Deut­sche Staats­rä­son oder Völkerrecht?

Zur Geschich­te und Zukunft Palästinas.“

Info­abend mit Arne Andersen

 

A. N.

Zu die­sem The­ma lud das Akti­ons­bünd­nis „Wir zah­len nicht für Eure Kri­se!“ am 27. Juni in das Mann­hei­mer Gewerk­schafts­haus ein. Der Info­abend mit dem His­to­ri­ker und Autor Arne Ander­sen fand mit Unter­stüt­zung von attac LU, attac MA, DFG-VK MA-LU, Frie­dens­bünd­nis Mann­heim, IGBCE OG Wein­heim, ISO Rhein-Neckar und IWA e. V. statt.

Arne Andersen (re.) in Mannheim, 27. Juni 2025. (Foto: Avanti².)

Arne Ander­sen (re.) in Mann­heim, 27. Juni 2025. (Foto: Avanti².)

Ander­sen stell­te vor etwa 60 Per­so­nen im über­füll­ten DGB-Jugend­raum die Kon­ti­nui­tät der paläs­ti­nen­si­schen Ver­trei­bung als Pro­jekt des Zio­nis­mus dar.

Mit den aktu­el­len Ent­wick­lun­gen errei­chen uns prak­tisch täg­lich Nach­rich­ten, die uns fas­sungs­los machen. So haben mehr­fach in den ver­gan­ge­nen Tagen israe­li­sche Sol­da­ten Palästinenser:innen erschos­sen, die ver­zwei­felt und ent­kräf­tet für die Aus­ga­be von Hilfs­gü­tern anstanden.

Ander­sen nahm uns mit auf eine Zeit­rei­se durch die letz­ten 130 Jah­re. Sie mach­te klar, dass der aktu­el­le Völ­ker­mord nicht plötz­lich vom Zaun gebro­chen wor­den ist. Er ist Ergeb­nis des zio­nis­ti­schen Plans, den feder­füh­rend Theo­dor Herzl 1896 entwickelte.

His­to­ri­scher Abriss
Arne Ander­sen leg­te sehr fun­diert den Ein­fluss des Zio­nis­mus auf die Ent­wick­lung Paläs­ti­nas dar. 1850 leb­ten in Paläs­ti­na Mus­li­me, Juden und Chris­ten noch fried­lich zusam­men. Mit dem Kapi­ta­lis­mus wur­de im 19. Jahr­hun­dert jedoch auch der Natio­na­lis­mus immer stär­ker. Aus ihm resul­tier­te ein neu­er Antisemitismus.

Die Ant­wort einer klei­nen Min­der­heit in jüdi­schen Krei­sen dar­auf war ein eige­ner Natio­na­lis­mus: der Zio­nis­mus. Für ihn muss­te aus einer Reli­gi­ons­ge­mein­schaft ein Volk kon­stru­iert und ein Land gefun­den werden.

In Doku­men­ten, die lan­ge Zeit unter Ver­schluss blie­ben, bezeich­ne­te sich der Grün­dungs­va­ter des Zio­nis­mus, Herzl, stolz als Kolo­nia­lis­ten. Er träum­te bereits damals von der Ver­trei­bung der paläs­ti­nen­si­schen Bevöl­ke­rung aus dem Gebiet des „Eretz Isra­el“ (Groß-Isra­el).

Die zio­nis­ti­sche Ideo­lo­gie wur­de somit lan­ge vor der sys­te­ma­ti­schen Ver­nich­tung jüdi­schen Lebens im Holo­caust pro­pa­giert. Durch den Holo­caust gewann das zio­nis­ti­sche Pro­jekt jedoch an Anziehungskraft.

Mit der Grün­dung des Staa­tes Isra­el begann die Geschich­te einer anhal­ten­den Ver­trei­bung bis hin zur aktu­el­len Aus­lö­schung von gro­ßen Tei­len der paläs­ti­nen­si­schen Bevöl­ke­rung in einem Genozid.

Anhand vie­ler Kar­ten und auch per­sön­li­cher Erfah­run­gen leg­te Arne Ander­sen dar, was die expan­si­ve Land­nah­me des israe­li­schen Staa­tes für die paläs­ti­nen­si­sche Bevöl­ke­rung bedeutet.

Der aggres­si­ve Kurs der Regie­rung Netan­ja­hu gegen die paläs­ti­nen­si­sche Bevöl­ke­rung wird grund­sätz­lich auch von der israe­li­schen Arbei­ter­par­tei und dem Gewerk­schafts­bund Hist­ad­rut unter­stützt. Die Hist­ad­rut ist seit ihrer Grün­dung mit betei­ligt an der Ver­trei­bung der Palästinenser:innen. Mit­glied dür­fen nur Jüd:innen wer­den. Den Gewerk­schafts­bei­trag müs­sen jedoch auch päs­ti­nen­si­sche Arbeiter:innen in Isra­el zahlen.

Inten­si­ver Austausch
Trotz der hei­ßen und sti­cki­gen Luft im Ver­an­stal­tungs­raum betei­lig­ten sich nach dem 1,5-stündigen Vor­trag des Refe­ren­ten noch vie­le Teil­neh­men­de an dem anschlie­ßen­den Aus­tausch. Beson­ders dräng­te dabei die Fra­ge: Was kön­nen wir hier tun?

Gar nicht so wenig, wie sich her­aus­stell­te: einer­seits regel­mä­ßi­ge Mahn­wa­chen, Info­stän­de und Kund­ge­bun­gen. In zahl­rei­chen Län­dern ver­hin­dern Hafenarbeiter:innen aber auch die Aus­fuhr von Waf­fen nach Isra­el. War­um nicht auch in der BRD, dem zweit­größ­ten Waf­fen­lie­fe­ran­ten Israels?

Auch im Mann­hei­mer Hafen sol­len Waf­fen für Isra­el umge­schla­gen wer­den. So könn­te das Gespräch mit Beschäf­tig­ten etwa des Logis­tik­kon­zerns Maersk gesucht werden.
Und war­um nicht auch mal Unrecht­sor­te blo­ckie­ren, wie es immer wie­der die Akti­ons-und Musik­grup­pe Lebens­lau­te tut?

Wich­tig war Teil­neh­men­den auch die Rol­le der Gewerk­schaf- ten. Arne Ander­sen beton­te zurecht: „Wir sind die Gewerk­schaft!“. Auch des­halb wur­de es als posi­ti­ves Zei­chen gese­hen, dass die­se Ver­an­stal­tung – anders als vori­ge zu dem The­ma – in den Räu­men des DGB Mann­heim statt­fin­den konnte.

Wir müs­sen uns in unse­ren Gewerk­schaf­ten stark machen gegen den Völ­ker­mord in Gaza und gegen den welt­wei­ten „Putsch der Mil­li­ar­dä­re“. Die aktu­el­len poli­ti­schen Ver­hält­nis­se und Ent­wick­lun­gen in Paläs­ti­na, in der BRD und glo­bal machen das gemein­sa­me soli­da­ri­sche Han­deln gegen die mas­si­ven Angrif­fe von oben immer notwendiger.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Juli/August 2025
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