koor­di­na­ten nach rechts zu verschieben.

Die jet­zi­ge Mas­sen­be­we­gung ist ein wich­ti­ger Befrei­ungs­schlag gegen die­sen Rechts­ruck. Sie hat mit ihrer Dyna­mik den gesell­schaft­li­chen Raum für Faschis­ten enger gemacht. Anti-Faschis­mus, Anti-Ras­sis­mus, demo­kra­ti­sche Grund- und Men­schen­rech­te wer­den öffent­lich und posi­tiv besetzt. Dies ist eine gro­ße Ermu­ti­gung, im per­sön­li­chen Lebens- und Arbeits­um­feld gegen rech­te Het­ze Posi­ti­on zu beziehen.

Vor­wärts und nichts vergessen …
Die Brei­te der Bewe­gung ist beein­dru­ckend und ein Teil ihrer Stär­ke. Daher ist es rich­tig, mit ande­ren poli­ti­schen Strö­mun­gen gemein­sam gegen den Faschis­mus zu demons­trie­ren − auch mit SPD, FDP, Grü­nen und CDU/CSU.

Dabei darf jedoch weder ver­ges­sen noch ver­schwie­gen wer­den, dass deren Poli­tik den Auf­stieg der Faschis­ten ermög­licht hat. Ihre Poli­tik im Inter­es­se des Kapi­tals wälzt die Las­ten der Kri­sen auf die arbei­ten­de Klas­se und die Aus­ge­grenz­ten ab. Sie steht für wei­te­ren sozi­al­po­li­ti­schen Kahl­schlag, Auf­rüs­tung, Abbau demo­kra­ti­scher Rech­te, Bekämp­fung von Geflüch­te­ten, Fle­xi­bi­li­sie­rung der Arbeits­welt, Steu­er­erleich­te­rung für Unter­neh­men und Rei­che und für vie­les ande­re mehr. Für sie steht der „eige­ne“ Staat und die „eige­ne“ Wirt­schaft in Kon­kur­renz zum Rest der Welt.

Die­se Poli­tik führt am Ende nicht nur in den Krieg, son­dern stärkt auch die ideo­lo­gi­schen Grund­la­gen für völ­kisch-natio­na­lis­ti­sches Den­ken und Faschismus.

Doch für den Rechts­ruck trägt nicht nur die „bür­ger­li­che Mit­te“ Ver­ant­wor­tung. Denn weder die Links­par­tei noch die gesam­te poli­ti­sche Lin­ke haben es geschafft, sich als glaub­wür­di­ge und kon­se­quen­te sozia­lis­ti­sche Alter­na­ti­ve in der arbei­ten­den Klas­se auf­zu­bau­en. Und nicht zuletzt haben auch Gewerk­schaf­ten und deren büro­kra­ti­sche Füh­run­gen an Glaub­wür­dig­keit ver­lo­ren. Anstatt der neo­li­be­ra­len und natio­na­lis­ti­schen Stand­ort­po­li­tik zu Guns­ten des Kapi­tals ent­ge­gen­zu­tre­ten, tra­gen sie nach wie vor die­se Poli­tik mit. So konn­ten sich natio­na­lis­ti­sche, neo­li­be­ra­le und ras­sis­ti­sche Ideo­lo­gien auch in der Arbeits­welt immer stär­ker ausbreiten.

Genug ist nicht genügend …
Die aktu­el­le Mas­sen­be­we­gung hat unbe­strit­ten eine gro­ße Bedeu­tung, aber sie reicht nicht aus, um den Rechts­ruck umzu­keh­ren. Die jüngs­ten Umfra­gen zei­gen, dass AFD & Co. trotz der zahl­rei­chen Pro­tes­te bis­her erstaun­lich wenig Wahl­pro­zen­te ver­lo­ren haben. Die media­le Reich­wei­te des Faschis­mus ist unver­än­dert groß. Aber es ist erst­mals gelun­gen, auf einer Mas­se­ne­be­ne die Faschis­ten in die Defen­si­ve zu bringen.

Die größ­te Schwä­che der Bewe­gung ist, dass sie bis­her nicht die kapi­ta­lis­ti­schen Wur­zeln des Faschis­mus erkennt und bekämpft. Der Faschis­mus ist untrenn­bar mit dem Kapi­ta­lis­mus ver­bun­den! Die­ses Wis­sen und die­se Erfah­rung waren nach der Nie­der­la­ge des Faschis­mus 1945 selbst in bür­ger­li­chen Par­tei­en vor­han­den. 80 Jah­re spä­ter stellt die gro­ße Mehr­heit den Kapi­ta­lis­mus nicht mehr in Frage.

Was tun?
Der Kampf gegen Faschis­mus muss mit der Gegen­wehr gegen die kapi­ta­lis­ti­sche Kri­sen­po­li­tik auf allen Ebe­nen ver­bun­den wer­den. Das bedeu­tet unter anderem:

• Über den Faschis­mus, sei­ne Wur­zeln und sei­ne Funk­ti­on aufklären
• Aktiv anti­fa­schis­ti­sche Bünd­nis­se stär­ken und eine soli­da­ri­sche Front aufbauen
• Auf allen Ebe­nen Wider­stand gegen die kapi­ta­lis­ti­schen Kri­sen organisieren
• Alter­na­ti­ven zum Kapi­ta­lis­mus popu­lär machen
• „Sozi­al­part­ner­schaft“ und Stand­ort­den­ken bekämpfen
• Soli­da­risch und inter­na­tio­nal gegen Kon­zer­ne und Kapi­tal vorgehen.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar März 2024
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