ISO-Info­abend zum Krieg in Nahost

Kon­se­quent auf der Sei­te der Unterdrückten

N. B.

Doch was heißt Soli­da­ri­tät mit den Unter­drück­ten? Beson­ders in Bezug auf den seit vie­len Jahr­zehn­ten anhal­ten­den Kon­flikt in Palästina/Israel und den erneu­ten Krieg in Nah­ost? Die­se und ande­re Fra­gen dis­ku­tier­ten wir auf unse­rem Info­abend im Oktober.

Kontrolle bei vebotener Palästina-Demo in Paris, 14. Oktober 2023. (Foto: Martin Noda/Hans Lucas.)

Kon­trol­le bei vebo­te­ner Paläs­ti­na-Demo in Paris, 14. Okto­ber 2023. (Foto: Mar­tin Noda/Hans Lucas.)

Unter der erneu­ten Eska­la­ti­on zwi­schen der israe­li­schen Armee und der Hamas lei­det – wie seit jeher – die israe­li­sche und paläs­ti­nen­si­sche Zivil­be­völ­ke­rung. Wie sehr die desas­trö­se Ent­wick­lung die Men­schen auch hier in der Regi­on bewegt, zeig­te sich unter ande­rem in der zahl­rei­chen Betei­li­gung an unse­rem Info­abend und der regen Diskussion.

Begin­nen wir jedoch mit den viel­schich­ti­gen Aus­füh­run­gen unse­res Refe­ren­ten. Er ging nicht nur auf die his­to­ri­sche und die aktu­el­le Ent­wick­lung des Kon­flik­tes ein, son­dern ver­such­te auch, eine eman­zi­pa­to­ri­sche Ant­wort auf die Fra­ge nach Lösungs­mög­lich­kei­ten zu geben. Im Gegen­satz zu den meis­ten Stel­lung­nah­men und Berich­ten, die seit den grau­sa­men Angrif­fen der Hamas am 7. Okto­ber und den ver­nich­ten­den Reak­tio­nen des israe­li­schen Staa­tes kur­sie­ren, unter­schied er kon­se­quent zwi­schen den kriegs­füh­ren­den Par­tei­en und der Zivilbevölkerung.

Kei­ne Ver­gel­tung von Unrecht durch neu­es Unrecht
„Die Palästinenser:innen“ (oder gar „die Ara­ber“) kön­nen nicht mit der Hamas gleich­ge­setzt wer­den, eben­so wenig wie die israe­li­sche Regie­rung und ihre Armee iden­tisch sind mit der israe­li­schen Zivil­be­völ­ke­rung oder gar „den Jüd:innen“. Unser Refe­rent stell­te die mas­si­ven Ver­let­zun­gen her­aus, die auf bei­den Sei­ten im Lau­fe der letz­ten hun­dert Jah­re den poli­ti­schen und ideo­lo­gi­schen Raum für das gegen­sei­ti­ge zer­stö­re­ri­sche Unrecht schufen.

So habe der Zio­nis­mus erst durch die unvor­stell­ba­re Gewalt an Jüd:innen durch die Nazis zu einer wirk­mäch­ti­gen Ideo­lo­gie wer­den kön­nen. Des­sen poli­ti­sche Umset­zung habe dann mit der Ver­trei­bung der ursprüng­li­chen Bevöl­ke­rung in Paläs­ti­na zu mas­si­ver Gewalt gegen die ara­bi­sche, paläs­ti­nen­si­sche Bevöl­ke­rung geführt.

Die eth­ni­sche Säu­be­rung und die Ein­kes­se­lung in dem Frei­luft­ge­fäng­nis Gaza habe eine sehr jun­ge paläs­ti­nen­si­sche Gesell­schaft ohne eige­ne Öko­no­mie, ohne Lebens­per­spek­ti­ven und in stän­di­ger Not und Bedro­hung her­vor­ge­bracht. In der anschlie­ßen­den Dis­kus­si­on bekräf­tig­te ein paläs­ti­nen­si­scher Teil­neh­mer die­se Ein­schät­zung und ermahn­te uns dazu, die Men­schen hin­ter den Opfer­zah­len zu sehen: „Es sind Men­schen, nicht nur Zahlen.“

Unser Refe­rent führ­te aus, wie das poli­ti­sche Vaku­um in Paläs­ti­na und Isra­el von fun­da­men­ta­lis­ti­schen, reli­gi­ös gefärb­ten Ideo­lo­gien auf bei­den Sei­ten gefüllt wird. Ein Unrecht wer­de hier mit ande­rem Unrecht ver­gol­ten. Unse­re Soli­da­ri­tät müs­se dabei allen Opfern und all jenen gel­ten, die für Frie­den, poli­ti­sche und sozia­le Frei­heit eintreten.

Nein zu Reak­ti­on und Repres­si­on in der BRD!
In der Dis­kus­si­on wur­den Fra­gen nach der Geschich­te des Kon­flikts und der Cha­rak­te­ris­tik des israe­li­schen Staa­tes erör­tert. Wich­tig waren den Teil­neh­men­den jedoch auch die Reak­tio­nen hier­zu­lan­de. Der Refe­rent führ­te die wei­te­re Ver­schie­bung nach rechts an, in der bür­ger­li­che Par­tei­en die eska­lie­ren­de Gewalt in Israel/Palästina zur Debat­te um eine wei­te­re Ein­schrän­kung des Asyl­rechts instru­men­ta­li­sier­ten und deut­sche Rechts­extre­me, ohne gro­ßes Auf­se­hen zu erre­gen, ihre anti­se­mi­ti­schen Angrif­fe vermehrten.

Die Teil­neh­men­den waren in gro­ßer Sor­ge ange­sichts der Ein­schrän­kun­gen des Rechts auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung, die durch Poli­tik, Staats­or­ga­ne und öffent­li­che Medi­en mit dem Anti­se­mi­tis­mus­vor­wurf gegen­über der Soli­da­ri­tät mit der paläs­ti­nen­si­schen Bevöl­ke­rung vor­an­ge­trie­ben wird.

Die bedin­gungs­lo­se Unter­stüt­zung des israe­li­schen Staa­tes als deut­sche Staats­rä­son statt der uni­ver­sel­len Ver­tei­di­gung von Men­schen­rech­ten wird als poli­ti­sche Linie ver­kün­det. Dar­an ori­en­tie­ren sich lei­der auch Gewerk­schafts­vor­stän­de. Hier sahen die Teil­neh­men­den wich­ti­ge Anknüp­fungs­punk­te für unse­re poli­ti­sche Aktivitäten.

In den Zusam­men­hän­gen, in denen wir uns bewe­gen, gilt es einzutreten:
• für einen sofor­ti­gen Waffenstillstand
• für die Been­di­gung des Völ­ker­mords in Palästina
• gegen die Ein­schrän­kung des Grund­rechts auf Demonstration
• gegen Anti­se­mi­tis­mus, rech­te Het­ze und wei­te­re Ein­schrän­kun gen des Rechts auf Asyl und
• für die Ver­tei­di­gung der Menschenrechte.

Wir sehen eine lang­fris­ti­ge Lösung des Nah­ost-Kon­flikts nur in einem ver­ei­nig­ten, demo­kra­ti­schen und sozia­lis­ti­schen Paläs­ti­na, das in wei­ter Fer­ne zu lie­gen scheint. Jedoch kön­nen wir uns hier und jetzt stark machen für die Been­di­gung der huma­ni­tä­ren Kata­stro­phe in Paläs­ti­na und für die Been­di­gung der Repres­si­on in Deutsch­land – so lau­te­te das Fazit unse­res bemer­kens­wer­ten Infoabends.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Novem­ber 2023
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