U. D.
Am 26. Februar 2021 befasste sich der monatliche Online-Infoabend der ISO Rhein-Neckar mit dem #ZeroCovid-Aufruf. Damit wurde eine Diskussion fortgesetzt, die auf dem Infoabend am 22. Januar 2021 begonnen hatte.
Regierungsstrategie gescheitert
Im Einleitungsreferat wurde der ZeroCovid-Ausruf vorgestellt. Dieser Aufruf geht davon aus, dass die Regierungsstrategie, die „Infektionskurve“ abzuflachen („flatten the curve“) gescheitert ist.
Der Referent versuchte dies zu belegen, indem er den Verlauf der ersten Welle mit der zweiten Welle verglich. Während die erste Welle, der Regierungsstrategie Recht zu geben schien, zeige die hohe Zahl von Todesopfern, dass diese Strategie nicht in der Lage sei, die Pandemie wirklich einzudämmen. So seien von den derzeit 70.000 Corona-Toten alleine 60.000 in der zweiten Welle verstorben.
Auch wenn die Infektionszahlen gesunken seien, blieben sie aktuell über dem Niveau der ersten Welle. Zugleich verlaufe die Massenimpfung schleppender als angekündigt. Erschwerend komme hinzu, dass eine dritte Welle möglicherweise schon begonnen habe. Und bis heute gäbe es keine nachvollziehbare Strategie, aus den staatlichen Pandemie-Maßnahmen mit all ihren Einschränkungen auszusteigen.
„Solidarischer Shutdown“
Der #ZeroCovid-Aufruf bezieht sich auf den Aufruf von Wissenschaftler*innen im Dezember 2020 zur Eindämmung der Pandemie. In diesem wurde u. a. das notwendige Ziel genannt, die Inzidenzzahl auf unter 10 zu senken.
#ZeroCovid fordert davon ausgehend, die Inzidenzzahl unter 10 und letztendlich auf 0 zu senken. Dies würde unter anderem auch im NoCovid-Aufruf gefordert. Dazu bedürfe es einer gesamteuropäischen Initiative, einer umfangreichen Teststrategie, eine strikte Rückverfolgung von Infektionen sowie der „Isolation“ von Infizierten und Infektionsstätten.
Ein zentraler Vorschlag zur Senkung der Inzidenzzahl ist ein „solidarischer Shutdown“ von mehreren Wochen. In diesem darf es nicht nur Einschränkungen im privaten Bereich geben. Vielmehr müssen auch die Betriebe und Arbeitsstätten soweit als möglich geschlossen werden. Die positiven Erfahrungen zahlreicher Staaten und großer Städte (z. B. Melbourne) mit dieser Strategie zeigen, dass dieser Weg erfolgreich sein kann. Finanziert werden sollen die Folgen eines solchen umfassenden „Shutdowns“ durch Steuern auf Vermögen und zu Lasten der Reichen.
#ZeroCovid schlägt weiterhin vor, die Patente der Impfmittel zu vergesellschaften und das Gesundheitswesen schnell und massiv wieder auszubauen (u. a. mehr Personal, höhere Löhne).
#ZeroCovid sieht im Gegensatz zu anderen Initiativen und Aufrufen nicht nur die Notwendigkeit, staatliche Maßnahmen durchzusetzen. Vielmehr setzt #ZeroCovid auf die Selbstorganisation und Eigenaktivität der Menschen innerhalb und außerhalb der Betriebe.
Zur politischen Aktion
Die anschließende Diskussion setzte sich kritisch und solidarisch mit dem Aufruf auseinander. So wurde zum Beispiel kritisiert, dass der Aufruf vieles im Unklaren lasse, seine Gegenstrategie nicht klar genug formuliere, unklar sei, wie es nach einem „solidarischen Shutdown“ weitergehe. Dabei wurde deutlich, dass gerade auch die Kürze des Aufrufs inhaltliche Fragen unbeantwortet lässt.
Letztendlich wurde der Aufruf überwiegend positiv beurteilt. So würde er, trotz aller offenen Fragen, der politischen Linken die Chance bieten, der „Corona-Starre“ zu entkommen. Dazu dürfe der Aufruf aber nicht Papier bleiben, sondern müsse mit Leben gefüllt werden.
Das könnte zum Beispiel bedeuten:
• Den Aufruf dort, wo gelebt, gelernt und gearbeitet wird, bekannt zu machen und für eine konkrete Anti-Pandemie-Arbeit zu nutzen.
• ZeroCovid-Initiativen zu gründen, die an den jeweiligen Orten gemeinsame Aktionen vorbereiten.
Inwiefern dies in den kommenden Wochen gelingt, bleibt abzuwarten. Die ISO Rhein-Neckar ist der Meinung, dass sich dies politisch lohnt und wird versuchen, entsprechende Initiativen mit aufzubauen oder zu unterstützen.