ISO-Infoabend im April
R. G.
Thema unseres April-Infoabends war die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Diese wird von Managern und neoliberalen Scharfmachern erneut in Frage gestellt. Kein April-Scherz, sondern knallharte Politik im Interesse der Profite auf Kosten der arbeitenden Klasse.

Am 24. Oktober 1956 begann der Metallerstreik. (Grafik: Avanti².)
1996 kürzte die Kohl-Regierung die Lohnfortzahlung auf 80 Prozent. Damals kam es zu gewerkschaftlichen Protesten und Kurzstreiks vor allem im Bereich der IGM. Diese verhinderten die Aushebelung der tariflich garantierten Lohn- fortzahlung. Erst 1999 wurde die 100-Prozent-Regelung von der Regierung Schröder wieder in Kraft gesetzt.
Dass Arbeiter:innen – wie Angestellte – ab dem ersten Krankheitstag Lohnfortzahlung erhalten, war nicht selbstverständlich und kein Geschenk der Bosse. Dafür musste 1956/57 ein 114-tägiger, harter und entbehrungsreicher Streik geführt werden. An ihm waren rund 34.000 Metallarbeiter des IGM-Bezirks Küste beteiligt. Das Streikergebnis öffnete die Tür zur gesetzlichen Regelung, die 1969 erfolgte.
Rahmenbedingungen
Es gab wichtige Faktoren, die diesen Streik letztendlich zum Erfolg führten:
• Die schlechten Arbeitsbedingungen auf den Werften, die immer wieder zu schweren und tödlichen Unfällen führten.
• Die niedrigen Löhne, die Arbeiter zwangen, auch krank zur Arbeit zu gehen.
• Kommunistische Betriebsräte auf den Werften, die den Nazi-Terror überlebt hat ten und wichtige Träger der gewerkschaftlichen Kampfkraft waren.
• Der starke Zusammenhalt der Streikenden. Wer in Not geriet, erhielt Hilfe und Unterstützung von Nachbarn oder Kollegen.
• Die große gewerkschaftliche Solidarität. So spendeten Mannheimer IG-Metall-Miglie der Weihnachtspakete für die Streikenden.
• Der Gewerkschaftsapparat war noch nicht so „mächtig“ wie heute. Deshalb wurden die ersten Verhandlungsergebnisse abgelehnt und der Streik gegen den Willen der IGM-Hauptamtlichen fortgesetzt.
• Der große politisch-moralische Rückhalt, den die Streikenden von ihren Familien erfuhren. Obwohl Frauen und Kinder von dem Streik und den Drohungen der Kapitalseite massiv betroffen waren, bestärkten sie die Streikenden und versorgten die Streikposten mit Essen und Getränken.
All dies darf nicht vergessen werden, wenn die Chefetagen erneut zum Angriff auf die Lohnfortzahlung blasen. Dass heute die Gewerkschaftsspitzen dagegen nicht sofort massiv Position beziehen und mobil machen, ist ein Skandal.
Gegen jede Verschlechterung der Lohnfortzahlung muss konsequent betrieblicher, gewerkschaftlicher und gesellschaftlicher Widerstand entwickelt werden.
Die Auseinandersetzung mit der Geschichte kann dazu einen wichtigen Baustein liefern. Hervorragend geeignet ist dazu der Fernseh-Dreiteiler „Die Mutigen 56 – Deutschlands längster Streik“, der in der ARD-Mediathek zu finden ist. Dieser Film lässt Geschichte „lebendig“ und spürbar werden. Unbedingt anschauen!