H.N.
Für die Gewerkschaftsapparate sind sie wichtige Stützen im Betrieb oder unkontrollierbare Unruhestifter. Für die Kapitalisten und ihre Manager sind sie nützliche Werkzeuge oder ärgerliche Hindernisse. Für die Belegschaften sind sie konsequente InteressenvertreterInnen oder Handlager der Bosse.
Vielleicht ist das alles zu grob geschnitzt und zu sehr schwarz-weiß gemalt. Aber in der betrieblichen Wirklichkeit muss sich jedes Betriebsratsmitglied immer wieder die Frage stellen: Auf welcher Seite stehe ich? Unbedingt sollte es auch eine andere elementare Überlegung anstellen: Wie halte ich ein jahre- oder gar jahrzehntelanges Engagement durch – ohne mich zu verbiegen und ohne kaputt zu gehen?
„Diktatur der Zahlen“
Die Jagd nach ständig höheren Profiten wird durch die „Diktatur der Zahlen“ systematisiert und verstetigt. Daraus resultieren zum einen permanente „Kostensenkungen“ zu Lasten der Beschäftigten. Zum anderen gibt es immer neue Verfeinerungen des „Mangements of Change“ (MOC – Management der Veränderung). Es zieht eine endlose Kette von „Restrukturierungen“ nach sich.
Ein wirklicher Teufelskreis verstärkt den Konkurrenzkampf in und zwischen den Belegschaften und führt zu ihrer Spaltung und Entsolidarisierung. Zudem verursacht er wachsende Verunsicherung und – vor allem zunehmende psychische – Belastungen bei den Beschäftigten. In der Folge nehmen arbeitsbedingte Erkrankungen ständig weiter zu.
An Betriebsräten (BR) gehen all diese Entwicklungen nicht spurlos vorbei. Ganz im Gegenteil. Wie durch ein Brennglas gebündelt spiegelt sich das betrieblich erzeugte Chaos in ihren Strukturen und ihrer jeweiligen Person wider.
Um diesem Druck standhalten zu können, ist eine gute, praxistaugliche Qualifizierung und Organisierung erforderlich. Im Betrieb, in der Gewerkschaft und in der Gesellschaft.
Worauf aufbauen?
Wir können ganz grundlegend auf unserer jeweils eigenen Kraft, unserem individuellen Wissen und unseren persönlichen Erfahrungen aufbauen. Gemeinsam und im konstruktiven, solidarischen Austausch mit unseren KollegInnen können wir dieses Potenzial vervielfachen. Besondere Bedeutung hat hierbei die Schaffung und Festigung von aktiven Strukturen im Betrieb, in der Gewerkschaft und in der Gesellschaft.
10 Vorschläge
Folgende zehn, aus vielen Erfahrungen sich ergebenden Vorschläge können uns weiterhelfen:
1. Wir müssen die Balance Arbeit-Leben ständig im Auge behalten.
2. Eine strukturierte Organisation der BR-Arbeit mit überprüfbaren Schwerpunktsetzungen (Agieren statt Reagieren) ist unabdingbar.
3. Zentral ist dabei der kontinuierliche Aufbau und die Entwicklung eines harten, widerstandsfähigen Kerns im Betriebsrat.
4. Eine geplante politische, rechtliche und fachspezifische Schulung ist zwingend erforderlich (Verstehen von Strategie und Taktik, Zeitmanagement, Rhetorik, Kommunikation, Verhandlungstechniken, EDV-Kenntnisse …).
5. Ohne die Kenntnis der Firma, der Branche und des Wirtschaftssystems wird ein Betriebsrat im Dunkeln tappen.
6. Glaubwürdigkeit und ein systematisches Vorgehen sind wesentliche Voraussetzungen, um die Verankerung des Betriebsrats in der Belegschaft auf- und auszubauen.
7. Ein politisches Organizing der Belegschaft schafft ein festes Fundament für die BR-Arbeit.
8. Gezielte Nachwuchsförderung und die systematische Suche von UnterstützerInnen ermöglichen die langfristige Sicherung der Interessenvertretung.
9. Zentrales Ziel all dieser Vorhaben ist es, die Aktions- und Mobilisierungsfähigkeit der Belegschaft im Betrieb zu entwickeln und so unsere Gegenmacht zu stärken.
10. Zudem sind wir gut beraten, überbetriebliche Netzwerke in den Gewerkschaften und darüber hinaus zu unterstützen.
Nie dürfen wir vergessen: „Allein machen sie Dich ein!“ Und: „Nur gemeinsam sind wir stark!