Die Hoch­was­ser­ka­ta­stro­phe

SYSTEMVERSAGENKEIN NATUREREIGNIS!

(Erklä­rung der Inter­na­tio­na­len Sozia­lis­ti­schen Orga­ni­sa­ti­on vom 26. Juli 2021)

Die Stark­re­gen und in deren Fol­ge auf­tre­ten­de Über­schwem­mun­gen in Deutsch­land und den Nach­bar­staa­ten sind die bis­her fol­gen­schwers­te öko­lo­gi­sche Kata­stro­phe in der Geschich­te der Bun­des­re­pu­blik. Hun­der­te Men­schen ster­ben, Tau­sen­de ver­lie­ren Hab und Gut und ihre Exis­tenz­grund­la­gen. Bei der Bahn und ande­ren Infra­struk­tur­ein­rich­tun­gen sind Mil­li­ar­den­schä­den aus­ge­löst worden.

Jetzt ist eine umfang­rei­che Sofort­hil­fe erfor­der­lich. Bund und Län­der müs­sen einen Ret­tungs­fonds auf­le­gen. Die jetzt ver­spro­che­nen 400 Mil­lio­nen Euro rei­chen bei wei­tem nicht aus. Die Hil­fe muss unbü­ro­kra­tisch an die Betrof­fe­nen, die Hilfs­kräf­te und die Soli­da­ri­täts­struk­tu­ren wei­ter­ge­lei­tet werden.

Das ist eine Auf­ga­be des Staa­tes, aber wir unter­stüt­zen auch die Spen­den­auf­ru­fe der Gewerk­schaf­ten und von poli­ti­schen Orga­ni­sa­tio­nen der Lin­ken und Solidaritätsinitiativen.

Soli­da­ri­tät und Aufklärung
Die Stark­re­gen und über die Ufer tre­ten­de Flüs­se und Bäche sind kein unvor­her­seh­ba­rer Schick­sals­schlag oder auch nur eine Natur­ka­ta­stro­phe. Sie sind Fol­gen der fort­ge­schrit­te­nen Kli­ma­er­wär­mung und der öko­no­mi­schen Zurich­tung der Natur nach den von pri­va­ten Pro­fit- und Markt­in­ter­es­sen gesetz­ten Prio­ri­tä­ten. Die­se Zusam­men­hän­ge dür­fen nicht ver­schwie­gen wer­den, son­dern müs­sen im Mit­tel­punkt der Kri­sen­be­wäl­ti­gung stehen.

Die meteo­ro­lo­gi­sche For­schung kann heu­te prä­zi­se vor­her­sa­gen, wel­che Was­ser­mas­sen sich in der Atmo­sphä­re einer auf­ge­heiz­ten Erde und bei wach­sen­dem CO2-Gehalt ansam­meln und wann und wo sie als Stark­re­gen nie­der­ge­hen. Soge­nann­te Extrem­wet­ter­la­gen wer­den häu­fi­ger. Sie sind Fol­ge der sich voll­zie­hen­den Klimakatastrophe.

Es ist eben­so offen­kun­dig, dass die zuneh­men­de Ver­sie­ge­lung der Böden, die Redu­zie­rung von Grün­flä­chen inner­halb der Städ­te, die Kana­li­sie­rung von Fluss­läu­fen und Zer­stö­rung von Fluss­au­en sowie Bau­vor­ha­ben in den natür­li­chen Über­schwem­mungs­ge­bie­ten von Flüs­sen die Auf­nah­me­fä­hig­keit der Böden immer mehr reduzieren.

Öko­lo­gie als The­ma der Tarifpolitik
Es gibt kei­ne Alter­na­ti­ve zu einem beschleu­nig­ten, demo­kra­tisch geplan­ten Aus­stieg aus den fos­si­len Ener­gien und aus der Logik des stän­di­gen wach­sen­den Ener­gie­ver­brauchs. Alle Sek­to­ren – allen vor­an Ver­kehrs­sek­tor und Indus­trie – müs­sen ihre im Kli­ma­schutz­ge­setz und im Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men fest­ge­leg­ten Reduk­ti­ons­zie­le beim CO2-Aus­stoß noch ein­mal verschärfen.

Wir for­dern ein Sofort­pro­gramm für die not­wen­di­gen Inves­ti­tio­nen, um einen sol­chen sozi­al­öko­lo­gi­schen Umbau voranzutreiben.
Wir erwar­ten aber auch von den Gewerk­schaf­ten und der Umwelt­be­we­gung, dass sie in gemein­sa­men Initia­ti­ven die­sen Umbau vor­an­trei­ben. Kli­ma- und Umwelt­schutz, Redu­zie­rung des Auto- und des Flug­ver­kehrs sowie der Trans­port­leis­tun­gen auf der Stra­ße und in der Luft, Aus­bau der Schie­nen- statt der Stra­ßen­ver­kehrs­we­ge, Kon­ver­si­on von kli­ma­schäd­li­chen Pro­duk­tio­nen, grund­le­gen­de Ver­än­de­rung der Indus­trie-, der Land­wirt­schafts- und der Stadt­ent­wick­lungs­po­li­tik – all das muss Gegen­stand der täg­li­chen Auf­klä­rung und Mobi­li­sie­rung – auch der Tarif­po­li­tik – der Gewerk­schaf­ten werden.

Kata­stro­phen- und Zivil­schutz stärken
Die Hoch­was­ser­ka­ta­stro­phe hat erschre­cken­de Män­gel des Kata­stro­phen­schut­zes auf­ge­deckt. Die Behör­den wur­den von meteo­ro­lo­gi­schen Insti­tu­ten recht­zei­tig über die kom­men­den Gefah­ren infor­miert. Die War­nun­gen sind aber nicht an die loka­len Behör­den und schon gar nicht an die betrof­fe­nen Men­schen wei­ter­ge­ge­ben wor­den. Alt­be­währ­te Mit­tel wie Sire­nen fehl­ten oder funk­tio­nier­ten nicht; ursprüng­lich 80.000 sind auf jetzt noch 15.000 abge­baut worden.

Gleich­zei­tig zeig­te sich, wie furcht­bar die Fol­gen sind, wenn Hilfs­kräf­te – von Feu­er­wehr bis zu zivi­len Hilfs­struk­tu­ren – immer wei­ter abge­baut wer­den. Per­so­nal fehlt in allen Berei­chen, Dienst­stel­len, Wachen und Auf­klä­rungs­ein­rich­tun­gen wur­den in der Ver­gan­gen­heit reduziert.

Es ist legi­tim, dass die Betrof­fe­nen heu­te auch per­so­nel­le Kon­se­quen­zen in der Lan­des- und Bun­des­re­gie­rung sowie an der Spit­ze der Ver­wal­tun­gen for­dern. Aber es muss klar sein, dass neue Köp­fe allein nicht ausreichen.

Sozia­le und öko­lo­gi­sche Front gegen Kapitalismus
Es gibt kei­ne wirk­sa­me­re Lösung als einen grund­le­gen­den und radi­ka­len Sys­tem­wech­sel. Der Schutz von Kli­ma und Natur und – wie wir jetzt erneut sehen kön­nen – auch der Schutz von Gesund­heit und Leben der Bevöl­ke­rung wird nicht ohne den Weg in ein soli­da­ri­sches und öko­lo­gi­sches Wirt­schafts­sys­tem zu ver­wirk­li­chen sein.

Wir tre­ten für eine öko­so­zia­lis­ti­sche Alter­na­ti­ve mit einer demo­kra­tisch geplan­ten Wirt­schaft ein. Der Kapi­ta­lis­mus, der dem pri­va­ten Pro­fit Vor­rang und den „Markt­ge­set­zen“ All­macht ein­räumt, muss durch umfas­sen­de Selbst­ver­wal­tung in allen Berei­chen der Gesell­schaft, durch einen Sozia­lis­mus von unten ersetzt wer­den. Gelingt das nicht, wird die Lebens­grund­la­ge auf der Erde noch zu Leb­zei­ten unse­rer heu­ti­gen Gene­ra­tio­nen und unse­rer Kin­der nicht nur gefähr­det, son­dern immer mehr zer­stört werden.

Es wird Zeit, die­ses tod­brin­gen­de Sys­tem zu bekämp­fen und zu über­win­den. Dafür benö­ti­gen wir eine star­ke sozia­le und öko­lo­gi­sche Front.


Sekre­ta­ri­at der ISO / IV. Inter­na­tio­na­le (26. Juli 2021)

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