Als­tom: Per­so­nal­ab­bau, Schlie­ßun­gen, Verlagerungen …

Unse­re Chan­ce – Résistance!“

 

H. N.

Eines ist unbe­streit­bar: Das Manage­ment von Als­tom, eines welt­weit agie­ren­den Her­stel­lers von Schie­nen­fahr­zeug­tech­nik, bleibt im Auf­trag der Haupt­ak­tio­nä­re sei­ner bis­he­ri­gen Stra­te­gie treu. Sie ist nicht ganz neu und heißt „Dik­ta­tur der Zah­len“. Ihre Erfin­dung bean­spruch­te 1981 Jack Welch, damals Boss von Gene­ral Elec­tric und bald danach „bes­ter Mana­ger aller Zeiten“.

Warnstreik bei Alstom in Mannheim, 23. März 2021.  (Foto: Helmut Roos.)

Warn­streik bei Als­tom in Mann­heim, 23. März 2021. (Foto: Hel­mut Roos.)

Welchs Leit­spruch zur Erzeu­gung maxi­ma­ler Pro­fi­te in den Toch­ter­fir­men von Gene­ral Elec­tric lau­te­te: „Fix it, sell it or clo­se it“. Sinn­ge­mäß auf Deutsch bedeu­tet das: „Struk­tu­rie­re sie um, ver­kau­fe sie oder mache sie platt.“

Welchs Spitz­na­me „Neu­tro­nen-Jack“ lei­te­te sich aus sei­ner gna- den­lo­sen Kriegs­füh­rung gegen GE-Stand­or­te und deren Beschäf­tig­te ab. Nicht ver­ges­sen wer­den soll­te, dass Welch auch ein noto­ri­scher Gewerk­schafts­feind war.

In Mann­heim-Käfer­tal sind die ver­hee­ren­den Fol­gen die­ses skru­pel­lo­sen Vor­ge­hens auf dem ehe­mals zu Als­tom Power gehö­ren­den Indus­trie­are­al nicht zu über­se­hen. Nur weni­ge hun­dert Meter davon ent­fernt befin­det sich der Stand­ort der heu­ti­gen Als­tom Trans­port Deutschland.
Rund 1.000 Men­schen sind dort tätig. Nach der Ankün­di­gung eines Stel­len­ab­baus durch die Kon­zern­lei­tung im Okto­ber geht auch bei ihnen erneut die Angst vor Ver­lust des Arbeits­plat­zes um.

Kahl­schlag­pro­gramm
Kern­punk­te des als neu­er „Deutsch­land Foot­print“ bezeich­ne­ten Kahl­schlag­pro­gramms von Als­tom in Deutsch­land sind unter ande­rem die Schlie­ßung der tra­di­ti­ons­rei­chen Fabrik für Wag­gon­bau in Gör­litz im März 2026, die Schlie­ßung des Zug­neu­baus in Ber­lin-Hen­nigs­dorf, eine Ver­la­ge­rung des dor­ti­gen Be- reichs für Antriebs­tech­nik nach Indi­en sowie die Umwand­lung des Werks in einen Ser­vice- und IT-Stand­ort. Dafür sol­len die Ser­vice-Akti­vi­tä­ten von Kas­sel nach Hen­nigs­dorf trans­fe­riert wer­den. Für Als­tom Sie­gen ist − wie übri­gens auch für den gesam­ten Ange­stell­ten­be­reich in der BRD − ein noch nicht bezif­fer­ter Per­so­nal­ab­bau geplant.

Außer­dem ist Als­tom Mann­heim mas­siv von den zer­stö­re­ri­schen Vor­ha­ben der Kon­zern­lei­tung betrof­fen. So soll das Repa­ra­tur-Geschäft nach Hen­nigs­dorf ver­la­gert wer­den, die Pro­duk­ti­on von Neu­bau-Pro­to­ty­pen ins bas­ki­sche Trá­pa­ga, die Neu­bau-Pro­jekt­ent­wick­lung und Pro­to­ty­pen­fer­ti­gung „Green Trac­tion“ ins fran­zö­si­sche Tar­bes, der Digi­tal-Bereich D&IS sowie die ent­spre­chen­den Repa­ra­tur- und War­tungs-Tätig­kei­ten eben­falls nach Hen­nigs­dorf. Das im Kon­zern ein­zig­ar­ti­ge Trak­ti­ons-Test­la­bor steht vor dem Aus.

Nach der­zei­ti­gem Stand sol­len in Mann­heim min­des­tens 140 Arbeits­plät­ze abge­baut wer­den. Der Ver­kauf des gesam­ten Werks­ge­län­des steht auf der Agen­da. Die rest­li­che Beleg­schaft soll in ein noch zu erwer­ben­des Büro­ge­bäu­de umge­sie­delt wer­den − mög­li­cher­wei­se außer­halb des Gel­tungs­be­reichs der Tarif­ver­trä­ge der IGM Baden-Württemberg.

Wett­be­werbs­fä­hig­keit
An die­ser Stel­le ist ein Blick zurück erfor­der­lich: Am 9. Juni 2023 hat­ten Als­tom und die IG Metall einen „Zukunfts­ta­rif­ver­trag“ für die rund 9.600 Beschäf­tig­ten an 13 Stand­or­ten hier­zu­lan­de geschlos­sen. Er soll­te unter ande­rem „Wei­chen für mehr Wett­be­werbs­fä­hig­keit in Deutsch­land“ stel­len sowie Arbeits­plät­ze und Stand­or­te in Deutsch­land für die nächs­ten drei Jah­re sichern. Die­se Ver­ein­ba­rung wur­de mit dem Ver­zicht auf tarif­li­che Leis­tun­gen erkauft. Sie ist nun offen­kun­dig nicht mehr das Papier wert, auf dem sie unter­zeich­net wor­den war.

Die Mann­hei­mer Als­tom-Beleg­schaft kann sich jeden­falls in ihrer Ableh­nung die­ses „Deals“ bestä­tigt sehen.

Wider­stand
Sowohl der Gesamt­be­triebs­rat von Als­tom Deutsch­land als auch der Mann­hei­mer Betriebs­rat haben Wider­stand gegen die aggres­si­ven Plä­ne der Kon­zern­füh­rung ange­kün­digt. Sie zwei­feln die als Recht­fer­ti­gung vom Manage­ment ins Feld geführ­ten „Argu­men­te“ und deren Schlüs­sig­keit offen an.

Die Erfolgs­aus­sich­ten des Wider­stands hän­gen von meh­re­ren Fak­to­ren ab. Gelingt es, nicht nur an den ein­zel­nen deut­schen Als­tom-Stand­or­ten, son­dern bun­des­weit eige­ne Alter­na­ti­ven und eine akti­ve Gegen­wehr zu ent­wi­ckeln? Gelingt es fer­ner, den Wider­stand im Kon­zern inter­na­tio­nal zu orga­ni­sie­ren? Und nicht zuletzt: Wie kann ein Bünd­nis mit der Bewe­gung für die Wen­de zum Schie­nen­ver­kehr geschaf­fen werden?

Die IG Metall ist jetzt gefor­dert, eine kämp­fe­ri­sche, auch gesell­schafts- und ver­kehrs­po­li­tisch begrün­de­te Per­spek­ti­ve jen­seits der Rou­ti­ne von Inter­es­sen­aus­gleich- und Sozi­al­plan­ver­hand­lun­gen aufzuzeigen.

Unse­re Chan­ce – Résis­tance!“ gilt heu­te mehr denn je.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Novem­ber 2024
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