Am 04. November 2017 fand unser gleichnamiges ISO-Seminar in Mannheim statt. Die TeilnehmerInnen kamen aus verschiedenen Betrieben links und rechts des Rheins. Sie bewerteten die Veranstaltung als sehr hilfreich für die Verbesserung ihrer betrieblichen und gewerkschaftlichen Arbeit. Wir veröffentlichen im Folgenden das einleitende Referat in einer überarbeiteten Fassung.
Von dem ausgehen, was ist.
H. N.
„Wenige Riesen dominieren weltweit ihre Branchen. Die Konzentration von Geld und Macht verändert die Wirtschaft.“ Das schrieb die Frankfurter Rundschau am 28.10.2017.
Dies ist eine Bestätigung der großangelegten Studie von Forschern der ETH Zürich, die 2011 veröffentlicht worden ist. Ihr zufolge konzentriert sich die Macht über die Weltwirtschaft in immer weniger Großkonzernen. 1318 Firmen (von insgesamt 43.060 Konzernen) kontrollierten damals vier Fünftel der am Umsatz gemessenen Weltwirtschaft, und 147 Firmen beherrschten rund 40 Prozent der Weltwirtschaft.
Wer aber beherrscht die Konzerne? Die Anzahl der US-Dollar-Milliardäre stieg weltweit von 273 im Jahr 1991 auf 2.043 im Jahr 2017 (laut dem Magazin Forbes). Sie entscheiden mittels ihrer Beteiligungen über das Schicksal von Millionen Beschäftigten und über politische und wirtschaftliche Entwicklungen.
Das Netzwerk der globalen Kontrolle
Anders als etwa die am Umsatz orientierte Global-500-Rangliste des US-Wirtschaftsmagazins Fortune untersuchten die Züricher Forscher der ETH, welchen Großunternehmen wie viele Anteile an anderen Firmen gehören und welche Macht sie dadurch ausüben können. Macht bedeutet nach Max Weber die Wahrscheinlichkeit, dass ein Individuum – in der Wirtschaft ein Unternehmen – seinen Willen auch gegen den Widerstand anderer Beteiligter durchsetzen kann.
Die Auswirkungen dieser Kapitalkonzentration wirkt sich in mehrerlei Hinsicht aus:
- Auf die Verteilung von Einkommen zwischen den Unter nehmen – die Großen hängen die Kleinen ab.
- Auf die Verteilung von Einkommen zwischen Kapital und Arbeit: Seit Jahrzehnten ist ein Rückgang der Lohnquote zu beobachten, also des Anteils des Volkseinkommens, das die Beschäftigten erhalten. Umgekehrt gibt es einen immer mehr ansteigenden Anteil der Kapitaleigner.
Neoliberaler Umbau der Welt
Der Putsch von den USA unterstützter chilenischer Militärs gegen den demokratisch gewählten linken Präsidenten Allende am 11. September 1973 war ein Startschuss. Seitdem entwickeln die Herrschenden den neoliberalen Umbau des Kapitalismus permanent weiter.
Unter dem Schlagwort der „Globalisierung“ wird die Deregulierung, Privatisierung und Flexibilisierung aller Bereiche vorangetrieben. Das Ziel ist die maximale Umverteilung von unten nach oben. Das Resultat ist eine zunehmend tiefer werdende Kluft zwischen den superreichen 0,1 % und der großen Mehrheit sowie eine Aufspaltung der arbeitenden Klasse.
Die für den Kapitalismus benötigte gesamte Arbeitskraft soll in 1/5 Festangestellte, 2/5 Prekäre und 2/5 Ausgesonderte (die nicht mehr benötigt werden) aufgespalten werden.
„Diktatur der Zahlen“
Auf der Ebene von Konzernen wird diese Strategie mit zunehmender Brutalität angepasst und weiter perfektioniert. Vorbild ist dabei der von Jack Welch geprägte US-Gigant General Electric. Sein berüchtigter Satz „Fix it, sell it or close it“ ging als Leitmotiv in die internationale Management-Literatur ein.
Anders formuliert verfolgen Großkonzerne folgende Strategie, um Nr.1 in einem Geschäftsbereich zu werden: aufkaufen (bevorzugt von Konkurrenten), ausschlachten, aufspalten, verlagern, verkaufen oder schließen.
„Allein machen sie Dich ein!“
Um dem Druck des Kapitals standhalten zu können, müssen wir uns gut organisieren – im Betrieb und in der Gesellschaft.
Folgende sechs Vorschläge können uns dabei weiterhelfen:
1. Die eigene Qualifizierung fördern (Kenntnis der Firma, [ge werkschafts-]politische, rechtliche und fachspezifische Schulung, Verstehen von Strategie und Taktik, Organisation der BR-Arbeit, Rhetorik, Zeitmanagement, Verhandlungs techniken, Balance Arbeit-Leben).
2. UnterstützerInnen suchen und finden.
3. Einen „harten Kern“ im Betriebsrat, im Vertrauenskörper und im Betrieb aufbauen.
4. Die gewerkschaftliche Verankerung in der Belegschaft stärken.
5. Die Aktions-/Mobilisierungsfähigkeit der KollegInnen entwickeln.
6. Überbetriebliche Solidaritäts-Strukturen auf- und ausbauen.