Was tun gegen Faschis­mus und Rassismus?

 

H. N.

Seit dem 12. Janu­ar 2024 haben im gan­zen Land 1.839 Pro­test­ak­tio­nen gegen AfD und Faschis­mus mit mehr als 3,7 Mil­lio­nen Betei­lig­ten statt­ge­fun­den (Stand 26.04.2024). Das ist groß­ar­tig. Aber es reicht nicht gegen den anhal­ten­den Rechts­ruck aus.

Protest gegen AfD-Veranstaltung in Mannheim-Rheinau, 26. April 2024. (Foto: Privat.)

Pro­test gegen AfD-Ver­an­stal­tung in Mann­heim-Rhein­au, 26. April 2024. (Foto: Privat.)

Vor über 100 Jah­ren ent­stand eine neue Bewe­gung zur Ver­tei­di­gung des Kapi­ta­lis­mus – der Faschis­mus. Er konn­te sich durch­set­zen, weil sei­ne Geg­ner ihn unter­schätz­ten und kei­ne Ein­heits­front zu sei­ner Bekämp­fung organisierten.

Das Ver­sa­gen der alten Arbei­ter­be­we­gung (Gewerk­schaf­ten, KPD und SPD) hat den Sieg des Faschis­mus 1933 auch in Deutsch­land ermöglicht. 
Die aktu­el­len bedroh­li­chen Kri­sen des Kapi­ta­lis­mus wer­den durch die „alter­na­tiv­lo­se“ neo­li­be­ra­le Poli­tik im Inter­es­se einer win­zi­gen Schicht von Mul­ti­mil­li­ar­dä­ren und den damit ver­bun­de­nen Rechts­ruck ver­stärkt. Die dafür ver­ant­wort­li­chen Par­tei­en (CDU/CSU, FDP, Grü­ne, SPD) haben mas­siv an Glaub­wür­dig- keit und auch an Unter­stüt­zung bei Wah­len verloren.

Die sehr weit­ge­hen­de Anpas­sung der Gewerk­schaf­ten und der Lin­ken an die herr­schen­den Ver­hält­nis­se hat neben ande­ren Fak­to­ren nicht nur deren eige­nen Nie­der­gang, son­dern auch den auf­halt­ba­ren Auf­stieg der AfD begünstigt.

1932 hat der bedeu­tends­te Ana­ly­ti­ker der Nazi-Bewe­gung, Leo Trotz­ki, den Faschis­mus als „ein beson­de­res Staats­sys­tem, begrün­det auf der Aus­rot­tung aller Ele­men­te pro­le­ta­ri­scher Demo­kra­tie in der bür­ger­li­chen Gesell­schaft“ beschrie­ben. Des­sen Auf­ga- be sah er dar­in, den „blo­ßen“ Kapi­ta­lis­mus gewalt­sam abzu­si­chern und die arbei­ten­de Klas­se im Zustand erzwun­ge­ner Zer­split­te­rung zu halten.

Das „Recht des Stärkeren“
Damit konn­te der Faschis­mus die Vor­aus­set­zung für die Errich­tung einer aggres­si­ven Dik­ta­tur des Kapi­tals schaf­fen. Sie setz­te nach innen und nach außen das „Recht des Stär­ke­ren“ blu­tig durch.

Der anti­fa­schis­ti­sche Wider­stands­kämp­fer Ernest Man­del hat bereits 1969 in einem mehr­stu­fi­gen Modell Trotz­kis Faschis­mus­ana­ly­se zusam­men­ge­fasst und für die heu­ti­ge Zeit aktua­li­siert. Dem­nach folgt der poli­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Kri­se zunächst die Ver­schär­fung des Klas­sen­kampfs von oben. In einer drit­ten Stu­fe ist ein star­kes Wachs­tum von Irra­tio­na­lis­mus und faschis­ti­scher Bewe­gung fest­zu­stel­len. Sie mar­kiert ent­schei­den­de Kipp­punk­te einer bedroh­li­chen Ent­wick­lung, die nun nur noch durch die Schaf­fung einer anti­fa­schis­ti­schen Ein­heits­front gestoppt wer­den kann.

Die sozia­len, wirt­schaft­li­chen und öko­lo­gi­schen Ver­hee­run­gen infol­ge des sich seit Ende der 1970er Jah­re durch­set­zen­den Neo­li­be­ra­lis­mus erlaub­ten der AfD sich als „Alter­na­ti­ve“ zu pro­fi­lie­ren. Sie punk­tet mit „popu­lis­ti­scher“ Pole­mik gegen die „Alt­par­tei­en“. Hetz­kam­pa­gnen die­nen ihr zur Mobi­li­sie­rung von Vor­ur­tei­len gegen „Sün­den­bö­cke“ (Geflüch­te­te …), die mil­lio­nen­fach im Inter­net ver­stärkt werden.

Das anfäng­li­che Ver­schlei­ern der eige­nen Zie­le, eine fre­che Recht­fer­ti­gung der Nazi-Dik­ta­tur, vor allem aber das Anknüp­fen an Ängs­ten vor dem sozia­len Abstieg ermög­lich­ten der AfD, sich eine Mas­sen­ba­sis auf der Ebe­ne von Wah­len zu schaffen.

Dies erlaub­te dem faschis­ti­schen Spek­trum, von der Andeu­tung zum Sagen des Unsag­ba­ren über­zu­ge­hen. Nun geht es um die Vor­be­rei­tung der Umset­zung des Gesag­ten nach der Über­nah­me poli­ti­scher Machtpositionen.

Jetzt aktiv werden!
Jede ein­zel­ne anti­fa­schis­ti­sche Per­son kann zur Orga­ni­sie­rung von Wider­stand bei­tra­gen. Die kon­kre­te Auf­klä­rung durch per­sön­li­che Gesprä­che über die men­schen­ver­ach­ten­den Zie­le des Faschis­mus im All­tag ist ein guter Anfang (in der Fami­lie, im Freun­des­kreis, in der Aus­bil­dung, bei der Arbeit, in der Gewerkschaft …).

Eine sys­te­ma­ti­sche Besei­ti­gung von rech­ten Hetz­pa­ro­len im öffent­li­chen Raum und ihr Erset­zen durch anti­fa­schis­ti­sche Losun­gen zum Bei­spiel mit Auf­kle­bern ist ein leicht durch­führ­ba­rer wei­te­rer Schritt.

Die Ver­tei­di­gung von Men­schen- und Grund­rech­ten kann an prak­ti­schen Bei­spie­len ver­mit­telt wer­den (Ursa­chen von Flucht, sozia­ler Unge­rech­tig­keit …). Der nach­weis­ba­ren Ver­bin­dung von Pro­fit­gier, Kriegs­trei­be­rei, Ras­sis­mus und Faschis­mus ist die soli­da­ri­sche Ver­tei­di­gung unse­rer eige­nen Inter­es­sen gegen die der Herr­schen­den ent­ge­gen­zu­stel­len. Ent­schei­dend ist hier­bei, am Bewusst­sein und den Pro­ble­men des jewei­li­gen Umfel­des anzuknüpfen.

Vor allem – aber nicht nur – in der Arbeits­welt gilt es, kon­ti­nu­ier­lich und orga­ni­siert Pro­test und Wider­stand gegen Faschis­mus zu stär­ken. Das bedeu­tet kon­kret, anti­fa­schis­ti­sche Bünd­nis­ar­beit und Ver­net­zung zu för­dern und den Auf­bau einer ört­lich und über­ört­lich wirk­sa­men soli­da­ri­schen Front zu unterstützen.

Von beson­de­rer Bedeu­tung ist das Wer­ben für Streik­ak­tio­nen als ent­schei­den­des Mit­tel der Gegen­wehr. Der Kampf gegen die faschis­ti­sche Bedro­hung kann letzt­lich nur außer­par­la­men­ta­risch gewon­nen werden!

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Mai 2024
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