Vor 100 Jahren

Lenins Tod 1924: Wei­chen­stel­lung für den Stalinismus?

 

E. B.

Lenin stirbt am 21. Janu­ar 1924 im Alter von nicht ein­mal 54 Jah­ren. Sei­ne zer­rüt­te­te Gesund­heit und sein frü­her Tod sind Fol­gen eines Atten­tats im Som­mer 1918.

N. Krupskaja und Lenin, August/September 1922. (Foto: Maria Uljanowa, (gemeinfrei).

N. Krups­ka­ja und Lenin, August/September 1922. (Foto: Maria Ulja­no­wa, (gemein­frei).

In sei­nen letz­ten Lebens­mo­na­ten erkennt Lenin immer kla­rer die Gefah­ren der Büro­kra­ti­sie­rung des Räte­staa­tes. Anfang Janu­ar 1923 for­dert er in einem Nach­trag zum „Brief an den Par­tei­tag“, die Ablö­sung Sta­lins als Gene­ral­se­kre­tär der Partei.

In sei­ner letz­ten öffent­li­chen Stel­lung­nah­me kri­ti­siert Lenin Anfang März 1923 scharf die Par­tei­bü­ro­kra­tie und den „abscheu­li­chen“ Staats­ap­pa­rat. Das Über­le­ben des revo­lu­tio­nä­ren Ruß­land hängt ihm zufol­ge ent­schei­dend von der Über­win­dung des Man­gels an Zivi­li­sa­ti­on ab.

Von der damals neu ent­ste­hen­den büro­kra­ti­schen Kas­te wird Lenin als mumi­fi­zier­te Iko­ne miss­braucht. Er dient fort­an zur qua­si reli­giö­sen Legi­ti­ma­ti­on des kon­ter­re­vo­lu­tio­nä­ren sta­li­nis­ti­schen Terrorregimes.

Heu­te ist die Dämo­ni­sie­rung Lenins üblich bei den Pro­fi­teu­ren des Kapi­ta­lis­mus im Osten wie im Westen.

Russ­lands Des­pot Putin ori­en­tiert sich an „star­ken Herr­schern“ wie Sta­lin und den Zaren. Lenin ist für ihn hin­ge­gen des Teu­fels, hat er doch die Unter­drück­ten ermu­tigt, nach dem räte­de­mo­kra­ti­schen Vor­bild der Pari­ser Kom­mu­ne die Macht zu übernehmen.

Der deut­sche Staats­his­to­ri­ker H. A. Wink­ler sieht in Lenin schlicht den Urhe­ber eines Put­sches zur Errich­tung einer „Dik­ta­tur … von Berufsrevolutionären“.

In einer sol­chen Gemenge­la­ge ist es gut, sich erin­nern zu können.

Im Janu­ar 1974 schrei­ben die Mann­hei­mer Sozia­lis­ten und SPD-Mit­glie­der Ger­da und Her­mann Weber in der Vor­be­mer­kung zu ihrer Lenin-Chro­nik: „Vor 50 Jah­ren starb Wla­di­mir Iljitsch Lenin, der wie kaum ein zwei­ter den Lauf der Geschich­te unse­rer Zeit beein­flußt hat. Lenins Leben ist heu­te mehr denn je von Legen­den umwo­ben, das Bild sei­ner Per­sön­lich­keit und sei­ner poli­ti­schen Ideen ‚von der Par­tei­en Gunst und Haß‘ bestimmt. Eine nüch- ter­ne Chro­no­lo­gie scheint unter die­sen Umstän­den durch­aus nütz­lich und gerechtfertigt.“

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Janu­ar 2024
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