Ruhe vor dem Sturm?
H.N.
Anfang 2015 will General Electric (GE) die konventionelle Kraftwerkssparte von ALSTOM übernehmen. Hinter den Kulissen laufen die Vorbereitungen zum Eigentümerwechsel auf Hochtouren.
Für die KollegInnen bei ALSTOM und ihre Interessenvertretungen heißt das nichts weniger, als sich auf weitere und noch härtere Auseinandersetzungen als bisher einzustellen. GE gilt seit den Zeiten des berühmt-berüchtigten Oberbosses Jack Welch nicht zu Unrecht als kapitalistischer Musterkonzern. Betriebsräte, Gewerkschaften und Tarifverträge gelten in der GE-Welt als Profitbremsen. Es ist damit zu rechnen, dass GE die von ALSTOM erworbenen Unternehmensteile einer Gewinnmaximierung nach „Art des Hauses“ unterwerfen wird. Ein permanenter konzerninterner Strukturwandel dient der Perfektionierung der „Diktatur der Zahlen“. Ihr liegt eine einfache Strategie für die einzelnen Geschäftsbereiche zugrunde: Reparieren, Verkaufen oder Schließen („Fix it, sell it or close it“). Nach zwei Jahren werden Sektoren geschlossen oder verkauft, wenn sie nicht die vorgegeben Profite erreichen. Vor wenigen Wochen hat GE deshalb seine traditionelle Haushaltsgerätesparte abgeben.
Bei ALSTOM ist der heftige Streit zwischen Management und Konzernbetriebsrat um die Kündigung der Beschäftigungs- und Standortsicherungen sowie die „Restrukturierungspläne“ im Kraftwerksbereich derzeit in einer Art Stellungskrieg eingefroren. Das Landesarbeitsgericht in Baden-Württemberg wird im Herbst entscheiden müssen, ob die von ALSTOM beantragte Einigungsstelle zur Konfliktlösung eingesetzt wird. Für die letzten Monate unter ALSTOM-Herrschaft wird dies aber kaum mehr von praktischer Bedeutung sein. Reale Auswirkungen haben hingegen die „Befriedungsversuche“ der Konzernleitung gegenüber den Belegschaften und ihrer Interessenvertretungen.
Die von einer Beratungsfirma namens „Hoss-Consulting“ orchestrierten Angriffe und Spaltungsmanöver werden immer deutlicher. Zum einen gibt es offene Attacken gegen WortführerInnen der Interessenvertretungen, zum anderen zunehmend koordiniertere Versuche, die Belegschaften von ihren Betriebsräten zu trennen. Diesem Zweck dienen zum Beispiel „Belegschaftsinformationen“, um KollegInnen im Sinne des Managements zu beeinflussen und vom Besuch der Betriebsversammlungen abzuhalten. Auch wegen des Konflikts Ende April 2014 – Nichtinformation des Betriebsrats über den Abtransport von Turbinenteilen aus dem Käfertaler Werk – verstärkte die Geschäftsleitung den Druck. Sie warf der Mannheimer Interessenvertretung zu Unrecht vor, keine Betriebsrats-Informationen durchgeführt, sondern „Blockaden“ und „wilde Streiks“ organisiert zu haben. Belegschaft und Betriebsrat sind gut beraten, gegen dieses Treiben Widerstand zu leisten. Es ist zudem an der Zeit, die Anstrengungen für die Durchsetzung des geforderten Schutzschirms zu verstärken, der auch bei GE alle Standorte sowie alle Arbeits- und Ausbildungsplätze tariflich absichert – nicht nur in Deutschland, sondern auch international.