Holo­caust-Ver­harm­lo­ser Annen

In Wein­heim vor Gericht

H. S.

Der bun­des­weit bekann­te reli­gi­ös-fun­da­men­ta­lis­ti­sche Abtrei­bungs­geg­ner Klaus Gün­ter Annen aus Wein­heim kämpft seit über zwei Jahr­zehn­ten mit blut­rüns­ti­gen Bil­dern toter Föten und mit Ver­leum­dun­gen („Abtrei­bung ist Mord“) gegen Schwangerschaftsabbrüche.

In der Öffent­lich­keit und über sei­ne Web­sei­te greift er dabei regel­mä­ßig zu Holo­caust-Ver­glei­chen. Wer dort nach­schaut, liest gleich in roter Schrift: „Der Holo­caust der Nazis ist der Inbe­griff des Grau­ens im Drit­ten Reich. Gibt es eine Stei­ge­rungs­form der grau­sa­men Ver­bre­chen? Ja es gibt sie. Ges­tern KZs, heu­te OPs.“

Kundgebung in Weinheim, 15. Februar 2022. (Foto: Avanti².)

Kund­ge­bung in Wein­heim, 15. Febru­ar 2022. (Foto: Avanti².)

Vor die­sem Hin­ter­grund fand am 15. Febru­ar 2022 vor dem Amts­ge­richt Wein­heim ein Straf­ver­fah­ren gegen Annen und unmit­tel­bar zuvor eine Pro­test­kund­ge­bung statt.

Nein zur Ver­harm­lo­sung des Holocausts
Orga­ni­sa­to­rin der Pro­test­ak­ti­on von rund 60 Men­schen vor dem Gerichts­ge­bäu­de war die Giord­a­no-Bru­no-Stif­tung. Zur Spra­che gebracht wur­den dort die Dif­fa­mie­rung der Ärz­tin Kris­ti­na Hänel durch Annen. Er hat­te die Medi­zi­ne­rin als „Auf­trags­mör­de­rin“ verleumdet.

Vor allem aber wur­de des­sen Gleich­set­zung von Schwan­ger­schafts­ab­brü­chen mit dem Holo­caust the­ma­ti­siert. Er ver­höh­ne die Opfer des Holo­caust und ver­harm­lo­se die Mas­sen­ver- nich­tung von Jüdin­nen und Juden, Roma und Sinti.

Unter ande­rem gab es bei der Kund­ge­bung Rede­bei­trä­ge der Giord­a­no-Bru­no-Stif­tung, der Anne-Frank-Stif­tung, von „Omas gegen Rechts“, „Doc­tors for Choice“, des Femi­nis­ti­schen Bünd­nis­ses Hei­del­berg und von Kris­ti­na Hänel selbst.

Staats­an­walt­schaft: „Kei­ne Volks­ver­het­zung“
Die Staats­an­walt­schaft Mann­heim lehn­te schon im Vor­feld eine Straf­ver­fol­gung Annens wegen Volks­ver­het­zung durch Ver­harm­lo­sung des Holo­caust gem. § 130 Abs. 3 StGB ab. Sie ließ nur ein Ver­fah­ren wegen Belei­di­gung zu. Annen ver­su­che, mit sei­nen pro­vo­zie­ren­den Holo­caust-Ver­glei­chen vor allem Öffent­lich­keit für sei­ne Abtrei­bungs­kri­tik zu bekommen.

Laut Staats­an­walt­schaft hat kei­ne Baga­tel­li­sie­rung des Holo­causts in quan­ti­ta­ti­ver oder qua­li­ta­ti­ver Hin­sicht statt­ge­fun­den. Viel­mehr wer­de der Holo­caust auf Annens Web­sei­te als „Inbe­griff des Grau­ens“ und als „grau­sa­mes Ver­bre­chen“ bezeich­net. Annen fin­de zwar das Abtrei­ben von Föten noch schlim­mer, das sei aber kei­ne Ver­harm­lo­sung des Holo­causts, son­dern eine „maß­lo­se“ Über­trei­bung bezüg­lich der Schwangerschaftsabbrüche.

Bei so viel Rea­li­täts­ver­ken­nung ist zu fra­gen, was eigent­lich noch gesche­hen muss, bis die Staats­an­walt­schaft gegen sol­che Volks­ver­het­zer vorgeht.

Ver­fol­gung des Antifaschismus
Bei Anti­fa­schis­ten hat man da in der Ver­gan­gen­heit weni­ger Skru­pel gehabt. Bei­spiels­wei­se wur­de 2005 ein Stu­dent wegen des Zei­gens „ver­bo­te­ner Nazi­ab­zei­chen“ ange­zeigt und bestraft. Er hat­te am Ruck­sack einen But­ton mit einem Haken­kreuz befes­tigt, das nach Art eines Hal­te­ver­bots­schilds rot durch­ge­stri­chen war. Bei einer Demons­tra­ti­on wur­de sein But­ton von einem Poli­zis­ten konfisziert.

Weni­ge Mona­te spä­ter stand er vor Gericht. Das Urteil lau­te­te schul­dig im Sin­ne der Ankla­ge. 50 Euro soll­te er an die Gedenk­stät­te eines Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers spen­den. Das Urteil wur­de dann zwar im Revi­si­ons­ver­fah­ren auf­ge­ho­ben. Aber es macht deut­lich, dass damals wie heu­te mit zwei­er­lei Maß gemes­sen wird.

Skan­da­lö­ses Urteil
Es ist ein Skan­dal, dass im Straf­ver­fah­ren in Wein­heim die Holo­caust-Ver­harm­lo­sung nicht ver­han­delt wor­den ist. Annen muss ledig­lich wegen Belei­di­gung 1.200 Euro zah­len. Dadurch kann der selbst­er­nann­te „Lebens­schüt­zer“ sei­ne unsäg­li­chen Holo­caust-Ver­glei­che auch wei­ter­hin unge­straft in die Öffent­lich­keit tragen.

Dass es ihm dabei kei­nes­wegs um den Schutz des Lebens geht, zei­gen die Bei­trä­ge zur Coro­na-Pan­de­mie auf sei­ner Inter­net­sei­te „Babycaust.de“. Hier mau­sert sich der besorg­te „Lebens­schüt­zer“ zu einem radi­ka­len Impf­geg­ner, der den hun­dert­tau­send­fa­chen Tod der am meis­ten gefähr­de­ten alten und vor­er­krank­ten Men­schen beden­ken­los in Kauf nimmt.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar März 2022
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