U. D.
Unter diesem Motto fand Anfang März das Frühjahrsseminar zur Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit der ISO Rhein-Neckar statt. Gekommen waren aktive und ehemalige Betriebsrats-KollegInnen aus verschiedenen Branchen und Betrieben, die den sozialpartnerschaftlichen Kurs der Gewerkschaften für falsch halten.
Impulsreferate und Erfahrungsberichte lieferten Grundlagen und Anregungen für fruchtbare Diskussionen. Nicht zu kurz kam dabei der Austausch über die jeweilige betriebliche Situation und die Möglichkeiten der Gegenwehr.
Aus gemeinsamen Erfahrungen lernen
Zentrale inhaltliche Achse des Seminars war, wie wir uns angesichts anhaltender und sich verschärfender Angriffe in den Betrieben organisieren müssen und können.
Bei aller Unterschiedlichkeit der jeweiligen betrieblichen, tariflichen und politischen Situation gab es dabei eine wesentliche Gemeinsamkeit, die den Arbeitsalltag in allen Betrieben prägt. Es ist die Jagd nach immer mehr Profiten. Sie führt zu Personalabbau, Umstrukturierungen, Rationalisierung, Flexibilisierung, Rechtsbrüchen, Veränderungen in den Arbeitsverhältnissen (Befris- tungen, Leiharbeit, Werkverträge, Scheinselbstständigkeit, Gering- und Niedriglohn usw.) sowie Unternehmensverkäufen.
Vom „Ich“ zum „Wir“
Die Fragmentierung (Aufspaltung und Zergliederung) der Unternehmen und Belegschaften nimmt die gesamte Arbeitswelt zunehmend in den Würgegriff. Die Folge davon ist, dass Entsolidarisierung und Vereinzelung immer mehr die Lebenserfahrung vieler Menschen bestimmen.
Trotz dieser Realität gibt es immer wieder Möglichkeiten, gemeinschaftliche (kollektive) Gegenwehr zu organisieren und Solidarität erfahrbar zu machen. Denn letztendlich wachsen durch die verschärfte Ausbeutung auch Unzufriedenheit und Wut.
Es gilt, die vorhandenen Widersprüche und die damit verbundenen Chancen zu verstehen. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, dass wir uns selbst gut organisieren. Ohne eine stabilen Kern von Aktiven, der bereit ist, sich beharrlich, glaubwürdig und konfliktbereit für die Interessen der Beschäftigten einzusetzen, wird ein dauerhafter Erfolg nicht möglich sein.
Lernen, Organisieren, Widerstehen
Im Rahmen des Seminars haben sich einige Punkte als wesentlich für unsere Arbeit herauskristallisiert:
Erstens sollten wir versuchen, einen aktiven Kern aufzubauen, der die Arbeit dauerhaft trägt und organisiert.
Zweitens sollten wir uns nicht nur kurzfristig auf „Tagesprobleme“ konzentrieren. Notwendig ist es zudem, in mittel- und langfristigen Zeiträumen zu planen und entsprechend zu arbeiten.
Drittens braucht es eine zentrale strategische Achse unserer Arbeit. Hier bietet sich insbesondere der Arbeits- und Gesundheitsschutz in einem umfassenden und „ganzheitlichen“ Verständnis an.
Viertens ist die Bereitschaft zum stetigen Lernen erforderlich. Wissen zu erwerben über das Unternehmen, den Konzern, die Branche, die Gesellschaft ist unverzichtbar.
Fünftens müssen wir immer wieder versuchen, die Belegschaften zu aktivieren und in unsere Arbeit einzubeziehen.
Sechstens müssen wir sowohl glaubhaft als auch konfliktbereit sein, und wir dürfen uns nicht von der Unternehmensseite vereinnahmen lassen.
Siebtens dürfen wir nicht vergessen: Die Gegenseite (Unternehmer und Manager, aber auch „Wegducker“ und „Sozialpartner“ in „unseren“ Reihen) hat einen Plan und eine Strategie. Darauf müssen wir uns einstellen.
Sich nicht übernehmen
Zu guter Letzt waren sich alle in einem Punkt einig: Bei aller Bereitschaft, den Widerstand zu organisieren, dürfen wir uns nicht selbst vergessen. Es wird kein dauerhaftes Engagement möglich sein, wenn es nicht gelingt, die betriebliche und gewerkschaftliche Arbeit mit einem zufriedenen und kraftgebenden Leben außerhalb des Unternehmens zu verbinden. Dies ist allerdings manchmal leichter gesagt als getan.
Fazit
Die Anwesenden bewerteten Form und Inhalt des Seminars als sehr gelungen und nahmen für ihre Arbeit wichtige Anregungen mit. Vereinbart wurde, auch in Zukunft die konkrete betriebliche Arbeit systematisch gemeinsam zu diskutieren.