Die Betriebsratswahlen 2022
R. G.
Die Betriebsratswahlen 2022 sind für die ISO Rhein-Neckar seit Monaten ein zentrales Thema. Inhaltlich und praktisch spiegelt es sich in Seminaren, in regelmäßigen Treffen, der Avanti² und in der persönlichen Beratung wider – und nun auch im Februar in unserem monatlichen ISO-Infoabend.
Diesmal gestalteten mehrere Teilnehmende inhaltlich die hybride Veranstaltung. Im Einleitungsreferat wurde die klassenpolitische Bedeutung der Betriebsratswahlen aufgezeigt. Danach informierten und diskutierten Betriebsräte aus der Region über ihre Wahlvorbereitungen und die dabei auftretenden betrieblichen Konflikte.
„Es herrscht Klassenkrieg […]“
Warren Buffet, einer der reichsten Männer der Welt, soll bereits 2006 gesagt haben: „Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen.“ Davon ausgehend zeigte unser erster Referent auf, wie dieser Feldzug auf staatlicher und auf betrieblicher Ebene geführt werde.
Er sei nicht jederzeit offen sichtbar. Aber der gesamte Staatsapparat von der Verwaltung, der Gesetzgebung, über Polizei und Militär bis hin zu den Schulen sei darauf ausgerichtet, die Verteilung von Macht und Reichtum zu Gunsten einer kleinen Minderheit zu organisieren und abzusichern.
Dasselbe geschehe auch im Betrieb. Wenn auch mit anderen Mitteln. Aber in der Arbeitswelt würden die gegensätzlichen Klasseninteressen von Kapital und Arbeit sehr unmittelbar und deutlich aufeinanderstoßen. Dadurch falle es viel schwerer, diesen Gegensatz zu übertünchen.
Nicht zuletzt deshalb sei Betriebsratsarbeit ein wichtiger Teil der politischen und gewerkschaftlichen Organisierung der arbeitenden Klasse. Trotz aller integrativen gesetzlichen Fesseln des Betriebsverfassungsgesetzes.
Die Kapitalseite und ihre Helfer seien sich dessen sehr bewusst. Deshalb würden sie mit allen Mitteln versuchen, Betriebsräte entweder „einzubinden“ oder deren Engagement „zu unterbinden“. Eine Folge davon sei, dass immer weniger Beschäftigte einen Betriebsrat und / oder einen Tarifvertrag hätten.
Aus den Höhlen der Löwen
Im Anschluss berichteten BR-Mitglieder aus ihrer betrieblichen Wirklichkeit. Aktive und an den Belegschaftsinteressen orientierte Kollegen und Kolleginnen würden immer häufiger von Unternehmensleitungen attackiert.
Sie würden als arbeitsplatzgefährdend und streitsüchtig diffamiert. Diese Firmensicht würde durchaus auch Unterstützung bei Teilen von Belegschaften finden. Insbesondere bei Kolleginnen und Kollegen mit Nähe zum Management.
Die Bekämpfung durch das Kapital sei gerade auch bei den Betriebsratswahlen spürbar. Firmenleitungen würden sogar zur Bildung von unternehmensnahen Wahllisten auffordern.
Das Ziel sei offensichtlich: Unternehmen wollten einen Betriebsrat, der ihre Kreise nicht stört und mit dem sich Veränderungen und Personalabbau „sozialverträglich“, aber vor allem schnell, günstig und ohne öffentlichen Lärm umsetzen lassen.
Jetzt, so kurz vor der Wahl, ginge es vor allem noch darum, in der Belegschaft massiv für die eigenen Positionen, die eigenen Kandidatinnen und Kandidaten sowie die eigene Liste zu werben.
Was bleibt zu tun?
Die Diskussion beschäftigte sich unter anderem mit der Frage, welche Betriebsratsarbeit angesichts der sich verschärfenden Krise in Gesellschaft und Arbeitswelt sowie des massiven Rückgangs von Klassenbewusstsein notwendig sei.
Unternehmensnahe Listen seien ein direktes Instrument, um im „Klassenkrieg“ die ideologischen Positionen des Kapitals in die Belegschaft zu tragen. Das müsse deutlich gemacht und darauf politisch geantwortet werden. So ginge es konkret darum, ob die Belegschaft einen aktiven und bei Bedarf konfliktfähigen Betriebsrat oder einen „abnickenden“ wolle.
Aber zusätzlich zu den BR-Wahlen müsse es ein Ziel sein, eine Basis von Aktiven auch außerhalb des Betriebsrates aufzubauen. Nur dadurch könne eine breite Organisierung, Aktivierung und Einbeziehung der Beschäftigten erreicht werden. Nur ein solches über den Betriebsrat hinausgehendes gewerkschaftliches Engagement mache es möglich, Gegenmacht im Betrieb aufzubauen und erfolgreich weiter zu entwickeln.