B. G.
Protest gegen Abbau bei Freudenberg Weinheim, 27.04.2017. Foto: Avanti².
Von dem Konflikt um die Arbeitsplatzvernichtung bei Freudenberg in Weinheim ist derzeit in der Öffentlichkeit wenig zu hören. Aber die Auseinandersetzung ist noch lange nicht zu Ende. Langfristig geht es um nicht mehr und nicht weniger als um die Verteidigung des industriellen Kerns.
Das Management hat zwar erste „Erfolge“ in der Spaltung der Betriebsräte und Belegschaften erzielt, aber umso mehr gilt es jetzt, die Einheit gegen die Kapitalseite herzustellen. Das geht nur durch gemeinsame Versammlungen und weitere Aktionen möglichst vieler Betriebe im „Industriepark“. Aktive GewerkschafterInnen sind jetzt gefordert, diese vorzubereiten.
Einen guten Eindruck von der Lage bei Freudenberg geben die folgenden beiden Auszüge aus dem jüngst erschienenen Infoblatt KBR-Netz, Nr. 76 des Konzernbetriebsrats bei Freudenberg.
Freudenberg geht es gut wie nie!Doch was nutzt es uns? Die Zahlen des Jahresabschlusses sind bekannt. Trotz aller „einmaligen Einflüsse“ und „Wechselkursschwankungen“ bleibt eine satte Steigerungen bei Umsatz und Profit. Trotz der Zukäufe von z.B. Vibracoustic, JVC in Asien oder GIMI in Italien sind die Kassen voll wie selten zuvor. Ein Rekordjahr jagt das andere. Das Management und die Besitzer*innen jubeln. Die Presse posaunt „Wachstums-Champion“, „Technologiekonzern wächst“ oder „auf Erfolgskurs“! Und wir? Aber da war doch noch was? Diese Kostenfaktoren, die sich Belegschaften nennen. Was kommt bei denen an? In manchen Fällen mal eine passable Tariferhöhung. Oft aber auch sehr wenig oder gar nichts. Und nicht selten Jobverlust, Sozialpläne und Existenzangst. FST in Weinheim verlagert Produktion nach Ungarn, die FFT am gleichen Standort in die Slowakei, FPM schließt die Logistik und baut Personal im Bekleidungsbereich ab. Sozialpläne auch bei Schneegans in Emmrich, Abbau auch bei Belegschaften in Südamerika oder Entlassungen bei Oil & Gas Technologies weltweit. Dazu prekäre Beschäftigung in fast allen Werken und an allen Standorten. Leiharbeit, befristete Beschäftigung oder Werkverträge werden teilweise exzessiv genutzt, auch um die „Stammbelegschaften“ unter Druck zu halten. Die Belastung und Verantwortung der einzelnen Kolleginnen und Kollegen nimmt stetig zu. Eine Anerkennung oder Honorierung der Leistungen geschieht aber eher unterdurchschnittlich. Wirklich Kohle bei der Sache machen nur die Eigentümer*innen, deren Besitz stetig wächst, ohne dass sie einen Handschlag dafür tun müssen. Uns bleibt der Kampf um eine gerechtere Verteilung, des von uns geschaffenen Mehrwertes. |
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FPM-Logbuch Costcenter kostet, muss weg - Mitarbeiter kosten, müssen weg - Outsourcen, alles muss weg! Umstrukturierung, Restrukturierung immer wieder! Und wenn es schief geht, ein bisschen öfter – Lean, Six Sigma, KVP, SCM und … Black Belts – Sparen ist ein Kampfsport. Die Mitarbeiter: Existenzängste und die üblichen dazugehörigen psychosomatischen Leiden – Haussegen hängt schief. Letzte Hoffnung: Flucht in die Rente – aber wie finanzieren? – Abfindung? NEIN, Genugtuung? Vielmehr Schmerzensgeld! – Verabschiedungen und Jubiläumsfeiern will eh keiner mehr. Trotz Rekordgewinnen: verhandeln um jeden Cent, Übelkeit inklusive. Aber auch die beste Finanzierung wird den üblen Nachgeschmack und die Gewissheit nicht vertreiben, dass man nie mehr der Alte sein wird. |
aus der Rhein-Neckar Beilage zur Avanti Juli/August 2017