Wie erfolg­reich kämp­fen im Betrieb?

Früh­jahrs­se­mi­nar 2021 der ISO Rhein-Neckar

O. T.

So lau­te­te der Titel des dies­jäh­ri­gen Früh­jahrs­se­mi­nars der ISO Rhein-Neckar. Es hat am Sams­tag, den 27.03.2021, statt­ge­fun­den und rich­te­te sich vor allem an gewerk­schaft­li­che Ver­trau­ens­leu­te und Betriebsratsmitglieder.

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Pla­kat: Wer wenn nicht wir?

Unse­re Ver­an­stal­tung woll­te Unter­stüt­zung in der tag­täg­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung mit der Gegen­sei­te anbie­ten. Das Kapi­tal setzt zuneh­mend mit BR-Mob­bing und Gewerk­schafts­be­kämp­fung sei­ne Pro­fit­ma­xi­mie­rungs­plä­ne durch. Im Zen­trum des Aus­tauschs stand des­halb die Siche­rung und der Aus­bau der eige­nen betrieb­li­chen Handlungsfähigkeit. 
Zu drei unter­schied­li­chen inhalt­li­chen Blö­cken gab es jeweils ein­lei­ten­de Refe­ra­te mit anschlie­ßen­der Diskussion:
• Wie sind die der­zei­ti­gen poli­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen in Betrieb und Gesellschaft?
• Wie kämp­fen und orga­ni­sie­ren, um zu gewinnen?
• Wie kön­nen wir die Betriebs­rats­wah­len 2022 nut­zen, um mehr Ein­fluss zu gewinnen?

Die poli­ti­schen Rahmenbedingungen
Das ein­lei­ten­de Refe­rat spann­te den Bogen von der Zeit nach dem Zwei­ten Welt­krieg bis in die Gegenwart.

Gera­de die Agen­da-Poli­tik der Bun­des­re­gie­rung Schrö­der (SPD) / Fischer (Grü­ne) sei ein tie­fer Ein­schnitt gewe­sen. Sie habe den bis dahin größ­ten Sozi­al­ab­bau in der Geschich­te der BRD durch­ge­setzt. Gleich­zei­tig habe sie zu einer mas­si­ven Dere­gu­lie­rung des Arbeits­mark­tes geführt. Stich­wor­te dafür sei­en die Ein­füh­rung von Hartz IV, Aus­bau des Nied­rig­lohn­sek­tors und der Leih­ar­beit, Ren­ten­sen­kun­gen als Fol­ge der „Ren­ten­re­form“ usw.

Lei­der habe die weit­ge­hen­de Anpas­sung an die Logik des neo­li­be­ra­len Kapi­ta­lis­mus die Gewerk­schaf­ten poli­tisch ent­waff­net, orga­ni­sa­to­risch geschwächt und vie­le Gewerk­schafts­mit­glie­der demoralisiert.

Hier gegen­zu­steu­ern und zu einer Stär­kung der klas­sen­kämp­fe­ri­schen Kräf­te inner- und außer­halb der Betrie­be bei­zu­tra­gen, sei ein zen­tra­les Ziel der ISO.

In der nach­fol­gen­den Dis­kus­si­on wur­den die zer­stö­re­ri­schen Aus­wir­kun­gen der neo­li­be­ra­len Poli­tik kon­kre­ti­siert und auf die Situa­ti­on in den Betrie­ben her­un­ter­ge­bro­chen. Dadurch wur­de klar, dass die Pro­ble­me inner­halb und außer­halb der Betrie­be nur aus einer ganz­heit­li­chen Sicht ver­stan­den und ange­gan­gen wer­den kön­nen. Gera­de die Gewerk­schaf­ten spie­len in die­sen Aus­ein­an­der­set­zun­gen eine zen­tra­le Rolle.

Erfolg­reich orga­ni­sie­ren und kämpfen
Für die Ein­lei­tung zu die­sem The­ma sorg­ten zwei Genos­sen gemein­sam in einem auf­mun­tern­den For­mat, das die beson­de­re Zustim­mung der Teilnehmer*innen fand.

"never work alone"

Sehr anschau­lich wur­den die all­täg­li­chen Pro­blem­la­gen von akti­ven Ver­trau­ens­leu­ten und Betriebs­rats­mit­glie­dern dar­ge­stellt und sowohl die eige­nen Ver­hal­tens­wei­sen ana­ly­siert als auch das Agie­ren der Gegen­sei­te kri­tisch hin­ter­fragt. Es wur­de die Not­wen­dig­keit eines „har­ten Kerns“ von Kolleg*innen her­aus­ge­stellt, der mit einer kla­ren gemein­sa­men Ziel­set­zung ver­trau­ens­voll und sys­te­ma­tisch zusam­men­ar­bei­tet. Um das zu errei­chen, müss­te das ent­spre­chen­de Wis­sen erwor­ben wer­den und in regel­mä­ßi­gen Zusam­men­künf­ten des „har­ten Kerns“ durch einen stän­di­gen Infor­ma­ti­ons­aus­tausch wei­ter­ent­wi­ckelt werden.

In der anschlie­ßen­den Dis­kus­si­on fan­den die Ein­schät­zun­gen der Refe­ren­ten viel Zustim­mung. Zudem brach­ten die Teil­neh­men­den ihre eige­nen Erfah­run­gen ein. Ange­spro­chen wur­den aber auch ganz prak­ti­sche Fra­gen: Wie kön­nen kon­kre­te Akti­ons­plä­ne für die Arbeit im Betrieb ent­wi­ckelt und umge­setzt wer­den? Wie kön­nen gera­de jetzt in der Pan­de­mie die Hand­lungs­mög­lich­kei­ten der Betriebs­rä­te und Ver­trau­ens­leu­te auf­recht­erhal­ten bzw. ver­bes­sert wer­den? Wie kön­nen der­zeit Betriebs­ver­samm­lun­gen durch­ge­führt wer­den? Wie kann dem Mob­bing durch die Geschäfts­füh­run­gen begeg­net wer­den? Wie kann die erfor­der­li­che Soli­da­ri­tät auf­ge­baut werden?

Betriebs­rats­wah­len 2022 vorbereiten
Unser Refe­rent skiz­zier­te dazu zunächst die Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Betriebs­rä­te von den Anfän­gen bis heute.

Die Räte­be­we­gung der Novem­ber­re­vo­lu­ti­on 1918 habe eine direk­te Demo­kra­tie, die Ver­ge­sell­schaf­tung der Schlüs­sel­in­dus­trien und die Zer­schla­gung der Über­res­te der kai­ser­li­chen Armee gefor­dert. Die­se Alter­na­ti­ve sei aber von der Mehr­heits-SPD im Bünd­nis mit reak­tio­nä­ren Kräf­ten im Blut erstickt wor­den. Das Betriebs­rä­te­ge­setz der Wei­ma­rer Repu­blik habe durch die Schwä­chung der betrieb­li­chen Inter­es­sen­ver­tre­tun­gen gehol­fen, dem Faschis­mus den Weg zu ebnen.

Am 11. Okto­ber 1952 sei das ers­te Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) erlas­sen wor­den, das die „ver­trau­ens­vol­le Zusam­men­ar­beit“ mit den Geschäfts­lei­tun­gen als Grund­la­ge der Betriebs­rats­ar­beit ein­for­de­re. Trotz die­ser Aus­rich­tung sei es aber nötig, dass die Betriebs­rä­te ihre Rech­te nicht nur aus dem BetrVG kon­se­quent einforderten.

Für die Vor­be­rei­tung der Betriebs­rats­wah­len hat­te der Refe­rent Über­sich­ten über die Arbeits­auf­ga­ben sowie eine Zeit­pla­nung der ein­zu­hal­ten­den Fris­ten bei der Wahl vorgelegt.

In der Dis­kus­si­on wur­den die Mög­lich­kei­ten zur Stär­kung und Aus­wei­tung des Ein­flus­ses der „har­ten Ker­ne“ erör­tert sowie Vor­ge­hens­wei­sen bei der Gewin­nung neu­er kämp­fe­ri­scher Kandidat*innen für die Betriebs­rats­wahl besprochen.

Posi­ti­ve Bilanz
Es gab viel Zustim­mung zu unse­rem Semi­nar, das durch das Anhö­ren von Lie­dern Bernd Köh­lers auch kul­tu­rell berei­chert wer­den konn­te. Den Aus­tausch über die prak­ti­schen Mög­lich­kei­ten einer anti­ka­pi­ta­lis­ti­schen Betriebs- und Gewerk­schafts­po­li­tik und deren Rah­men­be­din­gun­gen sahen die Teil­neh­men­den als sehr nütz­lich an. Die­se posi­ti­ve Bilanz ist ein­mal mehr eine Bestä­ti­gung für die Bedeu­tung unse­rer kon­ti­nu­ier­li­chen Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar April 2021
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