„Sozial-ökologischer Umbau oder profitgetriebener industrieller Kahlschlag?“
K. M. / M. G.
Am Dienstag, den 22. Oktober 2024, fand im vollbesetzten Konferenzraum der Mannheimer IG Metall die sehr interessante Veranstaltung „Sozial-ökologischer Umbau oder profitgetriebener industrieller Kahlschlag?“ statt.
Nach der Vorführung des gelungenen Films „Verkehrswendestadt Wolfsburg“ gab es die Möglichkeit zur Diskussion mit Tobi Rosswog, einem Aktiven der Kampagne „VW steht für VerkehrsWende“. Dazu eingeladen hatten das Aktionsbündnis „Wir zahlen nicht für Eure Krise!“ sowie attac Mannheim und das Überbetriebliche Solidaritätskomitee Rhein-Neckar.
Tobi Rosswog gab in der auf die Filmvorführung folgenden Diskussion wichtige Einblicke über das Entstehen und die gesellschaftliche Wirkung des Films.
Im August 2022 ging eine Handvoll kreativer Aktivist:innen für zwei Jahre nach Wolfsburg, ins Herz der deutschen Automobilindustrie. Ihr Anspruch war es, den automobilen Konsens aufzubrechen.
Durch kreative Kampagnen und vielfältige Aktionen gelang es ihnen, gemeinsam mit kämpferischen, in der IG Metall organisierten Arbeiter:innen Alternativen für eine Verkehrswende aufzuzeigen. Die dabei gewonnenen Erfahrungen werden anschaulich im Film dokumentiert.
Konkrete Utopien
Die Dokumentation benennt Möglichkeiten, wie das zentrale Thema eines sozial-ökologischen Umbaus der Autoindustrie umgesetzt werden kann − weg vom Individualverkehr und hin zu einer weitgehend emissionsfreien Mobilität.
Der Volkswagen- bzw. VW-Stadt Wolfsburg wird die konkrete Utopie einer VerkehrsWendestadt (VW) entgegenstellt. Im Rahmen einer industriellen Konversion könnten dort zukünftig in zunehmender Ergänzung und möglichst weitgehender Ersetzung der Fertigung von Autos zum Beispiel Fahrzeuge für den Schienenverkehr und Busse für den Öffentlichen Personennahverkehr produziert werden.
Im Film entwickeln Arbeiter:innen des VW-Konzerns gemeinsam mit den Umweltaktivist:innen solidarische Perspektiven, die sich sowohl an den Interessen der Beschäftigten als auch an dem Schutz der Umwelt orientieren.
Mit einem beispielhaften Aktivismus und einer begleitenden Öffentlichkeitsarbeit wurden sowohl die meist bei VW arbeitenden Menschen in der Region als auch die Konzernspitze mit den Inhalten der Kampagne „VW steht für VerkehrsWende“ konfrontiert und zur Auseinandersetzung da- mit veranlasst.
Dass die Aktionen der kreativen Aktivist:innen und kämpferischen Arbeiter:innen auch öffentliche Wirkung zeigten, wurde in weit über 100 lokalen, bundesweiten und internationalen Medienberichten deutlich.
Repressive Maßnahmen
Das hinderte staatliche und städtische Stellen nicht, im Interesse der Konzernführung gegen die in der Kampagne Aktiven mit repressiven Maßnahmen vorzugehen. Es gab Hausdurchsuchungen am Anfang und am Ende der Kampagne, viele Prozesse so- wie ein Kooperationsverbot aller städtischen Einrichtungen durch den CDU-Oberbür- germeister.
Bedauerlicherweise fehlt bisher weitgehend die Bereitschaft der Mehrheit des VW- Betriebsrats und auch von Verantwortlichen der örtlichen IG Metall-Geschäftsstelle, sich des schwierigen Themas des sozialen und ökologischen Umbaus des VW-Konzerns intensiver anzunehmen.
Mit dem aktuell angekündigten industriellen Kahlschlag bei VW mit angedrohten Werksschließungen, Massenentlassungen und einem massiven Lohnverzicht wird die besondere Zuspitzung des Interessengegensatzes zwischen Kapital und Arbeit deutlich.
Kein „Weiter so“
Damit die Profite der Hauptaktionäre wie Wolfgang Porsche oder dem Emirat Katar weiter sprudeln, setzt die Konzernspitze auf ein „Weiter so“ und will vor allem „Personalkosten“ einsparen.
Die aktuellen Beispiele des Autokonzerns VW, des global agierenden Zulieferers ZF oder des Bahntechnikherstellers Alstom beleuchten grell die Krise des herrschenden Wirtschaftssystems und der ihm dienenden Politik. Gewinne sollen weiterhin auf Kosten der Beschäftigten, der Natur und der Sozialversicherungen absoluten Vorrang haben.
Der gelungene Filmabend machte deutlich, dass der notwendige sozial-ökologische Umbau der Autoindustrie nicht ohne weitreichende Veränderungen stattfinden kann.
Unabdingbar ist dafür die Wende hin zu einer Fertigung von Produkten, die zur Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse erforderlich sind und der Naturzerstörung Einhalt gebieten. Das erfordert einer- seits eine massive Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnverlust und ohne Erhöhung der Arbeitsintensität und andererseits eine demokratische Vergesellschaftung der Produktion unter der Kontrolle der dort Arbeitenden.