Nur wer kämpft, kann gewinnen!

ISO-Info­abend zur Bilanz des GDL-Streiks

 

R. G.

Am 26. März 2024 konn­te die Gewerk­schaft Deut­scher Lok­füh­rer (GDL) nach einer har­ten mehr­mo­na­ti­gen Tarif­aus­ein­an­der­set­zung und meh­re­ren Streiks einen Tarif­ab­schluss erzielen.

Danny Grosshans beim GDL-Streik in Mannheim, 11. Januar 2024. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Dan­ny Gross­hans beim GDL-Streik in Mann­heim, 11. Janu­ar 2024. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Das war für uns Grund genug, sich am 24. Mai 2024 im Rah­men eines ISO-Info­abends mit die­sem Tarif­ab­schluss auseinanderzusetzen.

Unser Gast und Refe­rent war erneut Dan­ny Gross­hans, der 2. stell­ver­tre­ten­de Bezirks­vor­sit­zen­de der GDL Süd-West. Wie von ihm gewohnt berich­te­te er detail­reich und ohne Schön­red­ne­rei über den Tarif­ab­schluss sowie über Ent­wick­lun­gen bei der Deut­schen Bahn AG (DB AG) und beim Schienenverkehr.

Mas­ter­plan Schienenverkehr“
Die DB AG ist Welt­meis­ter des Zer­falls. Bei den wesent­li­chen Punk­ten des „Mas­ter­plans Schie­nen­ver­kehr“ (Pünkt­lich­keit, Zuver­läs­sig­keit, Fle­xi­bi­li­tät, Nach­hal­tig­keit, Inno­va­ti­on und Zukunfts­fä­hig­keit) ist kein Fort­schritt erkennbar.

Solan­ge die Eisen­bahn von der Poli­tik stief­müt­ter­lich behan­delt wird und Mil­li­ar­den Euro in Fehl­in­ves­ti­tio­nen wie zum Bei­spiel Stutt­gart 21 ver­senkt wer­den, wird sich dar­an nichts ändern. Zudem der DB-Vor­stand sei­nen Kurs welt­wei­ter Inves­ti­tio­nen nicht kon­se­quent been­det und sich statt­des­sen auf sei­ne Kern­auf­ga­be, den Bahn­ver­kehr in Deutsch­land, konzentriert.

GDL-Tarif­ge­schich­te
Die GDL hat in den letz­ten 20 Jah­ren das The­ma Arbeits­zeit­ver­kür­zung immer wie­der auf­ge­grif­fen. Der Grund dafür ist, dass die Eisennbahner:innen durch die spe­zi­fi­sche Schicht­ar­beit extrem belas­tet waren und immer noch sind. Gear­bei­tet wur­de in einer 6-Tage-Woche, und „aus­wär­ti­ge“ Über­nach­tun­gen waren üblich. Die­se gal­ten als Frei­zeit und wur­den nicht ver­gü­tet. 2017 konn­te die GDL bereits die 38-Stun­den­wo­che, bes­se­re Schicht­plä­ne und Zuschlä­ge für Aus­wärts­über­nach­tun­gen durchsetzen.

Der jet­zi­ge Tarif­ab­schluss ist ein Kom­pro­miss. Die GDL hat mehr gefor­dert als sie erreicht hat. Statt 555 Euro für 12 Mona­te hat sie 420 Euro in zwei Stu­fen mit einer Lauf­zeit von 26 Mona­ten plus einer Infla­ti­ons­aus­gleichs­prä­mie abge­schlos­sen. Aber sie konn­te gegen den Wider­stand des DB-Vor­stands die schritt­wei­se Ein­füh­rung der 35-Stun­den­wo­che und einen Schritt in Rich­tung wirk­li­cher Fünf­ta­ge­wo­che durchsetzen.

Not­wen­dig waren dafür rund 300 Streik­stun­den bei der DB AG. Die­se Streiks, die trotz Streik­geld der GDL mit erheb­li­chen Ein­kom­mens­ein­bu­ßen für die Strei­ken­den ver­bun­den waren, hät­ten von der DB ver­mie­den wer­den kön­nen. Aber die DB AG hat­te wei­te­re Arbeits­zeit­ver­kür­zun­gen grund­sätz­lich abge­lehnt. Dabei waren Arbeits­zeit­ver­kür­zun­gen sei­tens der GDL mit zahl­rei­chen ande­ren pri­va­ten Bahn­un­ter­neh­men bereits ver­ein­bart worden.

Bei der Bewer­tung des Abschlus­ses muss auch berück­sich­tigt wer­den, was von den For­de­run­gen der DB AG abge­wehrt wer­den konn­te. Die DB AG woll­te „Arbeits­zy­klen“. Das heißt 10 Tage arbei­ten und 4 Tage frei. Die DB AG woll­te mul­ti­funk­tio­na­le Lokführer:innen und so die Wagen­meis­ter erset­zen. Die DB woll­te die Dis­po­si­ti­ons­zei­ten aus­wei­ten. Die DB woll­te schicht­plan­be­ding­te Unter­zei­ten mit Über­stun­den verrechnen.

Natür­lich gibt es für die GDL noch offe­ne Punk­te. So ist es nicht gelun­gen, für DB-Netz Tarif­ver­trä­ge durch­zu­set­zen. Dies ist ein The­ma für die kom­men­den Jah­re. Aller­dings müs­sen sich dafür in die­sem Bereich mehr Kolleg:innen orga­ni­sie­ren und aktiv engagieren.

Span­nen­de Diskussion
In der anschlie­ßen­den leb­haf­ten Dis­kus­si­on wur­den neben dem Tarif­ab­schluss The­men wie das Tarif­ein­heits­ge­setz, die Ver­kehrs­wen­de, die Bahn­po­li­tik und nicht zuletzt die gro­ße Bedeu­tung akti­ver, kämp- feri­scher Gewerk­schaf­ten wie der GDL angesprochen.

Auf die Fra­ge, ob es in den eige­nen Rei­hen auch Kri­tik am Abschluss gege­ben habe, erklär­te Dan­ny Gross­hans, dass der Ver­zicht auf freie Tage kri­tisch gese­hen wer­de. Und natür­lich sei­en die Beschäf­tig­ten der Infra­struk­tur unzu­frie­den, weil es für sie kei­nen Tarif­ver­trag gab. Doch dies wer­de sich nur ändern las­sen, wenn aus die­sem Bereich noch mehr Enga­ge­ment kom­men wür­de. Eine Frie­dens­pflicht für die­sen Bereich gibt es nicht. Inso­fern ist vie­les möglich.

Schließ­lich wur­de auch das The­ma Ver­kehrs­wen­de und Schie­nen­ver­kehr dis­ku­tiert. Dabei wur­de deut­lich, dass eine Poli­tik not­wen­dig ist, die sich klar für die Bahn aus­spricht, Regio­nal­stre­cken aus­baut und in die Infra­struk­tur inves­tiert. Ein Dis­kus­si­ons­bei­trag mach­te deut­lich, dass es bei der Bahn einen sol­chen Kurs­wech­sel nur geben wird, wenn es einer brei­ten demo­kra­ti­schen Bewe­gung gelingt, auf Par­tei­en, poli­tisch Ver­ant­wort­li­che und die Bahn­un­ter­neh­men mas­si­ven poli­ti­schen Druck auszuüben.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Juni 2024
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