R. S.
Vor 50 Jahren, am 30. April 1975, endete der Vietnam-Krieg mit dem Sieg des einheimischen Widerstands gegen den brutalen US-Aggressor.
Zehn Jahre lang, bis 1971, hatte die US-Armee hochgiftige Entlaubungsmittel in Vietnam versprüht. Dadurch konnten der Vietcong, seine Versorgungswege, Verstecke und Reserven leichter aufgespürt werden. In mehr als 6.000 Einsätzen ließ die US-Luftwaffe mindestens 70 Millionen Liter aus dem Himmel regnen, darunter mehr als 45 Millionen Liter Agent Orange.
1971 war fast ein Viertel Vietnams entlaubt. Agent Orange wurde ab 1965 versprüht. Es enthielt eine Mischung aus 2 Herbiziden mit TCDD (Tetrachlordibenzodioxin) als Verunreinigung. Die insgesamt freigesetzten Dioxinmengen betragen nach Schätzungen zwischen 106 und 366 kg.
Nach Angaben der vietnamesischen Vereinigung für Opfer von Agent Orange und Dioxin (VAVA), leiden aktuell 3 Millionen Menschen im Land an den Folgen des giftigsten Dioxins überhaupt. Inzwischen erkranken die Urenkel der Kriegsgeneration an Fehlbildungen und Krebs. Die meisten Opfer können gar nicht oder nicht angemessen medizinisch versorgt werden. Sie gehören zu den Ärmsten des Landes.
Im Boden und in Fluss- wie Meeressedimenten kann TCDD mehr als 100 Jahre bestehen. Das Wissen über die schweren Folgen der massiven Dioxineinsätze entwickelte sich nur langsam in Vietnam. Nach der wirtschaftlichen und politischen Öffnung Anfang der 1990er Jahre kamen immer mehr Informationen durch US-Veteranen ins Land, die Versöhnungsarbeit leisten wollten.
Die US-Regierung weigerte sich stets, die Opfer zu entschädigen. Nur einige Projekte zur Entgiftung verseuchter Gebiete wurden vom US-Kongress finanziert. Eine in 2017 begonnene Bodensanierung der früheren US-Luftwaffenbasis Bien Hoa wurde unter Trump im Februar 2025 eingestellt, obwohl es sich nicht um Entwicklungshilfe, sondern um Wiedergutmachung handelte. Durch den Stopp bleiben verseuchte Gruben offen mit weitreichenden Folgen für die Zukunft.
Von dem Dioxin-Einsatz geschädigte ehemalige US-Soldaten erhielten aufgrund von Sammelklagen gegen mehrere Herstellerfirmen ab 1984 Entschädigungen zugesprochen.
2004 verklagte die VAVA 37 Herbizidhersteller, darunter Dow Chemical und Monsanto. US-Richter urteilten jedoch, dass der Einsatz von Agent Orange „keine chemische Kriegsführung“ gewesen sei. Dioxin-Vergiftungen seien als Kollateralschaden anzusehen und deshalb kein Verstoß gegen internationales Recht.
(Quellen: FR, 29.4.2025; TAZ, 19.03.2025; VfZ, Jg. 64 (2016), H. 1, S. 69 ff.; Agent Orange, Wikipedia [abgerufen am 09.05.2025].)