Belegschaften als Spielball des Großkapitals
(Teil IV*)
S. T.
Ein Gespenst geht um. Auch in der Rhein-Neckar-Region. Immer öfter kommt es zum Kauf beziehungsweise Verkauf von Firmen, ja von ganzen Konzernen. ABB und Hitachi, Alstom und General Electric, Nora und Interface, PFW und Hutchinson, VAG und Aurelius – das sind nur einige der Namen, die in der letzten Zeit bekannt geworden sind.
Der Kampf um Arbeitsplätze ist der Kampf gegen die neoliberale Politik und die Profitinteressen der Kapitalisten. Wir leben in einer Zeit, in der die Kapitalmacht expandiert und Gewerkschaften mehr und mehr in die Defensive geraten. Die „Sozialpartnerschaft“ wird von Gewerkschafts- führungen gepredigt, doch in Wirklichkeit gibt es sie nicht.
Es geht um die Zukunft
Wer sich sozial engagiert, setzt sich für Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen ein und gerät mit dem Wirtschaftssystem in Konflikt. Unter den gegebenen Bedingungen sind dann Auseinandersetzungen mit der Gegenseite vorprogrammiert.
Entscheidende Grundlage für eine erfolgreiche Gegenwehr im Betrieb ist ein möglichst eng zusammenarbeitender Kreis von Aktiven, der sich vertraut und unterstützt. Wir nennen das einen „harten Kern“. Er sollte sich darum bemühen, seine Verankerung in der gesamten Belegschaft kontinuierlich auszubauen. Oftmals besteht der „harte Kern“ vor allem aus Betriebs- räten. Das ist aber nicht zwingend erforderlich. Ein engagiertes Gewerkschaftsmitglied oder eine Kollegin mit dem Mut, sich gegen Ungerechtigkeit aktiv zur Wehr zu setzen, ist bedeutender als ein Gremium inaktiver Betriebsräte, die keinen Bezug zu ihrer eigenen Belegschaft haben.
Der „harte Kern“
Der „harte Kern“ hat mehrere Aufgaben und Funktionen: Zum einen muss er aktivieren. Er muss zur Aktion bereite und interessierte KollegInnen zusammenbringen und vernetzen. Außerdem sollte er ermutigen, einen offenen Austausch der Gedanken und Informationen zu fördern. Er sollte als Vorbild vorangehen und das Erreichen konkreter gemeinsamer Ziele vorantreiben.
Um die Zusammengehörigkeit zu fördern, sollte er kollektive Aktionen anregen. Selbst wenn damit nur kleine Erfolge erzielt werden, belegt das Durchsetzungsfähigkeit gegenüber dem Management. Erforderlich sind ein strategisches Vorgehen und eine auf Dauer angelegte Organisierungsarbeit.
Ziele sollten bewusst gewählt werden. Nur so lässt sich vermeiden, dass die gesteckten Ziele zu groß sind und die eigene Kraft zu schnell verbraucht wird. Ziele müssen realistisch sein und sollten an der Wahrnehmung von Ungerechtigkeiten anknüpfen, die von der Mehrheit der KollegInnen geteilt werden. Aktionen müssen deshalb immer für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen oder zur Verteidigung der Rechte der gesamten Belegschaft geführt werden.
Der Weg zum Erfolg
Für eine erfolgreiche Arbeit des „harten Kerns“ sind regelmäßige Treffen unerlässlich. Dort werden die nächsten Schritte entwickelt, klare Absprachen getroffen und Aufgaben auf möglichst viele Schultern verteilt. Außerdem ist ein realistischer Blick auf die Kräfteverhältnisse nötig. Dazu gehört ein klares Wissen über die Verteilung von UnterstützerInnen, Aktiven und Gegnern in der Belegschaft. Gezielte Weiterbildung und Beratung erweitern die Handlungsfähigkeit des „harten Kerns“. Sie sind die Grundlage für das Ausstrahlen von Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit.
Damit das Wissen des „harten Kerns“, seine Kompetenz und seine Aktionsfähigkeit innerbetrieblich die Kräfteverhältnisse zugunsten der KollegInnen verschiebt, ist eine enge Verzahnung mit der Belegschaft nötig. So lässt sich das Fundament für eine betriebliche Gegenmacht stärken.
Gegenangriffe überleben
Auch ein engagierter „harter Kern“ oder eine engagierte Interessenvertretung kann nicht auf eine automatische Unterstützung der Belegschaft vertrauen.
Das Management versucht, durch gezielte Angriffe zu verhindern, dass sich ein aktiver „harter Kern“ entwickelt. Meist durch die Einschüchterung von KollegInnen, das Verbreiten von Hoffnungslosigkeit, die Spaltung und das (BR-)Mobbing der Aktiven.
Erfolgreich übersteht ein „harter Kern“ solche Angriffe nur, wenn er es schafft, die Machenschaften der Gegenseite aufzudecken und dagegen Solidarität herzustellen. Das erfordert ein gutes Netzwerk und eine aufgeklärte Belegschaft mit Vertrauen in die eigene Kraft.
Um dem Druck der Gegenseite standhalten zu können, müssen wir uns noch besser qualifizieren und organisieren – im Unternehmen, in der Gewerkschaft und in der Gesellschaft.
Es gibt eine Vielzahl von Hoffnungsfunken. Sie werden stärker durch das aktive Engagement im Betrieb und darüber hinaus. Es gilt, solidarische Bewegungen aufzubauen. Dabei können wir uns nicht auf die herrschende Politik verlassen, sondern nur auf die gemeinsame Aktion.
Bei alledem ist Geduld und ein langer Atem erforderlich! Veränderungen passieren selten über Nacht. Aber der größte Fehler wäre es, keine Gegenwehr zu leisten oder zu warten und zu hoffen, dass andere das für uns tun.
Nur gemeinsam sind wir stark!
*[Teil I bis III sind in Avanti² Nr. 65 bis 67 erschienen.]