Per­so­nal­ab­bau bei Freu­den­berg Weinheim?

Beschäf­tig­te bele­ben die Ein­wei­hung der Wein­hei­mer Langmaasbrücke

 

Protest gegen Abbau bei Freudenberg am 27.04.2017 in Weinheim. Foto: Avanti²

K. W.

Wein­heims Ober­bür­ger­meis­ter Hei­ner Bern­hard und Ers­ter Bür­ger­meis­ter Tors­ten Fetz­ner waren am 27. April 2017 zur Ein­wei­hung der neu­en, auf das Freu­den­berg-Fir­men­ge­län­de füh­ren­den Fuß­gän­ger­brü­cke gekom­men. Im Bei­sein der regio­na­len Pres­se woll­ten sie als Ers­te mit dem Rad das Bau­werk über­que­ren und offi­zi­ell einweihen.
Zu ihrer Über­ra­schung wur­den sie von rund 200 Freu­den­berg-Beschäf­tig­ten und Kol­le­gIn­nen aus ande­ren Betrie­ben der Regi­on emp­fan­gen, die den Poli­ti­kern den Weg ver­sperr­ten. Sie nutz­ten die Ein­wei­hung, um gegen den von der Kon­zern­lei­tung beab­sich­tig­ten Per­so­nal­ab­bau bei Freu­den­berg Per­for­mance Mate­ri­als (FPM) und bei Freu­den­berg Fil­tra­ti­on Tech­no­lo­gy (FFT) zu pro­tes­tie­ren. Mit Tril­ler­pfei­fen und Sprech­chö­ren sowie mit Pla­ka­ten und Spruch­bän­dern ver­schaff­ten sie ihrer Empö­rung über das Manage­ment Ausdruck.

Der BR-Vor­sit­zen­de von FPM, Chris­ti­an Schütz, der zustän­di­ge Bezirks­se­kre­tär der IG BCE aus Mann­heim, Oli­ver Oster, sowie der Vor­sit­zen­de der Orts­grup­pe Wein­heim der IG BCE, Hel­mut Schmitt, mach­ten in ihren Anspra­chen deut­lich, dass die geplan­te Schlie­ßung der Logis­tik und die wei­te­re Ver­la­ge­rung von Pro­duk­ti­on nicht län­ger wider­stands­los hin­ge­nom­men würden.

Die Kom­plett­schlie­ßung der FPM Logi­stics trä­fe 180 Beschäf­tig­te. Wür­den Tei­le, wie zum Bei­spiel das Schneid- zen­trum, inner­halb der Freu­den­berg Grup­pe in Wein­heim wei­ter­ge­führt, wür­den trotz­dem noch 110 Arbeits­plät­ze vernichtet. 
Könn­te sich das Manage­ment mit sei­nen wei­te­ren Abbau­plä­nen durch­set­zen, wür­den zusätz­lich bei FPM Appa­rel rund 50 Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen ihre Stel­len verlieren.
Die beab­sich­tig­te Schlie­ßung der FPM Logi­stic muß im Zusam­men­hang mit der geplan­ten Ver­la­ge­rung von mehr als der Hälf­te der Fer­ti­gung bei FFT gese­hen wer­den. Bei FFT sind  dadurch etwa 70 Arbeits­plät­ze in Pro­duk­ti­on und in pro­duk­ti­ons­na­hen Berei­chen betroffen. 
Für die Betriebs­rä­te han­delt es sich um eine von oben, von der Kon­zern­lei­tung geplan­te kon­zer­tier­te Akti­on. Damit sol­len „Kos­ten“ auf dem Rücken der Beschäf­tig­ten ein­ge­spart werden.

Abbau trotz Rekordgewinnen?
Die geplan­ten Abbau-Maß­nah­men fal­len in eine Zeit, in der die Auf­trags­bü­cher voll sind und das Kon­zern­er­geb­nis im Ver­gleich zum Vor­jahr nahe­zu ver­dop­pelt wor­den ist. Trotz­dem sol­len wei­te­re Arbeits­plät­ze ver­nich­tet wer­den. Dies mache für die Betriebs­rä­te deut­lich, dass es Freu­den­berg vor allem um Pro­fit­ma­xi­mie­rung gehe. Dies woll­ten sie aber nicht mehr län­ger akzeptieren.
Noch in den 70er Jah­ren des letz­ten Jahr­hun­derts haben bei Freu­den­berg in Wein­heim weit über 12.000 Arbei­te­rIn­nen und Ange­stell­te gear­bei­tet. Heu­te sind dort noch nicht ein­mal mehr 5.000 Men­schen beschäf­tigt. Dies bedeu­tet einen dra­ma­ti­schen Arbeits­platz­ver­lust für Wein­heim und die Region.
Die pro­tes­tie­ren­den Beschäf­tig­ten und der Ver­tre­ter der IG BCE Wein­heim for­der­ten die Rück­nah­me der Schlie­ßungs- und Ver­la­ge­rungs­plä­ne. Sie mach­ten deut­lich: Unse­re Arbeits­plät­ze und unser Leben sind mehr wert als die Freudenberg-Profite! 
Der Ober­bür­ger­meis­ter wur­de auf­ge­for­dert, sich mit den von Ent­las­sun­gen bedroh­ten Beschäf­tig­ten zu soli­da­ri­sie­ren und sich stär­ker für die Erhal­tung der Stel­len in Wein­heim ein­zu­set­zen. Die­se Ver­pflich­tung erge­be sich nicht nur aus wirt­schaft­li­chen Grün­den für die Stadt Wein­heim, son­dern auch aus der Ver­pflich­tung durch den Grund­ge­setz-Arti­kel 14, Absatz 2: „Eigen­tum ver­pflich­tet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Woh­le der All­ge­mein­heit dienen.“
OB Bern­hard wies auf sei­ne beschränk­ten Ein­fluss-Mög­lich­kei­ten hin. Er ver­sprach aber, die Kon­zern­ver­ant­wort­li­chen in die­ser Ange­le­gen­heit zu kon­tak­tie­ren und zu schau­en, was mach­bar ist.

Ein Auf­takt für wei­te­re Proteste?
Illu­sio­nen in die Aus­sa­gen des Ober­bür­ger­meis­ters hat­te wohl kaum jemand. Die Betei­lig­ten an der Akti­on waren sich einig, dass die­se der Auf­takt für wei­te­re Gegen­wehr sein müs­se. Nur so könn­ten die Plä­ne der Kon­zern­lei­tung von Freu­den­berg durch­kreuzt und der geplan­te Per­so­nal­ab­bau ver­hin­dert werden.
Es müs­se zwei­glei­sig ver­fah­ren wer­den. Öffent­lich wirk­sa­me Pro­tes­te wie zum Bei­spiel anläß­lich der Brü­cken­ein­wei­hung müss­ten von direk­ten betrieb­li­chen Aktio­nen beglei­tet wer­den, wel­che die Kon­zern­lei­tung unter Druck setzen.

Aus­drück­lich begrüßt wur­de die Unter­stüt­zung durch das „Über­be­trieb­li­che Soli­da­ri­täts­ko­mi­tee Rhein-Neckar“. Es hat­te kurz­fris­tig eini­ge Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen aus ver­schie­de­nen Betrie­ben der Regi­on zur Unter­stüt­zung der Freu­den­berg-Beschäf­tig­ten mobi­li­siert. Der BR-Vor­sit­zen­de von FPM, Chris­ti­an Schütz, wies in die­sem Zusam­men­hang auf die gemein­sa­me Betrof­fen­heit aller Betrie­be hin, in denen ratio­na­li­siert, abge­baut oder ver­la­gert wer­de. Die Soli­da­ri­tät der Beschäf­tig­ten sei die wich­tigs­te Waf­fe gegen die Spal­tungs­me­tho­den des Kapitals.

Unterstützung durch das Überbetriebliche Solidaritätskomitee am 27.04.2017 in Weinheim. Foto: Avanti².

Unter­stüt­zung durch das Über­be­trieb­li­che Soli­da­ri­täts­ko­mi­tee am 27.04.2017 in Wein­heim. Foto: Avanti².

aus der Rhein-Neckar Bei­la­ge zur Avan­ti Juni 2017
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