G. G.
Unter diesem Arbeitstitel fand Anfang März 2020 ein weiteres Betriebs- und Gewerkschaftsseminar der ISO Rhein-Neckar statt.
Drei Themen standen im Mittelpunkt der Referate und Diskussionen: Wie haben sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geändert? Welche Ziele verfolgen wir? Wie können wir in Betrieb und Gewerkschaft die notwendige Gegenwehr organisieren?
In welchen Zeiten leben wir?
Um die heutige Situation verstehen zu können, muss die Entwicklung der letzten Jahrzehnte betrachtet werden. Darum wurde im einleitenden Referat ein historischer Bogen vom Ende der menschenverachtenden Nazi-Diktatur und des mörderischen II. Weltkrieges bis heute gespannt.
Nach 1945 war das kapitalistische Weltsystem politisch-moralisch geschwächt. Seine geopolitischen Einflusszonen schrumpften. Aber der Kapitalismus wurde nicht beseitigt. Im Gegenteil, die prokapitalistischen Kräfte konnten eine erfolgreiche Gegenbewegung starten.
Spätestens am 11. September 1973 wurde dies durch den CIA-gesteuerten Militärputsch in Chile mit blutiger Brutalität deutlich. Die Putschisten zerschlugen die Organi- sationen der ArbeiterInnenklasse. Zehntausende Menschen fielen Folter und Mord zum Opfer. Soziale Errungenschaften und politische Freiheiten wurden eingeschränkt oder beseitigt.
Damit begann der Siegeszug des „Neoliberalismus“. Seine Ideen, Ziele und Mittel sind bis heute unverändert geblieben: Die Profite sollen durch massive Angriffe auf die Organisationen, die politischen Rechte, das Klassenbewusstsein sowie die Arbeits- und Lebensbedingungen der arbeitenden Klasse gesteigert werden.
Begleitet und abgesichert wird diese Offensive durch eine umfassende ideologische Dauerberieselung auf allen betrieblichen und gesellschaftlichen Ebenen.
Welche Ziele in der Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit?
Im zweiten Seminarteil ging es um wesentliche Ziele unserer Arbeit.
Dabei wurden folgende Punkte diskutiert: Der Umbau von Wirtschaft und Produktion zum Schutz von Klima und Umwelt, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Personal- und Lohnausgleich gegen Arbeitsverdichtung und Entlassungen, Beseitigung von Leiharbeit und prekärer Beschäftigung, konsequente Umsetzung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes, Reallohnerhöhungen, menschenwürdige Mindestlöhne und Renten, keine Privatisierung öffentlicher Dienste sowie der Daseinsfürsorge und nicht zuletzt internationale Solidarität und Organisierung.
Solche Ziele sind mit einer Strategie der Sozialpartnerschaft, wie sie von den Gewerkschaftsführungen verfolgt wird, nicht zu erreichen. Denn diese Strategie leugnet − wenn auch nicht in Worten, so doch in der Praxis − den grundlegenden Interessen-Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit. Sie ordnet in der Regel die Interessen der ArbeiterInnenklasse den Profitinteressen des Kapitals unter.
Dagegen sollten wir für eine klassenkämpferische Politik eintreten. Eine Politik, die sich ausschließlich an den Interessen der arbeitenden Klasse orientiert. Diese Orientierung wird unweigerlich zu einem scharfen Konflikt mit dem sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaftsapparat führen. Daher müssen wir unsere politische Arbeit mit dem Kampf für die Demokratisierung der Gewerkschaften und dem Recht auf Organisierung klassenkämpferischer Strömungen verbinden.
Wie können wir die Gegenwehr organisieren?
Es sind immer noch Wenige, die im Betrieb eine ausschließlich an den Belegschaftsinteressen orientierte Gegenwehr organisieren. Nicht selten werden widerständige KollegInnen auch innerhalb von Gewerkschaften, Vertrauensleutestrukturen und Betriebsräten angegriffen und ziehen sich entmutigt und enttäuscht zurück.
Um Widerstand zu organisieren, müssen wir uns im Betrieb eine kämpferische Basis schaffen. Am Anfang wird dies oftmals bedeuten, mit ein, zwei oder drei KollegInnen eine kleine Gruppe (einen aktiven Kern) aufzubauen. Schon in dieser Phase ist es notwendig, sich auch überbetrieblich zu vernetzen. Beides hilft, uns zu stärken, zu schützen und zu stützen.
Eine zentrale Stellung in unserer Arbeit muss die Basisorientierung einnehmen. Nur im direkten und regelmäßigen Austausch mit unseren KollegInnen ist es möglich, eine erfolgreiche praktische Arbeit zu entwickeln. Nur so lassen sich Solidarität und Widerstand überzeugend entwickeln und neue MitstreiterInnen finden.
Fazit
In der Abschlussrunde wurden Referate und Diskussion von den Teilnehmenden als sehr positiver Impuls für die weitere praktische Arbeit bewertet. Damit Menschen in wirren und rauen Zeiten politisch überleben können, braucht es Wissen und Solidarität. Unser Seminar hat dazu einen kleinen Beitrag geleistet.