Allein machen sie dich ein, aber gemein­sam sind wir stark“

U. D.

Unter die­sem Mot­to fand Anfang März das Früh­jahrs­se­mi­nar zur Betriebs- und Gewerk­schafts­ar­beit der ISO Rhein-Neckar statt. Gekom­men waren akti­ve und ehe­ma­li­ge Betriebs­rats-Kol­le­gIn­nen aus ver­schie­de­nen Bran­chen und Betrie­ben, die den sozi­al­part­ner­schaft­li­chen Kurs der Gewerk­schaf­ten für falsch halten.

Impuls­re­fe­ra­te und Erfah­rungs­be­rich­te lie­fer­ten Grund­la­gen und Anre­gun­gen für frucht­ba­re Dis­kus­sio­nen. Nicht zu kurz kam dabei der Aus­tausch über die jewei­li­ge betrieb­li­che Situa­ti­on und die Mög­lich­kei­ten der Gegenwehr.

Protest bei Alstom Mannheim, 13. Mai 2014 (Foto: helmut-roos@web.de)

Pro­test bei Als­tom Mann­heim, 13. Mai 2014 (Foto: helmut-roos@web.de)

Aus gemein­sa­men Erfah­run­gen lernen
Zen­tra­le inhalt­li­che Ach­se des Semi­nars war, wie wir uns ange­sichts anhal­ten­der und sich ver­schär­fen­der Angrif­fe in den Betrie­ben orga­ni­sie­ren müs­sen und können.

Bei aller Unter­schied­lich­keit der jewei­li­gen betrieb­li­chen, tarif­li­chen und poli­ti­schen Situa­ti­on gab es dabei eine wesent­li­che Gemein­sam­keit, die den Arbeits­all­tag in allen Betrie­ben prägt. Es ist die Jagd nach immer mehr Pro­fi­ten. Sie führt zu Per­so­nal­ab­bau, Umstruk­tu­rie­run­gen, Ratio­na­li­sie­rung, Fle­xi­bi­li­sie­rung, Rechts­brü­chen, Ver­än­de­run­gen in den Arbeits­ver­hält­nis­sen (Befris- tun­gen, Leih­ar­beit, Werk­ver­trä­ge, Schein­selbst­stän­dig­keit, Gering- und Nied­rig­lohn usw.) sowie Unternehmensverkäufen.

Vom „Ich“ zum „Wir“
Die Frag­men­tie­rung (Auf­spal­tung und Zer­glie­de­rung) der Unter­neh­men und Beleg­schaf­ten nimmt die gesam­te Arbeits­welt zuneh­mend in den Wür­ge­griff. Die Fol­ge davon ist, dass Ent­so­li­da­ri­sie­rung und Ver­ein­ze­lung immer mehr die Lebens­er­fah­rung vie­ler Men­schen bestimmen.

Trotz die­ser Rea­li­tät gibt es immer wie­der Mög­lich­kei­ten, gemein­schaft­li­che (kol­lek­ti­ve) Gegen­wehr zu orga­ni­sie­ren und Soli­da­ri­tät erfahr­bar zu machen. Denn letzt­end­lich wach­sen durch die ver­schärf­te Aus­beu­tung auch Unzu­frie­den­heit und Wut.

Es gilt, die vor­han­de­nen Wider­sprü­che und die damit ver­bun­de­nen Chan­cen zu ver­ste­hen. Dabei ist es von zen­tra­ler Bedeu­tung, dass wir uns selbst gut orga­ni­sie­ren. Ohne eine sta­bi­len Kern von Akti­ven, der bereit ist, sich beharr­lich, glaub­wür­dig und kon­flikt­be­reit für die Inter­es­sen der Beschäf­tig­ten ein­zu­set­zen, wird ein dau­er­haf­ter Erfolg nicht mög­lich sein.

Ler­nen, Orga­ni­sie­ren, Widerstehen
Im Rah­men des Semi­nars haben sich eini­ge Punk­te als wesent­lich für unse­re Arbeit herauskristallisiert:
Ers­tens soll­ten wir ver­su­chen, einen akti­ven Kern auf­zu­bau­en, der die Arbeit dau­er­haft trägt und organisiert.

Zwei­tens soll­ten wir uns nicht nur kurz­fris­tig auf „Tages­pro­ble­me“ kon­zen­trie­ren. Not­wen­dig ist es zudem, in mit­tel- und lang­fris­ti­gen Zeit­räu­men zu pla­nen und ent­spre­chend zu arbeiten.

Drit­tens braucht es eine zen­tra­le stra­te­gi­sche Ach­se unse­rer Arbeit. Hier bie­tet sich ins­be­son­de­re der Arbeits- und Gesund­heits­schutz in einem umfas­sen­den und „ganz­heit­li­chen“ Ver­ständ­nis an.
Vier­tens ist die Bereit­schaft zum ste­ti­gen Ler­nen erfor­der­lich. Wis­sen zu erwer­ben über das Unter­neh­men, den Kon­zern, die Bran­che, die Gesell­schaft ist unverzichtbar.

Fünf­tens müs­sen wir immer wie­der ver­su­chen, die Beleg­schaf­ten zu akti­vie­ren und in unse­re Arbeit einzubeziehen.

Sechs­tens müs­sen wir sowohl glaub­haft als auch kon­flikt­be­reit sein, und wir dür­fen uns nicht von der Unter­neh­mens­sei­te ver­ein­nah­men lassen.

Sieb­tens dür­fen wir nicht ver­ges­sen: Die Gegen­sei­te (Unter­neh­mer und Mana­ger, aber auch „Weg­du­cker“ und „Sozi­al­part­ner“ in „unse­ren“ Rei­hen) hat einen Plan und eine Stra­te­gie. Dar­auf müs­sen wir uns einstellen.

Sich nicht übernehmen
Zu guter Letzt waren sich alle in einem Punkt einig: Bei aller Bereit­schaft, den Wider­stand zu orga­ni­sie­ren, dür­fen wir uns nicht selbst ver­ges­sen. Es wird kein dau­er­haf­tes Enga­ge­ment mög­lich sein, wenn es nicht gelingt, die betrieb­li­che und gewerk­schaft­li­che Arbeit mit einem zufrie­de­nen und kraft­ge­ben­den Leben außer­halb des Unter­neh­mens zu ver­bin­den. Dies ist aller­dings manch­mal leich­ter gesagt als getan.

Fazit
Die Anwe­sen­den bewer­te­ten Form und Inhalt des Semi­nars als sehr gelun­gen und nah­men für ihre Arbeit wich­ti­ge Anre­gun­gen mit. Ver­ein­bart wur­de, auch in Zukunft die kon­kre­te betrieb­li­che Arbeit sys­te­ma­tisch gemein­sam zu diskutieren.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar April 2019
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