Anti­fa­schis­ti­sche Kund­ge­bung und Demo

Klug, geschlos­sen und kämp­fe­risch gegen AfD-Hetze

 

H. N.

Eine Woche nach dem bru­ta­len Mes­ser­an­griff in Mann­heim auf die Islam­fein­de der „Bür­ger­be­we­gung Pax Euro­pa“ (BPE) hat­te die AfD am 7. Juni 2024 zu einer bun­des­wei­ten Kund­ge­bung gegen Isla­mis­mus aufgerufen.

Demo gegen AfD in Mannheim, 7. Juni 2024. (Foto: Helmut Roos.)

Demo gegen AfD in Mann­heim, 7. Juni 2024. (Foto: Hel­mut Roos.)

Lei­der hat­te die Gewalt­tat eines aus Afgha­ni­stan stam­men­den Isla­mis­ten in Mann­heim anläss­lich der islam­feind­li­chen Pro­vo­ka­ti­on der „Bür­ger­be­we­gung Pax Euro­pa“ (BPE) am 31. Mai 2024, nicht „nur“ Ver­letz­te, son­dern auch das Leben eines Poli­zis­ten gefordert.

Bezeich­nen­der­wei­se wur­de und wird die BPE in den meis­ten Medi­en als „islam­kri­tisch“ ver­harm­lost, obwohl sie seit Jah­ren als Vor­feld­or­ga­ni­sa­ti­on des faschis­ti- schen Lagers aktiv ist. Zudem ist BPE-Spre­cher Stür­zen­ber­ger mit dem − spä­tes­tens seit der Pots­da­mer „Remigrations“-Konferenz bun­des­weit bekann­ten − „iden­ti­tä­ren“ Ideo­lo­gen Mar­tin Sell­ner in Kontakt.

Wie zu erwar­ten war, ver­such­te die AfD, die immer offe­ner faschis­ti­sche Posi­tio­nen ver­tritt, die Mann­hei­mer Ereig­nis­se zynisch für ihre men­schen­ver­ach­ten­de Wahl­kampf­pro­pa­gan­da auszuschlachten.

Hetz­prop­gan­da der AfD
AfD-Füh­re­rin Wei­del nutz­te kurz nach der Mes­ser­at­ta­cke eine gefälsch­te „Pres­se­mit­tei­lung des Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­ums“, die sich gegen die Ver­brei­tung eines Vide­os zu der Blut­tat in Mann­heim rich­te­te, um in einer Rede wei­ter zum Hass gegen Geflüch­te­te auf­zu­sta­cheln. In Wirk­lich­keit war die­se Fal­sch­nach­richt jedoch von Rei­mond Hoff­mann, dem Schrift­füh­rer der Baden-Würt­tem­ber­ger AfD, erstellt und in den ein­schlä­gi­gen rech­ten aso­zia­len Hetz­wer­ken in Umlauf gebracht worden.

Am Sonn­tag, den 2. Juni 2024, orga­ni­sier­ten zumeist von aus­wärts ange­reis­te Mit­glie­der der neo­fa­schis­ti­schen „Jun­gen Alter­na­ti­ve“ (der Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on der AfD) und der AfD eine „Kund­ge­bung“ von 150 Faschis­tin­nen und Faschis­ten für „Remi­gra­ti­on“ auf dem Mann­hei­mer Marktplatz.

Die offen gegen Men­schen- und Grund­rech­te gerich­te­te Hetz­ak­ti­on der über­wie­gend nicht ganz so jun­gen Nazis wur­de von einem star­ken Poli­zei­auf­ge­bot geschützt. Mehr als 800 an einer anti­fa­schis­ti­schen Men­schen­ket­te betei­lig­ten Per­so­nen wur­den von der Poli­zei abge­drängt. Eine etwa 40 Köp­fe star­ke Grup­pe der Anti­fa kes­sel­te die Poli­zei sogar wegen „Stö­rung“ der faschis­ti­schen Kund­ge­bung ein und nahm sie in „Gewahr­sam“.

Mann­heim steht zusammen“
Gegen die bun­des­wei­te AfD-Kund­ge­bung am 7. Juni pro­tes­tier­ten zunächst am Nach­mit­tag rund 1.500 Men­schen bei der vom DGB orga­ni­sier­ten Kund­ge­bung auf dem Alten Meß­platz unter dem Mot­to „Mann­heim steht zusammen“.

Unter ande­rem sprach dort die stell­ver­tre­ten­de DGB-Kreis­vor­sit­zen­de Sabi­ne Leber-Hoi­schen. Sie sag­te: „Wir leben hier in Mann­heim fried­lich mit­ein­an­der. Wir sind nicht immer einer Mei­nung, und es men­schelt manch­mal mit­ein­an­der. Aber was wir ganz klar ableh­nen, sind Extre­mis­mus, Ras­sis­mus, Anti­se­mi­tis­mus, Faschis­mus und jede Form von Diskriminierung.“

DGB-Lan­des­vor­sit­zen­der Kai Bur­meis­ter erin­ner­te in sei­ner Rede an Arti­kel 1 des Grund­ge­set­zes: „Die Wür­de des Men­schen ist unan­tast­bar.“ Die­ser Satz gel­te für die Arbeits­welt wie für die gesam­te Gesell­schaft. Wo Rech­te regier­ten, wür­den das Recht auf Demons­tra­ti­ons­frei­heit und das Streik­recht ein­ge­schränkt bzw. abge­schafft. „Des­we­gen sind Gewerk­schaf­ten der natür­li­che Geg­ner von Faschis­ten und Rechtspopulisten.“

Ralf Hel­ler, DGB-Kreis­vor­sit­zen­der, rief zur Teil­nah­me an der anschlie­ßen­den Demo von „Mann­heim gegen Rechts“ auf.

Protest gegen AfD in Mannheim, 7. Juni 2024. (Foto: Helmut Roos.)

Pro­test gegen AfD in Mann­heim, 7. Juni 2024. (Foto: Hel­mut Roos.)

Mann­heim gegen Rechts“
Rund 3.500 Men­schen zogen hin­ter dem Front­trans­pa­rent „Gegen Isla­mis­mus + Ras­sis­mus – Zusam­men­halt für Viel­falt“ über den Ring und die Plan­ken zum Para­de­platz. Eine in den letz­ten Jah­ren sel­ten so mas­siv wahr­zu­neh­men­de kämp­fe­ri­sche und den­noch auch hei­te­re Ent­schlos­sen­heit präg­te die Stim­mung des anti­fa­schis­ti­schen Protests.

Immer wie­der wur­den laut­stark Paro­len geru­fen, zum Bei­spiel „Es gibt kein Recht auf Nazi­pro­pa­gan­da!“ oder „Alle gemein­sam gegen den Faschis­mus!“. Vor allem aber wur­de auch gemein­sam gesun­gen: „Wehrt euch, leis­tet Wider­stand gegen den Faschis­mus hier im Land! Hal­tet fest zusam­men! Hal­tet fest zusammen!“

Auf dem Para­de­platz hat­te mitt­ler­wei­le die bun­des­wei­te Kund­ge­bung der AfD mit real 400 Betei­lig­ten begon­nen. Sie ver­sam­mel­ten sich um das zen­tra­le Trans­pa­rent „Mes­ser­män­ner & Isla­mis­ten raus!“ und for­der­ten „Remi­gra­ti­on jetzt!“. Hin­ter Absper­run­gen und im Schutz einer star­ken Poli­zei­macht konn­ten sie den engen Schul­ter­schluss mit den anwe­sen­den Islam­fein­den der BPE demons­trie­ren und über die „Gefahr des Links­extre­mis­mus“ lamentieren.

Nazis raus!“
Tau­sen­de anti­fa­schis­tisch Demons­trie­ren­de rie­fen ihnen laut zu: „Geht nach Hau­se!“ und „Nazis raus!“. Das nerv­te die blau-brau­ne Trup­pe sehr. Aber es stör­te deren Hass-Kund­ge­bung nur teil­wei­se, da sie über eine − sicher­lich aus Steu­er­gel­dern finan­zier­te − extrem leis­tungs­fä­hi­ge Laut­spre­cher­an­la­ge verfügte.

Nach dem Ende der AfD-Kund­ge­bung lös­te sich der anti­fa­schis­ti­sche Pro­test am Para­de­platz auf. Eini­ge hun­dert Men­schen aus dem Anti­fa-Block demons­trier­ten gemein­sam zurück in die Neckarstadt.

Zwar blieb es in Mann­heim im Wesent­li­chen trotz aller im Vor­feld erzeug­ten und mas­sen­haft ver­brei­te­ten Panik­ma­che fried­lich. Aber es gab tät­li­che Angrif­fe auf ein­zel­ne Demo­teil­neh­mer durch faschis­ti­sche Schlä­ger­trupps und min­des­tens in einem Fall auch einen Schlag eines Poli­zis­ten gegen einen Ord­ner des anti­fa­schis­ti­schen Bünd­nis­ses „Mann­heim gegen Rechts“.

Am Ende bleibt jedoch fest­zu­hal­ten, dass am 7. Juni in Mann­heim erfolg­reich ein deut­li­ches Zei­chen gegen die AfD gesetzt wer­den konn­te. Es ver­dient Beach­tung im gan­zen Land.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Juli/August 2024
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