Der vertuschte Skandal des Killer-Kapitalismus
M. G.
Rund 6,3 Millionen Corona-Tote weltweit gibt das Johns Hopkins Corona Virus Resource Center für Ende November 2022 an, davon etwa 158.000 allein in Deutschland.
Aber diese Zahlen dürften stark untertreiben. Aufzeichnungen der Übersterblichkeit – also des Vergleichs aller erfassten mit den erwarteten Todesfällen – zeigen, dass viel mehr Menschen aufgrund von COVID-19 gestorben sind.
Wie viele Todesopfer es genau sind, ist schwer zu klären. Die Übersterblichkeit wird oft nicht korrekt oder gar nicht erhoben. In mehr als 100 Staaten gibt es keine zuverlässigen veröffentlich- ten Statistiken.
Den Schätzungen der englischen Zeitschrift The Economist zufolge sind durch COVID-19 bisher zwischen 12 und 22 Millionen weitere Menschen gestorben. Das wäre das Zwei- bis Vierfache der offiziellen Angaben.
Long COVID
Weltweit sollen allein in den ersten beiden Jahren der Pandemie fast 145 Millionen Menschen unter den Folgen ihrer Corona-Infektion gelitten haben. Das heißt sie waren – oder sind auch heute noch – durch die drei Hauptfolgen von COVID-19 beeinträchtigt: Müdigkeit mit körperlichen Schmerzen und Stimmungsschwankungen, reduzierte geistige Leistungsfähigkeit und Kurzatmigkeit. In Deutschland gibt es derzeit wahrscheinlich 500.000 bis eine Million Fälle von Long COVID.
In krassem Gegensatz zu diesen erschreckenden Zahlen steht das Agieren der prokapitalistischen Politik und ihrer medialen Lautsprecher. Hier ist vor allem vom angeblichen Übergang der Pandemie zu einer Endemie die Rede. Dementsprechend soll der verbliebene Flickenteppich an Corona-Schutzmaßnahmen schnellstmöglich noch weiter durchlöchert werden.
Der Hintergrund ist simpel. Durch Corona-Infektionen fehlen immer wieder sehr viele Menschen in ihren meist aus Profitgier sowie schon personell dezimierten Tätigkeitsbereichen. Um das Funktionieren dieser Arbeitsfelder nicht noch mehr zu gefährden, sollen deshalb alle Hindernisse für eine Arbeitsaufnahme der Infizierten fallen.
Ein Schelm, wer da an das Geschwätz vom „Grippchen“ denkt oder eine neue Querfront von Coronaleugnern und Verharmlosern der Pandemie erkennt.
Leben statt Profite
Gegen dieses verantwortungslose Treiben schlagen wir einen gesellschaftlichen Plan zur aktuellen und zukünftigen Pandemiebekämpfung vor:
1. Müssen alle Menschen einen wirksamen Infektionsschutz erhalten. Das erfordert unter anderem eine ständige, für alle leicht verständliche Aufklärung über die Gefahren der Pandemie. Die Notwendigkeit der flächendeckenden Umsetzung der AHA-L-Regeln sind allen zu vermitteln.
2. Es muss nicht nur kostenlose FFP2-Masken für alle geben, sondern auch weiterhin flächendeckende, einfach zugängliche, kostenlose und zuverlässige Testmöglichkeiten. Impfen ist eine zentrale Einzelmaßnahme zur Eindämmung der Pandemie und schwerer Erkrankungen. Hilfreich sind niedrigschwellige, flächendeckenden Impfangebote.
3. In allen Bereichen – insbesondere in den Brennpunkten der Pandemie – sind verbindliche und einfach zu konkretisierende Infektionsschutz-Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen.
4. Am Arbeits- und Ausbildungsplatz müssen Belegschaften und ihre Interessenvertretungen mit aktiver gewerkschaftlicher Unterstützung in die Lage versetzt werden, die Einhaltung der Arbeitsschutzregeln aktiv einzufordern und zu kontrollieren. Insbesondere geht es hierbei um die Überprüfung der erforderlichen Gefährdungsbeurteilungen und der Einhaltung des TOP-Prinzips.
5. Wo es keine formale Interessenvertretung gibt, müssen Beschäftigte das Recht erhalten, von ihnen bestimmte Gesundheitsschutz-Kommissionen einzurichten und darin tätig zu werden. Die Gewerkschaften müssen dies unterstützen.
6. Verstöße gegen den Infektionsschutz müssen von den zuständigen Stellen kontrolliert und sanktioniert werden können. Die Handlungsfähigkeit von Berufsgenossenschaften, Gesundheitsämtern und Gewerbeaufsichtsämtern ist deshalb zu stärken bzw. wiederherzustellen.
7. Erkrankungen an COVID-19 und häusliche Quarantäne dürfen nicht zu Arbeitsplatz- oder Einkommensverlust führen.
8. Die trotz Pandemie weiter vorangetriebene Privatisierung aller Bereiche des Gesundheitswesens muss gestoppt werden. Stattdessen ist ein vorbeugendes und öffentliches Gesundheitssystem als Teil der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge auf- und auszubauen.
9. Klinikschließungen sind zu verbieten. Das System der Fallpauschalen und der profitorientierten Ausrichtung auch öffentlicher Krankenhäuser muss beendet werden. Mehr und besser bezahltes und qualifiziertes Personal, gesundheitsschützende Arbeitsbedingungen sowohl in der Kranken- als auch in der Altenpflege sind dringend geboten.
10. Internationale Solidarität ist gerade bei der Bekämpfung von Pandemien zwingend erforderlich. Deshalb ist die weltweite Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen und Medikamenten vorrangig gegenüber dem Schutz von Patenten und Profiten. Gemäß Artikel 14 GG (Durchsetzung der Sozialbindung des Eigentums) und 15 GG (Möglichkeit der Enteignung) sind Pharmakonzerne in Gemein- eigentum zu überführen.
Ein derartiger Plan kann nur durch massenhaften Druck von unten durchgesetzt werden. Dazu bedarf es des Aufbaus einer sozialen und ökologischen Front gegen die Profiteure und Verteidiger des Killerkapitalismus.