H. S.
Vom 1. Oktober bis 30. November 2022 werden die Schwerbehindertenvertretungen (SBV) neu gewählt. In allen Betrieben mit mindestens fünf schwerbehinderten Beschäftigten oder ihnen gleichgestellten behinderten Beschäftigten haben diese gemäß Sozialgesetzbuch (SGB) IX das Recht auf eine spezielle Interessenvertretung.
Die SBV wird häufig unterschätzt und nicht ernst genommen. Das gilt nicht nur für Geschäftsleitungen, sondern leider auch manches Mal für Betriebs- und Personalräte, die verhindern wollen, dass die SBV bei wichtigen Entscheidungen mitredet.
Viel zu oft gilt das auch für SBV-Vertretungen selbst, die ihre Funktion nur halbherzig oder gar nicht im Sinne ihrer Auf- gabenstellung wahrnehmen. Dabei hat die SBV dafür zu sorgen, dass die Belange von schwerbehinderten Beschäftigten bei allen betrieblichen Entscheidungen gehört und ihre Rechte gewahrt werden.
Dies gilt zum Beispiel für die Gestaltung von Arbeitsplätzen, Arbeitszeiten und Über- stunden. Auch bei Einstellungen, Eingruppierungen und Kündigungen von schwerbehinderten Menschen muss die SBV angehört werden. Eine Kündigung ohne die Beteiligung der SBV ist sogar unwirksam.
Außerdem stehen die Schwerbehindertenvertretungen den Beschäftigten beratend und helfend zur Seite, etwa wenn diese einen Antrag auf Anerkennung einer Behinderung stellen. Nach Unfällen oder Erkrankungen ist es die Aufgabe der SBV, sich zusammen mit dem Betriebs- oder Personalrat dafür einzusetzen, dass der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Das kann zum Beispiel durch technische Änderungen oder Wiedereingliederungsverfahren geschehen.
Die Schwerbehindertenvertretung kann darüber hinaus eine Inklusionsvereinbarung aushandeln, die Inklusionsziele im Unternehmen benennt und Diskriminierung verhindert.
Eigenständige Interessenvertretung
Die SBV ist eine eigenständige Interessenvertretung und übt ihr Amt völlig unabhängig aus. Niemand darf ihr reinre- den. Trotzdem macht es natürlich Sinn, dass die SBV eng mit dem Betriebs- oder Personalrat sowie der Gewerkschaft zusammenarbeitet.
Gerade in der heutigen Zeit gibt es vermehrt schwerbehinderte Menschen, und auch psychische Belastungen und Erkrankungen kommen immer häufiger vor. Die Vorgaben aus dem Arbeitsschutzgesetz – vor allem des Paragraphen 5 zur Gefährdungsbeurteilung – gelten in besonderem Maß für die Schwerbehinderten und die ihnen Gleichgestellten. Das Arbeitsschutzgesetz bietet einen wichtigen Handlungsrahmen für die SBV.
Mit ihrem speziellen Wissen und Auf- trag nimmt die SBV eine wichtige Schnittstellenposition zwischen den (schwer-)behinderten Kolleginnen und Kollegen, dem Betrieb, dem Betriebsrat und den Behörden ein. Wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit der SBV sind die Kenntnisse der Problemstellungen von schwerbehinderten Menschen und die Beachtung nicht nur der gesundheitlichen, sondern auch der sozialen Aspekte bei der Umsetzung von Maßnahmen.
SBV stärken
Angesichts der Bedeutung der SBV braucht es Menschen, die wählen, aber auch engagierte Kolleginnen und Kollegen, die sich zur Wahl stellen. Während nur schwerbehinderte Menschen und ihnen Gleichgestellte selbst wählen dürfen, gilt das für die Wahlkandidatur nicht. Das heißt, dass auch Menschen ohne Grad der Behinderung kandidieren und gewählt werden können.
Das Engagement der Schwerbehindertenvertretungen ist gesetzlich abgesichert. Ebenso wie der Betriebs- und Personalrat unterliegt die Schwerbehindertenvertretung einem besonderen Kündigungsschutz und ist für die Erledigung ihrer Aufgaben von der Arbeit freigestellt.
Die ISO ruft zur Beteiligung an den SBV-Wahlen und zur Stärkung der Schwerbehindertenvertretungen auf.