Gewerk­schaft­li­che Ukrainekonferenz

Kampf für sozia­le Rech­te auch in Kriegszeiten*

 

Ange­la Klein

Am Sams­tag, dem 8. Juni 2024, fand im Ber­li­ner IG-Metall-Haus die Ver­an­stal­tung „Für einen selbst­be­stimm­ten Wie­der­auf­bau der Ukrai­ne“ mit 70 Teil­neh­men­den statt.

Teilnehmer:innen der Ukrainekonferenz in Berlin, 8. Juni 2024. (Foto: J. Mehnert.)

Teilnehmer:innen der Ukrai­ne­kon­fe­renz in Ber­lin, 8. Juni 2024. (Foto: J. Mehnert.)

Gewerkschafter:innen und Aktivist:innen aus der Ukrai­ne waren extra ange­reist. Die Ver­an­stal­tung war von dem Arbeits­kreis Inter­na­tio­na­lis­mus der IG Metall Ber­lin und der Initia­ti­ve „Soli­da­ri­tät mit ukrai­ni­schen Gewerk­schaf­ten“ orga­ni­siert wor­den. Sie war ein vol­ler Erfolg.

Schwer­punk­te der Ver­an­stal­tung waren die The­men Abbau von sozia­len Rech­ten ins­be­son­de­re in der Arbeits­welt der Ukrai­ne und die Ent­schul­dung. Dar­über hin­aus ging es dar­um, kon­kre­te Pro­jek­te für eine Zusam­men­ar­beit von Akti­ven aus Deutsch­land und der Ukrai­ne zu entwickeln.

Ein­ge­la­den waren unter ande­rem Gewerkschafter:innen von Arce­lor­Mit­tal, dem größ­ten Stahl­werk in der Ukrai­ne, und die Initia­ti­ve BeLi­keNi­na. Dar­über hin­aus freu­ten wir uns über die Teil­nah­me der Stu­die­ren­den­ge­werk­schaft Pri­ja­ma Dija aus Lwiw.

Die Ver­an­stal­tung fand anläss­lich der „Ukrai­ne Reco­very Con­fe­rence 2024“ statt, die von der Bun­des­re­gie­rung und der EU-Kom­mis­si­on am 11. und 12. Juni in Ber­lin orga­ni­siert wur­de. Die­se Regie­rungs­ta­gung soll­te die Inter­es­sen des EU-Kapi­ta­lis­mus bün­deln und den Sozi­al­ab­bau in der Ukrai­ne wei­ter vorantreiben.

Unse­re Ver­an­stal­tung am 8. Juni ver­folg­te im Gegen­satz dazu das Ziel, die sozia­len Rech­te zu ver­tei­di­gen, Gewerk­schaf­ten und sozia­le Bewe­gun­gen aus der Ukrai­ne zu Wort kom­men zu las­sen und zudem sich für die For­de­rung nach Schul­den­strei­chung für die Ukrai­ne stark zu machen. Ohne letz­te­re ist dort an einen selbst­be­stimm­ten Wie­der­auf­bau nicht zu denken.

Ergeb­nis­se
A. Tid­wa von Sozi­al­nyj Ruch erläu­ter­te, wie die sozia­len Rech­te in den letz­ten Jah­ren sys­te­ma­tisch in der Ukrai­ne abge­baut wur­den, was die Lage der Men­schen zusätz­lich zum Kriegs­ge­sche­hen wei­ter verschlechtert.

O. Slo­bo­dy­na und J. Lipitsch-Kot­schir­ka, zwei der fünf ange­reis­ten Vertreter:innen der jun­gen Initia­ti­ve und Gewerk­schaft des Kran­ken­haus­per­so­nals BeLi­keNi­na berich­te­ten von den ermu­ti­gen­den Erfah­run­gen beim Auf­bau ihrer zwi­schen­zeit­lich stark ver­an­ker­ten und kämp­fe­ri­schen Organisation.

N. Sus­lo, die Vor­sit­zen­de der Gewerk­schaft DUET bei Arce­lor­Mit­tal in Kry­wyj Rih, befass­te sich mit dem Arbeits­kräf­te­man­gel und den feh­len­den Aus­bil­dungs­mög­lich­kei­ten für jun­ge Men­schen, wäh­rend S. Hus­ko von der dem Unter­neh­men ange­glie­der­ten Staat­li­chen Hoch­schu­le für Wirt­schaft und Tech­nik über kon­kre­te Pla­nun­gen im Zusam­men­hang mit dem Wie­der­auf­bau des Ende Juli 2023 durch einen rus­si­schen Angriff zer­stör­ten Aus­bil­dungs­zen­trums sprach.

K. Reh­bein von Erlass­jahr gab einen Über­blick über die Ver­schul­dung der Ukrai­ne vor und wäh­rend des Krie­ges und beton­te die Dring­lich­keit eines Schuldenschnitts.

K. Gri­ze­wa von Pri­ja­ma Dija sprach über die Mehr­fach­be­las­tung der Stu­die­ren­den, die gleich­zei­tig arbei­ten müs­sen, um leben zu kön­nen. Die Pri­va­ti­sie­rung von uni­ver­si­tä­ren Ein­rich- tun­gen wie Schlaf­sä­len schafft zuneh­mend einen sozia­len Aus­le­se­pro­zess an den Uni­ver­si­tä­ten zuguns­ten der Stu­die­ren­den aus rei­chen Fami­li­en. Sie schil­der­te auch den kämp­fe­ri­schen Ein­satz für die Auf­recht­erhal­tung der uni­ver­si­tä­ren Bildungsstätten.

Soli­da­ri­täts­pro­jek­te
Im zwei­ten Teil der Ver­an­stal­tung wur­den die fünf The­men­fel­der sozia­le Rech­te, Ent­schul­dung, Gewerk­schafts­auf­bau im Kran­ken­haus­we­sen, Wie­der­auf­bau eines Aus­bil­dungs­zen­trums in Kry­wyj Rih und Hoch­schul­kämp­fe in Arbeits­grup­pen bearbeitet.

Unter ande­rem soll es zum The­ma Abbau sozia­ler Rech­te eine Online-Ver­an­stal­tung mit Arbeitsrechtler:innen von bei­den Sei­ten geben. Auch zur gewerk­schaft­li­chen Betei­li­gung am Wie­der­auf- bau eines neu­en Aus­bil­dungs­zen­trums bei Arce­lor­Mit­tal in Kry­wyj Rih soll ein Online-Aus­tausch orga­ni­siert werden.

Die Kran­ken­schwes­tern konn­ten sich bereits mit der Kran­ken­haus­be­we­gung in Ber­lin über den Auf­bau und die Stär­kung von selbst­or­ga­ni­sier­ten Struk­tu­ren und die unter­schied­li­chen For­men von Arbeits­kämp­fen aus­tau­schen. Zudem pla­nen sie gemein­sam mit ver.di Bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen über Organizing.

Bei den Stu­die­ren­den war zunächst ein­mal Ken­nen­ler­nen angesagt.

In Bezug auf die Schul­den­fra­ge kam es zu einem inten­si­ven Aus­tausch über die fol­gen­schwe­ren Kon­se­quen­zen der zuneh­men­den Ver­schul­dung der Ukrai­ne. Gemein­sam will man über die Auf­la­gen­po­li­tik der EU aufklären.

Beim Abschluss­po­di­um wur­den die Mög­lich­kei­ten der Koope­ra­ti­on zwi­schen deut­schen und ukrai­ni­schen Gewerk­schaf­ten und neue Ansät­ze gewerk­schaft­li­cher und sozia­ler Orga­ni­sie­rung dargestellt.

Alle Betei­lig­ten zeig­ten sich höchst zufrie­den mit den The­men und dem Ablauf der Ver­an­stal­tung. Es wur­de der Wunsch geäu­ßert, die­sen Aus­tausch fortzusetzen.


* Die Lang­ver­si­on die­ses Berichts und wei­te­re inter­es­san­te Infos zur Unter­stüt­zung der Soli­da­ri­täts­ar­beit sind hier zu fin­den.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Juli/August 2024
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