Fir­men und Kon­zer­ne als „Inves­ti­ti­ons­ob­jek­te“

Beleg­schaf­ten als Spiel­ball des Großkapitals

(Teil IV*)

S. T.

Ein Gespenst geht um. Auch in der Rhein-Neckar-Regi­on. Immer öfter kommt es zum Kauf bezie­hungs­wei­se Ver­kauf von Fir­men, ja von gan­zen Kon­zer­nen. ABB und Hita­chi, Als­tom und Gene­ral Elec­tric, Nora und Inter­face, PFW und Hut­chin­son, VAG und Aure­li­us – das sind nur eini­ge der Namen, die in der letz­ten Zeit bekannt gewor­den sind.

Der Kampf um Arbeits­plät­ze ist der Kampf gegen die neo­li­be­ra­le Poli­tik und die Pro­fit­in­ter­es­sen der Kapi­ta­lis­ten. Wir leben in einer Zeit, in der die Kapi­tal­macht expan­diert und Gewerk­schaf­ten mehr und mehr in die Defen­si­ve gera­ten. Die „Sozi­al­part­ner­schaft“ wird von Gewerk­schafts- füh­run­gen gepre­digt, doch in Wirk­lich­keit gibt es sie nicht.

Es geht um die Zukunft
Wer sich sozi­al enga­giert, setzt sich für Ver­bes­se­run­gen der Arbeits- und Lebens­be­din­gun­gen ein und gerät mit dem Wirt­schafts­sys­tem in Kon­flikt. Unter den gege­be­nen Bedin­gun­gen sind dann Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit der Gegen­sei­te vorprogrammiert.

Protest gegen Arbeitsplatzabbau am 1. Mai 2017 in Mannheim (Foto: helmut-roos@web.de)

Pro­test gegen Arbeits­platz­ab­bau am 1. Mai 2017 in Mann­heim (Foto: helmut-roos@web.de)

Ent­schei­den­de Grund­la­ge für eine erfolg­rei­che Gegen­wehr im Betrieb ist ein mög­lichst eng zusam­men­ar­bei­ten­der Kreis von Akti­ven, der sich ver­traut und unter­stützt. Wir nen­nen das einen „har­ten Kern“. Er soll­te sich dar­um bemü­hen, sei­ne Ver­an­ke­rung in der gesam­ten Beleg­schaft kon­ti­nu­ier­lich aus­zu­bau­en. Oft­mals besteht der „har­te Kern“ vor allem aus Betriebs- räten. Das ist aber nicht zwin­gend erfor­der­lich. Ein enga­gier­tes Gewerk­schafts­mit­glied oder eine Kol­le­gin mit dem Mut, sich gegen Unge­rech­tig­keit aktiv zur Wehr zu set­zen, ist bedeu­ten­der als ein Gre­mi­um inak­ti­ver Betriebs­rä­te, die kei­nen Bezug zu ihrer eige­nen Beleg­schaft haben.

Der „har­te Kern“
Der „har­te Kern“ hat meh­re­re Auf­ga­ben und Funk­tio­nen: Zum einen muss er akti­vie­ren. Er muss zur Akti­on berei­te und inter­es­sier­te Kol­le­gIn­nen zusam­men­brin­gen und ver­net­zen. Außer­dem soll­te er ermu­ti­gen, einen offe­nen Aus­tausch der Gedan­ken und Infor­ma­tio­nen zu för­dern. Er soll­te als Vor­bild vor­an­ge­hen und das Errei­chen kon­kre­ter gemein­sa­mer Zie­le vorantreiben.

Um die Zusam­men­ge­hö­rig­keit zu för­dern, soll­te er kol­lek­ti­ve Aktio­nen anre­gen. Selbst wenn damit nur klei­ne Erfol­ge erzielt wer­den, belegt das Durch­set­zungs­fä­hig­keit gegen­über dem Manage­ment. Erfor­der­lich sind ein stra­te­gi­sches Vor­ge­hen und eine auf Dau­er ange­leg­te Organisierungsarbeit.

Zie­le soll­ten bewusst gewählt wer­den. Nur so lässt sich ver­mei­den, dass die gesteck­ten Zie­le zu groß sind und die eige­ne Kraft zu schnell ver­braucht wird. Zie­le müs­sen rea­lis­tisch sein und soll­ten an der Wahr­neh­mung von Unge­rech­tig­kei­ten anknüp­fen, die von der Mehr­heit der Kol­le­gIn­nen geteilt wer­den. Aktio­nen müs­sen des­halb immer für die Ver­bes­se­rung der Arbeits­be­din­gun­gen oder zur Ver­tei­di­gung der Rech­te der gesam­ten Beleg­schaft geführt werden.

Der Weg zum Erfolg
Für eine erfolg­rei­che Arbeit des „har­ten Kerns“ sind regel­mä­ßi­ge Tref­fen uner­läss­lich. Dort wer­den die nächs­ten Schrit­te ent­wi­ckelt, kla­re Abspra­chen getrof­fen und Auf­ga­ben auf mög­lichst vie­le Schul­tern ver­teilt. Außer­dem ist ein rea­lis­ti­scher Blick auf die Kräf­te­ver­hält­nis­se nötig. Dazu gehört ein kla­res Wis­sen über die Ver­tei­lung von Unter­stüt­ze­rIn­nen, Akti­ven und Geg­nern in der Beleg­schaft. Geziel­te Wei­ter­bil­dung und Bera­tung erwei­tern die Hand­lungs­fä­hig­keit des „har­ten Kerns“. Sie sind die Grund­la­ge für das Aus­strah­len von Kom­pe­tenz und Vertrauenswürdigkeit.

Damit das Wis­sen des „har­ten Kerns“, sei­ne Kom­pe­tenz und sei­ne Akti­ons­fä­hig­keit inner­be­trieb­lich die Kräf­te­ver­hält­nis­se zuguns­ten der Kol­le­gIn­nen ver­schiebt, ist eine enge Ver­zah­nung mit der Beleg­schaft nötig. So lässt sich das Fun­da­ment für eine betrieb­li­che Gegen­macht stärken.

Gegen­an­grif­fe überleben
Auch ein enga­gier­ter „har­ter Kern“ oder eine enga­gier­te Inter­es­sen­ver­tre­tung kann nicht auf eine auto­ma­ti­sche Unter­stüt­zung der Beleg­schaft vertrauen.

Das Manage­ment ver­sucht, durch geziel­te Angrif­fe zu ver­hin­dern, dass sich ein akti­ver „har­ter Kern“ ent­wi­ckelt. Meist durch die Ein­schüch­te­rung von Kol­le­gIn­nen, das Ver­brei­ten von Hoff­nungs­lo­sig­keit, die Spal­tung und das (BR-)Mobbing der Aktiven.

Erfolg­reich über­steht ein „har­ter Kern“ sol­che Angrif­fe nur, wenn er es schafft, die Machen­schaf­ten der Gegen­sei­te auf­zu­de­cken und dage­gen Soli­da­ri­tät her­zu­stel­len. Das erfor­dert ein gutes Netz­werk und eine auf­ge­klär­te Beleg­schaft mit Ver­trau­en in die eige­ne Kraft.

Um dem Druck der Gegen­sei­te stand­hal­ten zu kön­nen, müs­sen wir uns noch bes­ser qua­li­fi­zie­ren und orga­ni­sie­ren – im Unter­neh­men, in der Gewerk­schaft und in der Gesellschaft.

Es gibt eine Viel­zahl von Hoff­nungs­fun­ken. Sie wer­den stär­ker durch das akti­ve Enga­ge­ment im Betrieb und dar­über hin­aus. Es gilt, soli­da­ri­sche Bewe­gun­gen auf­zu­bau­en. Dabei kön­nen wir uns nicht auf die herr­schen­de Poli­tik ver­las­sen, son­dern nur auf die gemein­sa­me Aktion.

Bei alle­dem ist Geduld und ein lan­ger Atem erfor­der­lich! Ver­än­de­run­gen pas­sie­ren sel­ten über Nacht. Aber der größ­te Feh­ler wäre es, kei­ne Gegen­wehr zu leis­ten oder zu war­ten und zu hof­fen, dass ande­re das für uns tun.

Nur gemein­sam sind wir stark!

*[Teil I bis III sind in Avan­ti² Nr. 65 bis 67 erschienen.]

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar April 2020
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