Was tun, wenn der Betriebs­rat gemobbt wird?

 

O. T.

Nicht nur bei der Dul­ger-Fir­ma Pro­Mi­nent wer­den akti­ve Betriebs­rats­mit­glie­der bekämpft. In immer mehr Unter­neh­men betrach­ten Geschäfts­lei­tun­gen enga­gier­te Betriebs­rä­te (BR) als Profithindernis.

DGB-Kundgebung in Mannheim mit ewo², 1. Mai 2022. (Foto: Avanti²)

DGB-Kund­ge­bung in Mann­heim mit ewo², 1. Mai 2022. (Foto: Avanti²)

Sol­che BR wol­len sie los­wer­den oder durch geneh­me, „gel­be Betriebs­rä­te“ erset­zen. In der Umset­zung gehen die Mob­ber dabei sys­te­ma­tisch vor.

Es fängt in der Regel so an: Betriebs­rä­te wer­den zu spät oder nur unvoll­stän­dig infor­miert, Fris­ten nicht ein­ge­hal­ten, Anfra­gen igno­riert, Ter­mi­ne nicht wahr­ge­nom­men, die Teil­nah­me an Schu­lun­gen oder Betriebs­rats­sit­zun­gen verhindert.

Das wirkt auf Dau­er zer­mür­bend und unter­gräbt den Rück­halt des Betriebs­rats in der Beleg­schaft. Denn wer igno­riert wird, hat es schwer, Ver­bes­se­run­gen für die Beschäf­tig­ten durchzusetzen.

Wenn dies alles nicht hilft, dann wird zum Mit­tel der Schi­ka­ne gegen ein­zel­ne enga­gier­te BR-Mit­glie­der gegrif­fen. Das Spek­trum reicht von ver­ba­len Dro­hun­gen und will­kür­li­chen Ver­set­zun­gen bis hin zu Abmah­nun­gen, Kün­di­gun­gen oder Amtsenthebungsverfahren.

Sys­te­ma­ti­sche Gegenwehr
Um erfolg­reich die Angrif­fe des Manage­ments abweh­ren zu kön­nen, braucht ein Betriebs­rat vor allem den Rück­halt der Beleg­schaft. Ohne die­se Unter­stüt­zung wird er lang­fris­tig verlieren.
Um sich Respekt zu ver­schaf­fen, muss der BR bereit sein, vor allem mit betrieb­li­chen Druck­mit­teln sei­ne Mit­be­stim­mungs­rech­te durchzusetzen.

Gege­be­nen­falls darf er auch nicht den Gang zum Arbeits­ge­richt scheu­en. Dabei ist aber zu beach­ten, dass der BR sich in der juris­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung mit der Unter­neh­mens­lei­tung nicht ver­aus­gabt. Ansons­ten hat er kaum die Zeit und Kraft, sich um die Umset­zung der eige­nen inhalt­li­chen Agen­da zu kümmern.

Betriebs­rä­te müs­sen des­halb juris­ti­sche Maß­nah­men einer Gesamt­stra­te­gie unter­ord­nen. Der Kampf für die Rech­te der Beschäf­tig­ten ent­schei­det sich letzt­lich nicht vor Gericht, son­dern im Betrieb.

Wich­ti­ger Hebel für eine erfolg­rei­che Betriebs- und Gewerk­schafts­ar­beit ist die Her­aus­bil­dung eines har­ten Kerns akti­ver Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen. Sie haben mit­tels eines selbst erstell­ten Arbeits­plans, die Arbeit des BR-Gre­mi­ums zu sys­te­ma­ti­sie­ren und mit dem gewerk­schaft­li­chen Ver­trau­ens­kör­per (soweit vor­han­den) zu koordinieren.

Dort, wo es noch kei­nen gewerk­schaft­li­chen Ver­trau­ens­kör­per gibt, ist er unbe­dingt auf­zu­bau­en. Die gewerk­schaft­li­chen Ver­trau­ens­leu­te sind ent­schei­den­de Bin­de­glie­der zur Beleg­schaft und zur Gewerk­schaft. Im Gegen­satz zum Betriebs­rat kön­nen sie auch Streiks organisieren.

Soli­da­ri­tät – das Zauberwort
Die Hal­tung der Beschäf­tig­ten ist der ent­schei­den­de Fak­tor. Steht die Beleg­schaft ein­heit­lich für ihre eige­nen Inter­es­sen und den Betriebs­rat ein, ist es für das Manage­ment schwer dage­gen anzukommen.

Um solch ein güns­ti­ges Kräf­te­ver­hält­nis ent­wi­ckeln zu kön­nen, müs­sen die Beschäf­tig­ten sys­te­ma­tisch über die Arbeit des Betriebs­rats infor­miert wer­den. Zudem sind sie aktiv in die Betriebs­rats- und Gewerk­schafts­ar­beit ein­zu­be­zie­hen. Das schafft nicht nur Ver­trau­en und Glaub­wür­dig­keit, son­dern auch Selbstbewusstsein.

Wenn das gelingt, und der Rück­halt in der Beleg­schaft sta­bil ist, kön­nen die aggres­si­ven Prak­ti­ken des Manage­ments einen „Bume­rang-Effekt“ aus­lö­sen. Er bewirkt, dass es statt zur Spal­tung zu einer Soli­da­ri­sie­rung kommt. Dadurch erwei­tert sich der Hand­lungs­spiel­raum des Betriebs­rats und der Gewerk­schaft im Betrieb spürbar.

Die Soli­da­ri­tät der Beleg­schaft mit ihrem Betriebs­rat her­zu­stel­len und zu fes­ti­gen, muss des­halb ein zen­tra­les Ziel akti­ver Betriebs- und Gewerk­schafts­ar­beit sein.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Juni 2022
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