(Erklärung der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) vom 10. Januar 2023)
Die Streik- und Demonstrationszahlen sind historisch: 1,2 Millionen Demonstrierende nach Angaben der Polizei, über zwei Millionen nach Angaben der Gewerkschaften, sehr hohe Streikquoten (im Bildungswesen über 70 %), Massenmobilisierungen in den Städten. 50.000 in Bordeaux und Toulouse, 20.000 in Le Mans, 3.500 in Alençon, 4.000 in Compiègne, 20.000 in Nizza, 7.000 in Agen und Montauban, 4.000 in Gap, 15.000 in Avignon, 50.000 in Nantes, 10.000 in Saint-Nazaire, 20.000 in Rouen, 35.000 in Le Havre, 15.000 in Bayonne und Pau, 13.000 in Quimper, 13.500 in Brest, 11.000 in Angoulême, 10.000 in Poitiers, 13.000 in Angers und natürlich mehrere Hunderttausend in Paris (weit entfernt von den 80.000, die das Innenministerium angekündigt hatte) …
In den meisten Städten (bis hin zu den kleinsten) waren die Zahlen höher als bei den großen Streiks von 1995, wobei manchmal nur einer von sieben oder acht Einwohnern auf der Straße war. In der Privatwirtschaft war die Beteiligung außergewöhnlich hoch, mit Streikenden aus der Lebensmittel-, Metall-, Automobil- und Elektronikindustrie …
Eine allgemeine Wut
Der Auslöser dieser Bewegung ist die Rentenreform, die die Beschäftigten dazu zwingen würde, zwei Jahre länger zu arbeiten, mit einer längeren Beitragszeit … und somit mit geringeren Renten. All dies dient dazu, zig Milliarden an die großen Unternehmen weiterzuleiten und zu versuchen, die Einführung von Pensionsfonds, also von Zusatzrenten, zu beschleunigen, die notwendig werden, um nicht unter Altersarmut leiden zu müssen.
Dabei ist bekannt, dass die Einführung der Rente mit 60 Jahren und 37,5 Jahren mit Rückkehr zu den 10 besten Berechnungsjahren im öffentlichen wie im privaten Sektor etwa 3,5 % des BIP entspricht. Diese Kosten könnten für die Mehrheit der Bevölkerung beglichen werden, wenn die Reichen und die großen Unternehmen wirklich besteuert und die Steuergeschenke an die am meisten Begüterten beendet würden. Macrons gewalttätige „Lösungen“ sind also nicht unausweichlich.
In der Ablehnung dieser Gegenreform drückt sich eine echte Empörung angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Lage aus: Die Renten waren bereits infolge früherer Gegenreformen niedrig, und die aktuelle Inflation mit explodierenden Preisen schmälert jetzt die Kaufkraft der unteren Bevölkerungsklassen. Der Überdruss und die Wut sind da, gegen Macron, gegen diese Regierung, gegen ihre Verachtung, gegen ihre ungerechte Politik.
Eine Bewegung aufbauen, um zu gewinnen
Das Ausmaß der Mobilisierung überträgt der gesamten sozialen und politischen Linken eine enorme Verantwortung. Macron muss seine „Reform“ zurückziehen, die Rente mit 60 muss wieder eingeführt und die Löhne müssen erhöht werden. Die Regierung weigert sich jedoch bis jetzt, und deshalb werden wir das Niveau der Mobilisierung erhöhen müssen. Von einem sehr erfolgreichen Streiktag wie heute werden wir zu einem unbefristeten Streik übergehen müssen, der noch massiver ist, an dem sich weitere Sektoren beteiligen und der bis zum Sieg führt.
Die Gewerkschaften haben sich auf einen neuen Streikaufruf für Dienstag, den 31. Januar, geeinigt. Das ist sehr spät weg, viel zu spät: Man hätte sich stattdessen auf diesen ersten Erfolg stützen müssen, um einen früheren Termin im Laufe der nächsten Woche anzukündigen, um das Tempo zu beschleunigen und um eine noch massivere Mobilisierung zu organisieren, damit die Bewegung weiter Fahrt aufnimmt.
Es geht jetzt darum, Vollversammlungen an den Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu organisieren, um die Mobilisierung zu verstärken und zu verbreitern. Es geht jetzt darum berufsübergreifende Versammlungen zu organisieren, über die notwendige Verstärkung unserer Bewegung diskutieren. Die Verlängerung der Streiks sollte ab Dienstag, den 31. Januar, für den 1. Februar vorbereitet werden. Ab sofort gilt es, für diesen Termin zu mobilisieren und überall dort, wo es machbar ist, den Streik zu ermöglichen.
Das erfordert auch, verschiedene Formate und Formen der Mobilisierung zu kombinieren, denn wir können uns den Luxus der Konkurrenz in unserem sozialen Lager nicht leisten. Deshalb sind wir aktiver Teil der landesweiten Demonstration an diesem Samstag, den 21. Januar, in Paris (14 Uhr an der Bastille), zu der die Jugendorganisationen aufgerufen haben.
Diese Auseinandersetzung ist ein Test: Alle Gewerkschaftsorganisationen und Parteien, die gesamte gesellschaftliche und politische Linke und die große Mehrheit der Bevölkerung lehnen die „Reform“ ab. Wenn die „Reform“ durchkommt, wird sich die Regierung bestärkt fühlen und ihre Angriffe beschleunigen. Wenn aber wir gewinnen, dann können wir den Spieß umdrehen und die Rückkehr zur Rente mit 60 und Einkommenserhöhungen erzwingen. Wir können dann Vertrauen in die eigene Kraft schaffen und den Aufbau einer politischen Alternative angehen, die mit Macron und seiner Welt bricht und das herrschende System durch die Gegenmacht der arbeitenden Klassen überwindet.
NPA, 19.01.2023