1. Mai 2021 in Mannheim

Soli­da­ri­tät ist Zukunft“

K.S.

Der 1. Mai stand auch in die­sem Jahr völ­lig im Zei­chen der Pan­de­mie. Bereits im Vor­feld sorg­te das Mann­hei­mer Ord­nungs­amt für Cha­os. Es hat­te näm­lich alle Demons­tra­tio­nen auf Grund der hohen Inzi­denz­zah­len in der Qua­dra­te­stadt ver­bo­ten und nur sta­tio­nä­re Kund­ge­bun­gen erlaubt.

Der Deut­sche Gewerk­schafts­bund (DGB) ent­schied sich lei­der, gegen die­sen Beschluss kei­ne Rechts­mit­tel ein­zu­le­gen. Er begnüg­te sich damit, eine Kund­ge­bung auf dem Markt­platz abzu­hal­ten. Zudem akzep­tier­te der DGB die behörd­li­che Auf­la­ge, dass maxi­mal 200 Men­schen zu der Ver­an­stal­tung zuge­las­sen wer­den sollten.

DGB-Kundgebung am 1. Mai 2021 in Mannheim (Foto: helmut-roos@web.de)

DGB-Kund­ge­bung am 1. Mai 2021 in Mann­heim (Foto: helmut-roos@web.de)

Ver­tei­di­gung des Rechts auf Demonstration
Das Soli­da­ri­täts-Netz­werk Mann­heim hat­te nach dem Ver­zicht des DGB beschlos­sen, eine eige­ne Demons­tra­ti­on anzu­mel­den. Unter dem Mot­to „Lock­down Capi­ta­lism!“ woll­te das Bünd­nis damit die For­de­rung „Für eine soli­da­ri­sche Lösung von Pan­de­mie und Kri­se“ unter­strei­chen. Das Soli-Netz­werk ist ein Zusam­men­schluss meh­re­rer anti­ka­pi­ta­lis­ti­scher Grup­pen und Orga­ni­sa­tio­nen, das auch von der ISO Rhein-Neckar unter­stützt wird.

Gegen das erwar­te­te Ver­bot der Stadt Mann­heim zog das Soli­da­ri­täts-Netz­werk vor Gericht und konn­te erfolg­reich das Recht auf Demons­tra­ti­on am 1. Mai verteidigen.

Die Auf­la­gen der Stadt Mann­heim sahen aller­dings vor, dass höchs­tens 200 Per­so­nen in Blö­cken von 15 Teil­neh­men­den sich an einem Demo­zug betei­li­gen durf­ten. Da sich jedoch mehr Men­schen am Alten Meß­platz ein­ge­fun­den hat­ten, wur­de spon­tan eine wei­te­re Demons­tra­ti­on angemeldet.

Nach dem Auf­takt mit Rede­bei­trä­gen aus dem Soli-Netz­werk nah­men bei­de Demo­zü­ge den Weg Rich­tung Markt­platz. Auf Grund des­sen, dass sich rund 350 Men­schen an dem Marsch betei­lig­ten, muss­ten die Demons­trie­ren­den jedoch bis zum Para­de­platz weiterlaufen.

Danach begab sich ein Groß­teil der Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer zur Kund­ge­bung des DGB auf dem Markt­platz, so dass auch die­ser sich rasch füllte.

Haupt­re­de mit kämp­fe­ri­schen Akzenten
Die Kund­ge­bung des DGB stand unter dem Mot­to „Soli­da­ri­tät ist Zukunft“. Sie war in Anbe­tracht der Umstän­de erfreu­lich gut besucht. Im Anschluss an die Demo befan­den sich rund 500 Men­schen auf dem Marktplatz.

Nach der Begrü­ßung durch den DGB-Kreis­vor­sit­zen­den Jens Leh­feldt hielt Tho­mas Hahl, Ers­ter Bevoll­mäch­tig­ter der IG Metall (IGM) in Mann­heim, die Hauptrede.

Hahl stell­te die Pan­de­mie ins Zen­trum sei­ner kämp­fe­ri­schen Anspra­che. Die Kri­se habe die Beschäf­tig­ten in jeder Hin­sicht här­ter getrof­fen als die Kon­zer­ne. Die­se hät­ten auch im ver­gan­ge­nen Jahr meist wie­der gro­ße Gewin­ne gemacht. Der IGM-Haupt­amt­li­che kri­ti­sier­te unter ande­rem auch, dass Unter­neh­mens­lei­tun­gen immer öfter Betriebs­rä­te mob­ben würden.

Hahl sag­te mit Blick auf die Ein­zel­ge­werk­schaf­ten: „Wir müs­sen über die Gewerk­schafts­gren­zen hin­weg Soli­da­ri­tät zei­gen und gemein­sam für sozia­le Gerech­tig­keit kämpfen!”

Gesund­heits­schutz in der Arbeitswelt
In wei­te­ren Rede­bei­trä­gen the­ma­ti­sier­ten jün­ge­re Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen aus den Orga­ni­sa­ti­ons­be­rei­chen der Gewerk­schaf­ten IG BCE, IGM und ver.di die Situa­ti­on der jun­gen Men­schen in der Arbeits­welt. Sie for­der­ten bes­se­re Aus­bil­dungs­be­din­gun­gen und die Über­nah­me in siche­re Arbeitsverhältnisse.

Auch die durch die Pan­de­mie noch mehr zuge­spitz­te Lage im Pfle­ge­be­reich kam zur Spra­che. Die Vor­sit­zen­de der Jugend- und Aus­zu­bil­den­den­ver­tre­tung des städ­ti­schen Uni-Kli­ni­kums for­der­te unmiss­ver­ständ­lich eine Abkehr von der Pro­fit­ori­en­tie­rung im Gesundheitswesen.

Den Schluss­punkt im Rei­gen der Anspra­chen setz­te ein Ver­tre­ter des IGM-Arbeits­krei­ses Arbeits- und Gesund­heits­schutz. Er kri­ti­sier­te den meist feh­len­den Gesund­heits­schutz in den Betrieben.

Für die über 40 Mil­lio­nen Beschäf­tig­ten in Deutsch­land müs­se end­lich der seit 1996 zwin­gend vor­ge­schrie­be­ne vor­beu­gen­de Gesund­heits­schutz am Arbeits­platz durch­ge­setzt wer­den. Dann könn­ten auch die zur Bekämp­fung der Pan­de­mie erfor­der­li­chen tech­ni­schen, orga­ni­sa­to­ri­schen und per­sön­li­chen Schutz­maß­nah­men ver­wirk­licht wer­den. Statt­des­sen wer­de seit Jah­ren ein fol­gen­schwe­rer Geset­zes­bruch betrie­ben. Das sei ein Skan­dal. Die Anwe­sen­den auf der DGB-Kund­ge­bung sahen das offen­bar nicht anders.

Han­deln statt Reden
Die Ver­schär­fung des Klas­sen­kampfs von oben in Zei­ten der Pan­de­mie ist ein Fakt. Damit Soli­da­ri­tät in Zukunft wirk­sa­mer wird, müs­sen die Gewerk­schaf­ten den guten Wor­ten am 1. Mai hart­nä­ckig und kon­se­quent Taten an allen ande­ren Tagen des Jah­res fol­gen las­sen. Erfor­der­lich ist des­halb das furcht­lo­se Strei­ten für die Abkehr von den Illu­sio­nen der „Sozi­al­part­ner­schaft“ und für die Durch­set­zung einer akti­vie­ren­den Poli­tik der gewerk­schaft­li­chen Gegenmacht.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Juni 2021
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