War­um sind Frau­en beson­ders vom Faschis­mus bedroht?“

 

R. G.

Kundgebung gegen rechts in Ludwigshafen, 3. Februar 2024. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Kund­ge­bung gegen rechts in Lud­wigs­ha­fen, 3. Febru­ar 2024. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Welt­weit gewin­nen reak­tio­nä­re und faschis­ti­sche Kräf­te an Ein­fluss. Gleich­zei­tig nimmt die Gewalt gegen Frau­en zu und wer­den Frau­en­rech­te ein­ge­schränkt. Wie untrenn­bar dies mit­ein­an­der ver­bun­den ist, dis­ku­tier­ten wir bei unse­rem Info­abend im März 2024 unter der Fra­ge­stel­lung „War­um sind Frau­en beson­ders vom Faschis­mus bedroht?“.

Unse­rer Refe­ren­tin gelang es sehr gut, in die­ses The­ma ein­zu­lei­ten. Dabei kon­zen­trier­te sie sich in ihrem Vor­trag auf wesent­li­che Aspek­te der Frau­en­un­ter­drü­ckung durch den Faschis­mus – die All­tags­kul­tur, die Rol­le als Pfle­gen­de, die Rol­le als Mut­ter sowie die Gewalt gegen Frauen.

Aspek­te der Unterdrückung
Der Faschis­mus ver­fes­tigt die all­täg­li­che Unter­drü­ckung von Frau­en. Er drängt Frau­en ins „Pri­va­te“ und weist ihnen die Rol­le von Pfle­gen­den zu. Dies steht im engen Zusam­men­hang mit Kür­zun­gen im Sozi­al­be­reich. Denn die not­wen­di­ge Betreu­ungs- und Pfle­ge­ar­beit muss dann im fami­liä­ren Umfeld geleis­tet wer­den, und dies geschieht vor allen durch Frauen.

Frau­en sind im faschis­ti­schen Welt­bild erst dann wirk­li­che Frau­en, wenn sie (mög­lichst vie­le) Kin­der gebo­ren haben und Müt­ter sind. Dabei sol­len sich Frau­en in schlimms­ter „ras­se­hy­gie­ni­scher“ Tra­di­ti­on nur mit Män­nern des „eige­nen Vol­kes“ paa­ren und so das „eige­ne Volk“ vermehren.

Die­se zuge­wie­se­nen Rol­len machen es Frau­en kaum mög­lich, eine exis­tenz­si­chern­de Voll­zeit­stel­le anzu­neh­men. So wer­den sie noch stär­ker in die Abhän­gig­keit von staat­li­cher Unter­stüt­zung und/oder von „ihren“ Män­nern gezwängt. Je grö­ßer die­se Abhän­gig­keit ist, des­to mehr sind Frau­en männ­li­cher Gewalt ausgeliefert.

Auch die Mili­ta­ri­sie­rung der Gesell­schaft erzeugt Gewalt gegen Frau­en. Denn die­se steht – wie der Faschis­mus – für ein aggres­si­ves Män­ner­bild und legi­ti­miert Gewalt als Kon­flikt­lö­sung. Von die­ser Gewalt sind Frau­en beson­ders betrof­fen; in zuge­spitz­ter Form durch den geziel­ten Ein­satz sexua­li­sier­ter Gewalt gegen Frau­en in Kriegen.

Was tun?
Zum Schluss ent­wi­ckel­te unse­re Refe­ren­tin eine Per­spek­ti­ve des Wider­stands. Gegen die gesell­schaft­li­che Ent­wick­lung und die faschis­ti­sche Bedro­hung muss der Kampf für eine soli­da­ri­sche Gesell­schaft, in der es kei­ne sozia­len Unter­schie­de zwi­schen den Geschlech­tern und den Klas­sen mehr gibt, geführt werden.
Aktu­ell bedeu­tet dies unter ande­rem, für glei­ches Ent­gelt bei ver­gleich­ba­rer Arbeit sowie für Arbeits­zeit­ver­kür­zung bei vol­lem Lohn- und Per­so­nal­aus­gleich einer­seits, aber gegen die Ver­ge­wal­ti­gungs-Unkul­tur und gegen Kür­zun­gen im sozia­len und gesund­heit­li­chen Bereich ande­rer­seits zu kämpfen.

Dis­kus­si­on mit Tiefgang
Ein Dis­kus­si­ons­the­ma war, inwie­fern der his­to­ri­sche Faschis­mus die Durch­set­zung des „radi­kals­ten Patri­ar­chats“ gewe­sen sei. Dabei wur­de klar, dass der Faschis­mus ein extrem tie­fer his­to­ri­scher Ein­schnitt war, des­sen Fol­gen bis heu­te nach­wir­ken. Er zer­schlug gewalt­sam nicht nur die alte Arbei­ter­be­we­gung, son­dern auch die poli­ti­sche Frau­en­be­we­gung und besei­tig­te die durch die­se erkämpf­ten Errungenschaften.

Ein wei­te­rer Punkt war die Frau­en­un­ter­drü­ckung in der kapi­ta­lis­ti­schen, neo­li­be­ra­len par­la­men­ta­ri­schen Demo­kra­tie. Denn auch in den indus­tri­ell ent­wi­ckel­ten, kapi­ta­lis­ti­schen Län­dern ist Armut nach wie vor weib­lich, erfah­ren Frau­en mehr­fa­che Unter­drü­ckung und sind Frau­en all­täg­li­cher Gewalt ausgesetzt.
Dis­ku­tiert wur­de auch, dass „moder­ne“ Faschis­ten hin­ter einer „frau­en­freund­li­chen“ Mas­ke wei­ter­hin ihr reak­tio­nä­res Frau­en­bild ver­tre­ten. Dar­an ändern auch Frau­en in faschis­ti­schen Füh­rungs­po­si­tio­nen nichts. Im Kern ist der „moder­ne“ Faschis­mus der „alte“ Faschis­mus geblie­ben: auto­ri­tär, män­ner­ori­en­tiert und frauenfeindlich.

Am Ende ging es um die Fra­ge, was ange­sichts der rea­len faschis­ti­schen Gefahr getan wer­den kann. Die Teil­neh­men­den waren sich dar­in einig, dass mehr Auf­klä­rung über den Faschis­mus und die Ent­wick­lung glaub­wür­di­ger gesell­schaft­li­cher Soli­da­ri­tät not­wen­dig sind.

Wich­ti­ge Schrit­te dabei sind der Auf­bau einer soli­da­ri­schen Front, die anti­fa­schis­ti­sche Arbeit in Betrie­ben und Gewerk­schaf­ten und die wirk­sa­me Unter­stüt­zung gesell­schaft­li­cher und gewerk­schaft­li­cher Frauenkämpfe.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar April 2024
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