Jetzt auf­mu­cken statt wegducken!

 

U. D.

Das Jahr 2022 brach­te mit Wucht die sich ver­schär­fen­den inne­ren Wider­sprü­che und Kri­sen des Kapi­ta­lis­mus zum Aus­druck. Unter ande­rem die Pan­de­mie, die Kli­ma­ka­ta­stro­phe, den mör­de­ri­schen Angriffs­krieg Russ­lands gegen die Ukrai­ne, die „Ener­gie­kri­se“ und nicht zuletzt die Teuerung.

Welt­weit bezahlt die arbei­ten­de Klas­se die Zeche mit schlech­te­ren Arbeits- und Lebens­stan­dards, mit ihrer Gesund­heit, mit Hun­ger und Flucht oder gar mit dem Tod. Auf der ande­ren Sei­te ver­grö­ßert die herr­schen­de Klas­se wei­ter ihren Reich­tum und ihre Macht.

IGM-Kundgebung in Mannheim, 16. November 2022. (Foto: helmut-roos@web.de.)

IGM-Kund­ge­bung in Mann­heim, 16. Novem­ber 2022. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Kri­sen, Krieg, Kapitalismus
Kapi­ta­lis­mus bedeu­tet Zwang zu per­ma­nen­tem Wachs­tum, pri­va­te Aneig­nung des gesell­schaft­lich geschaf­fe­nen Reich­tums, Pro­fit­ma­xi­mie­rung und rück­sicht­lo­se Aus­beu­tung von Natur und Mensch. Kapi­ta­lis­mus heißt zer­stö­re­ri­sche Kon­kur­renz, Kampf um Vor­herr­schaft, Roh­stof­fe und Absatz­märk­te und führt letzt­end­lich zum Krieg.

Dar­um kann der Kapi­ta­lis­mus kei­ne fried­li­che, demo­kra­ti­sche, öko­lo­gi­sche und auf Gleich­heit und Soli­da­ri­tät aller Men­schen beru­hen­de Welt schaf­fen. Er kann die glo­ba­len, alle Le- bens­be­rei­che erfas­sen­den „Kri­sen“ der Mensch­heit (Kli­ma, Demo­kra­tie, Gleich­heit, Arbeit, Gesund­heit, sozia­ler Zusam­men­halt, Kul­tur, Krieg, Hun­ger, Flucht usw.) nicht lösen. Denn er selbst ist Ursa­che und Kri­sen­be­schleu­ni­ger zugleich.

Kapi­ta­lis­mus überwinden
Das Gegen­mo­dell zum kapi­ta­lis­ti­schen Cha­os ist der ursprüng­li­che Sozia­lis­mus. Eine soli­da­ri­sche, öko­lo­gi­sche und demo­kra­ti­sche Gesell­schaft ohne Hun­ger, Aus­gren­zung, Unter­drü­ckung und Krieg. Um sie zu errei­chen, muss der Kapi­ta­lis­mus abge­schafft wer­den. Das kann nur durch die gro­ße Mehr­heit einer poli­tisch bewuss­ten arbei­ten­den Klas­se gemein­sam mit fort­schritt­li­chen Initia­ti­ven und Bewe­gun­gen aus allen gesell­schaft­li­chen Berei­chen durch­ge­setzt werden.

Aber die arbei­ten­de Klas­se ist poli­tisch nicht auf der Höhe der Zeit. Ihr sozi­al­re­for­me­ri­scher Teil will den Kapi­ta­lis­mus nicht über­win­den, son­dern um jeden Preis am Leben hal­ten. Ihr revo­lu­tio­nä­rer Teil ist noch zu schwach, um den Kapi­ta­lis­mus wirk­lich her­aus­for­dern zu kön­nen. In Ver­bin­dung mit den Kri­sen des Kapi­ta­lis­mus schafft dies den poli­ti­schen Frei­raum für das Ent­ste­hen natio­na­lis­ti­scher, ras­sis­ti­scher, reak­tio­nä­rer, auto­ri­tä­rer und faschis­ti­scher Bewegungen.

Hin­term Hori­zont geht’s weiter …
Trotz des Zurück­wei­chens und der Nie­der­la­gen der arbei­ten­den Klas­se in der gesam­ten Welt, gibt es immer wie­der posi­ti­ve Bei­spie­le für eine Wie­der­be­le­bung von bedeu­ten­den Kämp­fen. An ers­ter Stel­le sei­en hier die frau­en­in­iti­ier­te Demo­kra­tie­be­we­gung im Iran sowie die Frie­dens­be­we­gung in Russ­land genannt.

Im auto­ri­tä­ren Chi­na gibt es fast täg­lich Streiks und Rebel­lio­nen gegen schlech­te Arbeits- und Lebens­be­din­gun­gen. In Deutsch­land wer­den trotz allem Gere­de von „Sozi­al­part­ner­schaft“ Kämp­fe gegen Umstruk­tu­rie­run­gen, Ent­las­sun­gen und – wie in den Kran­ken­häu­sern oder bei Ama­zon – für bes­se­re Arbeits­be­din­gun­gen geführt. In Frank­reich ist in der aktu­el­len Teue­rungs­kri­se der Kamp­fes­wil­len der arbei­ten­den Klas­se wie­der erwacht und hat zu Streiks und gro­ßen Demons­tra­tio­nen geführt. Und nicht zuletzt hat sich zum Ende des Jah­res auch in Eng­land die arbei­ten­de Klas­se wie­der vehe­ment und kämp­fe­risch zu Wort gemeldet.

Jetzt Wider­stand organisieren!
Die­se Bei­spie­le soll­ten uns Mut machen. Aber es reicht nicht aus, soli­da­ri­sche und bewun­dern­de Bli­cke auf die Welt zu wer­fen. Die wirk­sams­te Soli­da­ri­tät ist letzt­end­lich, die Ver­hält­nis­se im eige­nen Land zu ver­än­dern. Mit Weg­du­cken und der trü­ge­ri­schen Hoff­nung, es wird schon nicht so schlimm kom­men, wird dies nicht gelingen.

Viel­mehr ist es not­wen­dig, sich zu empö­ren, auf­zu­mu­cken und über­all, wo gelebt, gelernt und gear­bei­tet wird, selbst aktiv zu wer­den. Dabei sind kurz­fris­tig umsetz­ba­re Zie­le zwar wich­tig, aber nicht aus­rei­chend. Wer grund­le­gen­de Ver­än­de­run­gen will, muss letzt­end­lich die Abschaf­fung des Kapi­ta­lis­mus auf die Tages­ord­nung setzen.

Nicht zuletzt müs­sen die Akti­ven aus unter­schied­li­chen Berei­chen ihre Kräf­te bün­deln, um wirk­sa­mer zu wer­den. Ein Schritt in die­se Rich­tung ist der Auf­bau einer soli­da­ri­schen Front, die sich den sozia­len, öko­lo­gi­schen, wirt­schaft­li­chen und poli­ti­schen Her­aus­for­de­run­gen unse­rer Zeit stellt. Eine sol­che Front könn­te neue Hoff­nun­gen schaf­fen und den Kampf für eine ande­re, bes­se­re Welt wie­der auf die Tages­ord­nung setzen.

War­ten wir nicht auf bes­se­re Zeiten!

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Janu­ar 2023
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