„Solidarität ist Zukunft“
K.S.
Der 1. Mai stand auch in diesem Jahr völlig im Zeichen der Pandemie. Bereits im Vorfeld sorgte das Mannheimer Ordnungsamt für Chaos. Es hatte nämlich alle Demonstrationen auf Grund der hohen Inzidenzzahlen in der Quadratestadt verboten und nur stationäre Kundgebungen erlaubt.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) entschied sich leider, gegen diesen Beschluss keine Rechtsmittel einzulegen. Er begnügte sich damit, eine Kundgebung auf dem Marktplatz abzuhalten. Zudem akzeptierte der DGB die behördliche Auflage, dass maximal 200 Menschen zu der Veranstaltung zugelassen werden sollten.
Verteidigung des Rechts auf Demonstration
Das Solidaritäts-Netzwerk Mannheim hatte nach dem Verzicht des DGB beschlossen, eine eigene Demonstration anzumelden. Unter dem Motto „Lockdown Capitalism!“ wollte das Bündnis damit die Forderung „Für eine solidarische Lösung von Pandemie und Krise“ unterstreichen. Das Soli-Netzwerk ist ein Zusammenschluss mehrerer antikapitalistischer Gruppen und Organisationen, das auch von der ISO Rhein-Neckar unterstützt wird.
Gegen das erwartete Verbot der Stadt Mannheim zog das Solidaritäts-Netzwerk vor Gericht und konnte erfolgreich das Recht auf Demonstration am 1. Mai verteidigen.
Die Auflagen der Stadt Mannheim sahen allerdings vor, dass höchstens 200 Personen in Blöcken von 15 Teilnehmenden sich an einem Demozug beteiligen durften. Da sich jedoch mehr Menschen am Alten Meßplatz eingefunden hatten, wurde spontan eine weitere Demonstration angemeldet.
Nach dem Auftakt mit Redebeiträgen aus dem Soli-Netzwerk nahmen beide Demozüge den Weg Richtung Marktplatz. Auf Grund dessen, dass sich rund 350 Menschen an dem Marsch beteiligten, mussten die Demonstrierenden jedoch bis zum Paradeplatz weiterlaufen.
Danach begab sich ein Großteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Kundgebung des DGB auf dem Marktplatz, so dass auch dieser sich rasch füllte.
Hauptrede mit kämpferischen Akzenten
Die Kundgebung des DGB stand unter dem Motto „Solidarität ist Zukunft“. Sie war in Anbetracht der Umstände erfreulich gut besucht. Im Anschluss an die Demo befanden sich rund 500 Menschen auf dem Marktplatz.
Nach der Begrüßung durch den DGB-Kreisvorsitzenden Jens Lehfeldt hielt Thomas Hahl, Erster Bevollmächtigter der IG Metall (IGM) in Mannheim, die Hauptrede.
Hahl stellte die Pandemie ins Zentrum seiner kämpferischen Ansprache. Die Krise habe die Beschäftigten in jeder Hinsicht härter getroffen als die Konzerne. Diese hätten auch im vergangenen Jahr meist wieder große Gewinne gemacht. Der IGM-Hauptamtliche kritisierte unter anderem auch, dass Unternehmensleitungen immer öfter Betriebsräte mobben würden.
Hahl sagte mit Blick auf die Einzelgewerkschaften: „Wir müssen über die Gewerkschaftsgrenzen hinweg Solidarität zeigen und gemeinsam für soziale Gerechtigkeit kämpfen!”
Gesundheitsschutz in der Arbeitswelt
In weiteren Redebeiträgen thematisierten jüngere Kolleginnen und Kollegen aus den Organisationsbereichen der Gewerkschaften IG BCE, IGM und ver.di die Situation der jungen Menschen in der Arbeitswelt. Sie forderten bessere Ausbildungsbedingungen und die Übernahme in sichere Arbeitsverhältnisse.
Auch die durch die Pandemie noch mehr zugespitzte Lage im Pflegebereich kam zur Sprache. Die Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung des städtischen Uni-Klinikums forderte unmissverständlich eine Abkehr von der Profitorientierung im Gesundheitswesen.
Den Schlusspunkt im Reigen der Ansprachen setzte ein Vertreter des IGM-Arbeitskreises Arbeits- und Gesundheitsschutz. Er kritisierte den meist fehlenden Gesundheitsschutz in den Betrieben.
Für die über 40 Millionen Beschäftigten in Deutschland müsse endlich der seit 1996 zwingend vorgeschriebene vorbeugende Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz durchgesetzt werden. Dann könnten auch die zur Bekämpfung der Pandemie erforderlichen technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen verwirklicht werden. Stattdessen werde seit Jahren ein folgenschwerer Gesetzesbruch betrieben. Das sei ein Skandal. Die Anwesenden auf der DGB-Kundgebung sahen das offenbar nicht anders.
Handeln statt Reden
Die Verschärfung des Klassenkampfs von oben in Zeiten der Pandemie ist ein Fakt. Damit Solidarität in Zukunft wirksamer wird, müssen die Gewerkschaften den guten Worten am 1. Mai hartnäckig und konsequent Taten an allen anderen Tagen des Jahres folgen lassen. Erforderlich ist deshalb das furchtlose Streiten für die Abkehr von den Illusionen der „Sozialpartnerschaft“ und für die Durchsetzung einer aktivierenden Politik der gewerkschaftlichen Gegenmacht.