Die Gründung der RKJ in Mannheim
W. A.
Großer Andrang in den engen Räumen des „Wild West“ in der Neckarstadt. Vierzig Menschen wollten am 31. Januar 2020 erfahren, was Billy Hutter über „Mannheim 1968 und die Gründung der Revolutionär-Kommunistischen Jugend [RKJ]“ zu erzählen hatte. Und das war nicht wenig.
Durch die Jugendrevolte von 1968 radikalisierten sich Hunderttausende. Die nicht unbedeutende Rolle der revolutionär-sozialistischen Jeunesse communiste révolutionnaire (JCR) im Mai 68 strahlte auch nach Deutschland aus.
Eine aktivistische Strömung junger Menschen suchte damals intensiv nach grundlegenden Antworten auf die großen sozialen und politischen Fragen jener Zeit. Die IV. Internationale konnte in diesen Kreisen mit ihren rätedemokratischen Positionen jenseits von Kapitalismus und Stalinismus eine gewisse Anziehungskraft entfalten.
In seinem mit vielen Bildern illustrierten Vortrag zeichnete Billy Hutter Entwicklungsstränge dieser Jahre nach. Zahlreiche Fakten, Anekdoten und Annahmen konnten von ihm zu einem unterhaltsamen Bogen zusammengeflochten werden. Dieser reichte von der Nachkriegsgeschichte der deutschen Sektion der IV. Internationale bis zum Entstehen der RKJ vor 50 Jahren.
Sie war am 31. Januar 1970 in Mannheim gegründet worden. Damit begann formell der keineswegs konfliktfreie Verjüngungsprozess des deutschen Zweigs der „Vierten“. In der Region gab es damals nicht nur in Mannheim, sondern auch in Heidelberg, Ludwigshafen, Neustadt und Speyer RKJ-Gruppen.
Ein zunächst zögerlich begonnener Austausch über Billy Hutters Ausführungen rundete den Abend ab. Zahlreiche Wortmeldungen vor allem aus den Reihen der leicht ergrauten Schar ehemaliger RKJ- und GIM-Mitglieder erweiterten die Dimension der Veranstaltung. Ein Hauch von Wehmut über die eigene, verlorengegangene radikale Jugend war im „Wild West“ zu spüren.
Es gab sehr berechtigte kritische Anmerkungen etwa zur anfänglichen Ignoranz der Frauenunterdrückung oder zum Stil damaliger interner Debatten. Dem standen erfreulich viele positive, teils vehement eingebrachte Erinnerungen gegenüber. Etwa an die freien innerorganisatorischen Diskussionen oder das glaubwürdige Streben nach Aktionseinheiten mit anderen Gruppierungen.