Rosa Luxem­burg und ihr klei­ner Park

Ein Gespräch mit Bet­ti­na Fran­ke und Bar­ba­ra Ritter

 

Die Initia­ti­ve Frau­en­we­ge setzt sich dafür ein, dass auf dem Mann­hei­mer Almen­hof Stra­ßen und Plät­ze auch nach revo­lu­tio­nä­ren Frau­en benannt wer­den. Mit dem Rosa-Luxem­burg-Park ist nun ein Anfang gemacht wor­den. Wir haben mit zwei der Initia­to­rin­nen – Bet­ti­na Fran­ke und Bar­ba­ra Rit­ter – über die Hin­ter­grün­de gesprochen.*

Bet­ti­na Fran­ke (vor­ne) und Bar­ba­ra Rit­ter (zwei­te von links) am 5. März 2021 bei der Park-Ein­wei­hung (Foto: helmut-roos@web.de)

Am 5. März 2021 – dem 150. Geburts­tag Rosa Luxem­burgs – fand die Ein­wei­hungs­fei­er des Parks mit einem beein­dru­cken­den Kul­tur­pro­gramm statt. Wie ist es dazu gekommen?
Bet­ti­na: Die Initia­ti­ve Frau­en­we­ge setzt sich dafür ein, dass bis jetzt unbe­nann­te Plät­ze und Wege auf dem Almen­hof nach revo­lu­tio­nä­ren Frau­en und Sozia­lis­tin­nen benannt wer­den. Es kann nicht sein, dass dort sämt­li­che Stra­ßen die Namen von Män­nern tra­gen und kei­ne ein­zi­ge Frau in Erschei­nung tritt.

Ich bin durch die Beschäf­ti­gung mit Rosa Luxem­burg zur Initia­ti­ve gesto­ßen. Anläss­lich des hun­derts­ten Jah­res­ta­ges der Ermor­dung Rosa Luxem­burgs 2019 hat­te ich ein Pro­gramm mit ihren Tex­ten erar­bei­tet. Unter dem Titel: „Sei­te an Sei­te die Zei­ten durch­schwim­men“ und mit der wun­der­ba­ren Musik des Akkor­deo­nis­ten Lau­rent Leroi wur­de es im Gewerk­schafts­haus und der Abend­aka­de­mie gezeigt.

Da ich wuss­te, dass Rosa Luxem­burg am 5. März 2021 ihren 150. Geburts­tag hat­te, war es mir ein Anlie­gen, sie aus die­sem Anlass in Mann­heim ent­spre­chend gewür­digt zu wis­sen. Die Initia­ti­ve Frau­en­we­ge hat sich für die­se Wür­di­gung ein­ge­setzt, und so ergab sich unse­re Zusam­men­ar­beit. Die schö­ne Ein­wei­hungs­fei­er haben wir als Initia­ti­ve ent­spre­chend unse­ren Fähig­kei­ten gemein­sam geplant und durchgeführt.

War­um gera­de Rosa Luxemburg?
Bar­ba­ra: Was für eine Fra­ge! Der bis­her unbe­nann­te Park liegt an der Sei­te der Karl-Marx-Stra­ße im Vier­tel der frü­hen Sozia­lis­ten. Er muss­te ein­fach nach Rosa Luxem­burg benannt wer­den. Das war von Anfang an die Idee der Initia­ti­ve Frau­en­we­ge. Sie hat sich sehr dar­um bemüht, dass der Park mit Beschil­de­rung zum 150. Geburts­tag prä­sen­ta­bel ist. Und dass das eine wür­di­ge Fei­er mit etwa 200 Gäs­ten wer­den konnte.

Wird Rosa Luxem­burg durch die Benen­nung des Parks nicht noch mehr zur his­to­ri­schen Iko­ne stilisiert?
Bet­ti­na: Stra­ßen­na­men sol­len ja Per­so­nen der Geschich­te wür­di­gen. Ein gan­zes Vier­tel im Almen­hof ist mit Namen von revo­lu­tio­nä­ren Män­nern benannt wor­den, aber zur „Iko­ne“ wur­de dadurch kei­ner von ihnen. Inso­fern habe ich kei­ne Beden­ken, dass mit Rosa Luxem­burg so etwas pas­siert. Sie wird durch die Benen­nung hof­fent­lich mehr Öffent­lich­keit bekom­men, ins Bewusst­sein drin­gen, und das hat sie mehr als verdient.

Bernd Köh­ler bei der Ein­wei­hung des Rosa-Luxem­burg-Parks am 5. März 2021 (Foto: helmut-roos@web.de)

Was ist denn an Rosa Luxem­burg aus Eurer Sicht heu­te noch aktuell?
Bet­ti­na: Alles. Rosa Luxem­burg hat sich Zeit ihres Lebens für Men­schen­rech­te, Selbst­be­stim­mung und den Kampf gegen aus­beu­te­ri­sche Ver­hält­nis­se ein­ge­setzt. Sie hat vehe­ment gegen Krieg, Impe­ria­lis­mus und Kolo­nia­lis­mus gekämpft. Dafür war sie ins­ge­samt vier Jah­re ihres Lebens inhaftiert.

Heu­te fin­den wir noch Stra­ßen­na­men in Mann­heim von Unter­stüt­zern der aus­beu­te­ri­schen mör­de­ri­schen Kolo­ni­sa­ti­on, gegen die Rosa Luxem­burg damals schon gekämpft hat. Ihre Zie­le sind lei­der noch lan­ge nicht erreicht. Wir leben in Deutsch­land zwar in „bes­se­ren“ Ver­hält­nis­sen als die Mas­se der aus­ge­beu­te­ten Arbeiter*innen vor über hun­dert Jah­ren, aber die Aus­beu­tung hat sich mas­siv in ande­re Tei­le der Welt aus­ge­brei­tet und ist mit Elend und Krieg verbunden.

Rosa Luxem­burg wür­de sich heu­te sicher enga­gie­ren gegen die bru­ta­le Abschot­tungs­po­li­tik, die Euro­pa den aus die­sen Ver­hält­nis­sen geflüch­te­ten Men­schen gegen­über an den Tag legt.

Auch in der Fra­ge der Kli­ma­kri­se wäre Rosa Luxem­burg als Kämp­fe­rin an vor­ders­ter Front. Ein sehr wich­ti­ger Aspekt in ihrem Leben war der respekt­vol­le Umgang mit der Natur. Schon früh hat sie das Aus­ster­ben der Arten­viel­falt am Bei­spiel von Sing­vö­geln beschrie­ben, das sie selbst beob­ach­tet hat. Sie war ein extrem viel­schich­ti­ger Mensch und hat sich für uni­ver­sel­le Fra­gen der Men­schen ein­ge­setzt, die noch lan­ge nicht beant­wor­tet sind.

Wie ist die Initia­ti­ve Frau­en­we­ge entstanden?
Bar­ba­ra: Schon bei dem Umzug zum 200. Geburts­tag von Karl Marx im Mai 2018 haben meh­re­re Frau­en einen Blick auf die ande­ren Stra­ßen­na­men im Vier­tel gewor­fen und gefor­dert, dass auch 1848er-Revo­lu­tio­nä­rin­nen und Sozia­lis­tin­nen mit Stra­ßen­na­men geehrt wer­den. Dar­aus hat sich eine klei­ne Initia­tiv­grup­pe von fünf Frau­en gebil­det, die mit lan­gem Atem und unver­dros­se­ner Zähig­keit dar­an fest­hal­ten, dass dies geän­dert wird. Deren Aktio­nen waren zum Bei­spiel zwei Füh­run­gen im Vier­tel, Auf­trit­te im Bezirks­bei­rat, Gesprä­che, Brie­fe und Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit Parteivertreter*innen, Bespre­chun­gen im Stadt­ar­chiv und eine klei­ne Kul­tur­ver­an­stal­tung im letz­ten Herbst. Da ist ganz schön viel im Hin­ter­grund gelaufen.

Wel­che wei­te­ren Pro­jek­te ste­hen der­zeit an, und wie kön­nen sie unter­stützt werden?
Bar­ba­ra: Wei­te­re Weg-Benen­nun­gen ste­hen an. Die ent­spre­chen­den Anträ­ge sind von der LiPar­Tie und den Grü­nen bereits seit lan­gem im Gemein­de­rat eingebracht.

Die Ver­wal­tung hat ihre bis­he­ri­gen „Grün­de“ für die Nicht­be­nenn­bar­keit der Wege und die Ver­wei­ge­rung von Namens­schil­dern auf­ge­ge­ben. Sie hat sogar einen prag­ma­ti­schen Grund für die Benen­nung von Wegen ein­ge­führt: die bes­se­re Ori­en­tie­rung für even­tu­el­le Ret­tungs­ein­sät­ze. Und sie steht aus­drück­lich zur Gleich­be­rech­ti­gung im Leit­bild 2030 der Stadt.

Kon­kret geht es als nächs­tes um den Platz zwi­schen den Bun­kern gegen­über der Maria-Hilf-Kir­che, der nach Liset­te Hatz­feld benannt wer­den soll. Das ist in den zustän­di­gen Gre­mi­en bereits auf dem Weg. Wir wün­schen uns jedoch auch eine opti­sche Auf­wer­tung des der­zeit ziem­lich ver­wahr­los­ten Ensem­bles. Dafür wer­den wir im Stadt­teil sicher noch Unter­stüt­zung finden.

Wir wür­den es auch begrü­ßen, wenn in ande­ren Stadt­tei­len mehr Frau­en mit der Benen­nung von Wegen und Plät­zen gewür­digt werden.

* [Die Fra­gen stell­te W. A.]

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar April 2021
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